Dieser Winter war einer, wenn nicht DER mildeste, den ich je erlebt habe: die Ringelblumen zeigten ihre gelb und orangenen Blüten bis Ende November, die puderrosa Rose trieb durchgängig Knospen und vor zwei Wochen haben ich das erste Gänseblümchen entdeckt. Und irgendwie tauchte der Gedanke auf: warum sollen Gärten im Winter eigentlich nur Laub und graubraune Halme zeigen dürfen?
Okay, ich räume meinen Garten eh erst im Frühjahr auf und hab bemerkt, dass sich Fetthenne und Hortensien auch in der kalten Jahreszeit sehr dekorativ machen. Aber als ich Iris Neys Buch „Lebendige Gärten im Winter" gelesen habe, staunte ich nicht schlecht, wie viele Stauden, Gehölze und Bodendecker den Garten auch im Winter verschönern.
Die Autorin ist natürlich selbst Gärtnerin, plant Gärten für andere, veranstaltet regelmäßig Gartenreisen nach Großbritannien und kennt schier unzählige Pflanzen für lebendige Wintergärten. Die ordnet sie im Buch nach Eigenschaften: Im ersten Kapitel geht es allgemein um Strukturen des ästhetischen Gartens, um Formen, Silhouetten, Reduktion und harmonische Pflanzengemeinschaften.
Im zweiten Kapitel dreht sich alles um Texturen wie behaarte Blätter, lichtdurchflutete Gräserbüschel, stark strukturiertes Laub- und Astwerk, um dekorative Rinden, Hänge- und Korkenzieherformen und um seidig glänzende Lichtreflexe, wie sie zum Beispiel Blätter von Efeu und Ilex ins Beet zaubern. „Im Gegensatz zu deren Strukturwirkung wird die Textur unserer Pflanzen in ihrer Bedeutung unterschätzt", weiß Iris Ney.
„Vielleicht weil man sie oft erst auf den zweiten Blick oder mit den Hängen wahrnimmt. Doch möchte ich Mut machen, sich mit diesem Thema näher zu beschäftigen. Denn häufig bauen wir eher über die Texturen eine emotionale Bindung zu den Pflanzen - und damit auch zum Garten - auf, als über die Strukturen." Das kann ich bestätigen: Schon als Kind war ich fasziniert von dickfleischigen Sukkulenten und flauschigen Palmkätzchen.
Sogar von ansehnlichen Kakteenstacheln. Und noch heute hege ich eine Vorliebe für „pelzige" Blätter, wie die von meinen Vexiernelken. Auch begeistern mich immer öfter farbige Rinden, die im Winter rot oder fast gelb leuchten. Im dritten Kapitel setzen Hartriegel, Cornusse, Cypressen, Mahonia, Rhododendron, Bergenia und Heuchera dauerhafte Farbakzente im Garten.
In den folgenden Kapitel widmet sich Iris Ney dekorativen Knospen, duftenden Winterblühern und zauberhaft schönen Früchten und Samenständen. Ein Kapitel über Licht- und Wetterakzente sowie Iris Neys Hitliste der Wintergartenpflanzen runden das Sach-, eigentlich Fach-Buch ab. Bezugsquellen, sehenswerte Beispielgärten und Tipps zum Weiterlesen fehlen selbstverständlich nicht.
Klare Lese-Empfehlung für alle, die jetzt schon einen lebendigen Garten für den nächsten Winter planen möchten: praxisorientiert, umfassend, humorvoll geschrieben, mit profunden Tipps, die auch erfahrene Gärtner überraschen dürften. Mit zahlreichen Farbfotos, die Impressionen aus schönen Wintergärten zeigen.
Iris Ney „Lebendige Gärten im Winter", 160 Seiten mit 202 Farbfotos Hardcover, 24 Euro 95, Verlag Eugen Ulmer