Das Leben ist ein Abenteuer, mal auf der Sonnenseite, mal auf der schmerzhaften Schattenseite. Mal gewinnen wir, mal verlieren wir – gefuehlt verlieren wir wesentlich oefter, als wir gewinnen, was nur an unserer Wahrnehmung liegt. Wir sind quasi der Spielball des Lebens und muessen schauen, wo wir bleiben. Ehrlich?
Ein Freund sagte vor ueber zehn Jahren zu mir genau dieses. “Das Leben ist Kurvenreich, denn “Nulllinie” bedeutet ein langes ,ewiges “tuuuuuuuuuuuuuuuuut”!”. Aus dem klinischen Bereich und diversen Kriminalfilmen auch als “Zeitpunkt des Todes” bekannt. Bedeutet das jetzt fuer uns richtig rein in das Vergnuegen und jede Menge adrenalinreiche Aktion erleben – von Achterbahnfahren bis Bungeejumping? Damit die Kurve weiterhin regelmaeßig nach oben schnellt und wir es entgehen, dem gefuerchteten
Leben auf der Null-linie
In dem Beitrag “Die geheime Stimme im Kopf und wie wir uns dagegen polen koennen” ging es um die Polaritaeten des Erlebens – die zwei gegensaetzlichen Pole zwischen denen wir uns bewegen und unser Leben gestalten. Jetzt liegt die Vermutung vielleicht nahe, sich nach Moeglichkeit nur noch auf der Sonnenseite des Lebens aufzuhalten und das Negative tunlichst ignorieren und vermeiden. Das ist eine Moeglichkeit, damit umzugehen.
Der Posimist
Vielleicht kennt ihr den einen oder anderen “Posimisten” in eurem Leben oder Freundeskreis, der jegliches Leid auf der Welt sofort ignoriert und abblockt. “Du, ich will mich nur noch gut fuehlen und mit dem ganzen negativen Mist nichts mehr zu tun haben!” Das Glas ist nicht nur Halbvoll – sondern nie mehr leer. Ein seeliges Dauergrinsen im Gesicht begleitet diese Spezies und ihre Waffe gegen das Dunkle ist fuer alles Leid einen schlauen Spruch auf den Lippen zu haben und (erfolglos) zu verdraengen. (Mir geht es gut, mir geht es gut, alles in Ordnung, mir geht es gut!). So ungefaehr bin ich selbst ueber ein Jahr lang durch mein Leben gegangen – bis mich eine Depression volle Breitseite erwischt hat und das Leben erst mal eine lange Zeitlang wieder finster wurde – als Ausgleich. Haeufig erleiden gerade die scheinbar positivsten Menschen ein furchtbares Leid oder tragen tiefe Finsternis mit sich herum, die eines Tages durchbricht, durch die Scheinfassade guter Laune. Bekanntestes Beispiel war der beliebte Schauspieler Robin Williams – das Drama des traurigen Clowns, der immer laechelt.
Was geschieht da tief in uns?
Der absolute, negativressistente Optimist versucht mit aller Gewalt, die Illusion von einer heilen Welt aufrecht zu erhalten, indem er jeden Schatten ignoriert und bekaempft. Er zwingt sich zum Laecheln und positiver Stimmung, obwohl ihm tief innerlich zum weinen zu Minute ist. Er sagt sich selbst und allen anderen wiederholt, dass wir uns nur gut genug fuehlen muessen – dann ist alles besser. Denn schließlich ist es unsere Entscheidung, wie wir uns fuehlen und wie wir etwas (Negatives) betrachten (ausblenden).
Es ist nicht ganz so einfach. Ja, es ist unsere Entscheidung, uns gut zu fuehlen und die Welt positiv zu betrachten. Ignorieren wir aber die negativen Gefuehle (und Erlebnisse) ueber einen langen Zeitraum und druecken sie weg, bekaempfen wir sie damit im Grunde nur, statt sie zu loesen. Und Kampf ist immer kraeftezehrend. So kaempfen wir darum, uns gut zu fuehlen, immer, vor allem, wenn wir etwas Negatives sehen oder erleben. Wir schwaechen uns selbst dadurch, emotional und koerperlich und machen irgendwann vielleicht schlimme Fehler, die entweder anderen schaden oder uns selbst. Im besten Fall gibt unser Koerper vorher auf und wird krank – bis zum burn out. Meiner Erfahrung nach betrifft es haeufig die ewigen Dauergrinser und Optimisten, die alles immer Positiv betrachten. (“Der? Der war doch immer so gut drauf! Wieso? Ja, mann kann halt nicht in den Menschen hinein schauen, gelle…!”) Die Sonnenseite allein verbrennt ganz gerne ohne Schatten.
Der Posimist lebt in einer rosaroten Scheinzukunft und versucht alles Negative in Seifenblasen platzen zu lassen.
Wie ist es jetzt, gleich depressiv durch das Leben zu gehen und sich der Schattenseite (dem Dunklen Reich) anschließen?
Der Pessimist
Sich nur auf der Schattenseite bewegen, ist aehnlich verheerend (jedoch vom dunklen Reich bevorzugt). Alles Positive bewusst ausblenden und alles richtig negativ sehen, schlecht reden, sein Leben beklagen und immer ueber alles und jeden jammern fuehrt dazu, irgendwann selbst Kleinigkeiten als persoenliche “Verschwoerung” der gesamten Welt zu betrachten. Der Kampf ist hier das Gegenteil – gegen die gelegentlich aufkeimenden guten Gefuehle und sie gleich wieder ersticken. Die Angst vor Enttaeuschung des Gluecksmomentes fuehren zu selbsterfuellenden Prophezeihungen. “Alle verlassen mich immer und Du wirst es auch tun!”, “Mich liebt eh keiner!”, “Wie kann der nur so gut drauf sein! Der muss doch genauso drunter leiden, wie ich!”, “Siehst Du nicht, dass es mir schlecht geht!”. Die Pessimisten sind die Zeitgenossen, die nach Jahren immer noch die gleiche negative Platte auflegen und weiterhin mit dem Finger auf andere Zeigen, weil die so gemein damals waren – vor x Jahren. (Wage es niemals, einen Pessimisten zu fragen, wie es ihm geht! Er fuehrt Dich stundenlang durch das Jammertal!”)
Die Gefahr des Jammern und negativen Denkens ist, es fuehlt sich irgendwann an, wie eine schuetzende Decke und wird zur Gewohnheit – meist unbewusst. In Wahrheit ist dieser Schutz ein Wall, der andere nach und nach abwehrt und vergrault. In Familen mit Suchtkrankheiten wird nach außen oft der Schein aufrecht erhalten, dass alles gut ist. Das “Heile-Welt” vorspielen vor Gaesten, dass – kaum sind Gaeste aus der Haustuere draußen – sofort zusammenbricht. Die Scham fuer das Problem in der Familie ist zu groß und es kann sehr lange dauern, ehe das Leiden groß genug ist, um Hilfe zu bitten. Derweil braucht sich niemand schaemen, wenn die Familie nicht perfekt ist. Reden, es ansprechen, notfalls mit Außenstehenden – egal, wie sehr die Familie es verbietet! Geht es um das eigene Leben und das eigene Wohlbefinden hat niemand das Recht, die Suche nach Hilfe zu verbieten! (Schon gar nicht aus Scham und dem beruehmten – was sollen die Nachbar sagen, wenn sie das erfahren!)
Diese pessimistische Phase habe ich sehr lange durchlebt und auch spaeter jahrelang zelebriert – vor meiner Posimistenzeit. Pessimist sein, hat fuer mich noch weniger funktioniert, als Posimist, weil das Leben an sich, jeder Augenblick, durch negatives Denken zur taeglichen Qual wird. Ich habe mich in der Phase nur noch von Wochende zu Wochende, von schoenen Ereignis zu Ereignis (wobei nicht arbeiten schon ein Ereignis war) gehangelt und dazwischen alles verteufelt und verurteilt – vor allem mich selbst.
Der Pessimist lebt in einer negativen Vergangenheit und schickt sie in Paeckchen verpackt per Post in seine Zukunft.
Nachdem beide Extreme fuer mich nicht funktioniert haben, versuchte ich, zu akzeptieren, dass das Leben Licht und Schatten ist und ich mein Denken aendern muss, will ich dazwischen nicht nur gut, sondern lebenswert durchkommen. Also ist das Glas weder halbvoll noch halbleer, sondern so voll und ok, wie es jetzt im Moment ist, und ich habe die Wahl, es nachzufuellen, oder zu leeren. Je nachdem, wie es mir jetzt im Moment gut tut. (Oder willst Du fuer den Rest Deines Lebens im selben Lokal sitzen bleiben und das selbe Glas immer wieder fuellen?)
Der Optimist
Der Optimist akzeptiert, dass es schoene Erlebnisse gibt und schreckliche. Er weiß, dass er Ereignisse nicht vermeiden oder Ablehnen muss, sondern die Wahl hat, wie er sie betrachten und darueber denken kann. Der Optimist betrachtet die Kurve als Welle, auf der er durch das Leben surft und ist geistig bewusst da, jetzt im Moment, auf der Nulllinie, und nutzt sie als das, was sie ist – der einzige Augenblick, wo er sein Leben erleben und beeinflussen kann. Der einzige Moment, wo alles … sein darf.
Ich versuche, mich heute ueberwiegend auf der Nulllinie durchs Leben zu bewegen, im Augenblick, im JETZT, und entscheide mich bewusst, beide Bereiche zu integrieren. Das klappt mal besser (je motivierter ich bin) oder schlechter (je groeßer die Angst noch ist).
Ein Beispiel.
- Ich koennte jetzt erneut positiv durch mein Leben gehen und akzeptieren, dass das Negative da ist. Eine traumatische Kindheit, ein Unfall, Probleme in der Familie, existenzielle Probleme, Arbeitslosigkeit, … und was sonst so auf der Welt passieren kann. Wenn diese negativen Ereignisse geschehen, kann ich sie verarbeiten, akzeptieren und ansonsten weiter meine positive Grundeinstellung behalten und mein Leben meistern. Der Nachteil ist, dadurch lebe ich den Schatten immer noch nicht bewusst, sondern bin weiterhin ein Spielball des Lebens. Ich gehe mit einer positiven Grundeinstellung durch das Leben und werde vom Leben mit Schatten ueberrascht. Ich muss diese Ereignisse dann verarbeiten, wenn das Leben sie mir serviert – nicht, wenn ich will.
Was ist jetzt aber, wenn ich bewusst jeden Tag entscheide, wie viele und vielleicht sogar welche Sonnenseiten und Schattenseiten ich erleben will? Wenn ich mich bewusst dazu entscheide, Tag fuer Tag in kleinen homeopatischen Dosen “Thriller” zuzulassen? Mich bewusst Stueck fuer Stueck meinen Aengsten stellen und jeden Tag etwas tue, das mir Angst macht und mich erfreut? Gut, dass geht nicht mit allen Ereignissen. Aber ein Unfall passiert oft erst dann, wenn ich Fehler mache. Krankheiten kann ich durch Sport und gesunde Ernaehrung reduzieren und auch in Beziehungsdingen kann ich oft selber die Notbremse ziehen, statt nach verschwendeter Zeit doch noch verlassen oder weiter ausgenutzt zu werden. Vieles liegt an meinem Mut und dem Ueberwinden von Bequemlichkeiten oder Angsten.
Wuerde ich bewusst jeden Tag entscheiden, wie viele Sonnenseiten und Schattenseiten ich erleben will, dann koennte ich selbst mitbestimmen, wie die Kurve in meinem Leben verlaeuft. Ich gestalte mein Leben aktiver, statt zu warten, bis das Leben mir die Keule an den Kopf knallt und mich antreibt.
Einer meinen groeßten Aengste war es jahrelang, mich selbststaendig zu machen. Ich war Sorgentechnisch meilenweit davon entfernt, es zu wagen und dennoch fasziniert davon. Eines Tages beschloss ich, den Weg zu gehen. Nicht, indem ich mich sofort in das Chaos stuerzte, sondern mir ueberlegte, wie, was, wo koennte ich es angehen und bereitete mich vor. Es war ein langsames herantasten, denn informieren ist noch nicht schlimm. Ich fing an, ueber ein Jahr lang saemtliche Newsletter zu abonnieren und Buecher abends zu lesen, die es zu dem Thema gibt. Ich war Angestellt und brauchte das Denken eines Selbstaendigen, wollte ich es wagen. Das, was mich in der Phase antrieb war eine Angst – die Angst am Ende meines Lebens dazusitzen und sagen zu muessen, ich habe es nie versucht. Diese Angst war groeßer als die Angst vor der Veraenderung und den existenziellen Problemen, die eine Existenzgruendung mit sich bringen kann. Also habe ich mich in kleinen homeopatischen Dosen meiner Angst vor der Selbstaendigkeit ausgesetzt, indem ich mich mit dem Thema jeden Tag befasst habe. Der Gang zu den Aemtern, um mich zu informieren ist nicht schwer und ich konnte es immer noch als – ich frag einfach mal unverbindlich – abtun. Aber irgendwann kommt der Punkt, da stellst Du dich nach allem Wissen ganz der Angst, oder hast Zeit verschwendet. Als es dann soweit war, hatte ich ein anderes Bewusstsein erlangt und konnte mit der anfangs wirklich chaotischen und beaengstigend Situatuion der Selbstaendigkeit besser umgehen (und es ging alles schief, was schief gehe konnte, angefangen von Zahlungsverweigerung des Amtes wegen eines Datumsschreibfehlers der Mitarbeiterin bis hin zu Kontokuendigungen). Heute kann ich sagen, haette ich mich nicht freiwillig meiner Angst gestellt, waere es heute noch schwerer fuer mich sie zu ueberwinden. Das Leben musste mir im richtigen Moment nur einen Schubs geben, statt mir eine wirkliche Katastrophe zu schicken, die mich an die Wand spielt und zwingt, es zu tun (Und weil es meins ist – waere genau das auch passiert! Du kannst Dich nicht gegen Dein Herz wehren, den Kampf verlierst Du immer.)
Viele Aengste habe ich so nach und nach zugelassen, wie beispielsweise Vortraege vor Menschen halten und auf Vernissagen ueber meine kuenstlerische Arbeit. Ich bin keine geborene Rednerin, ich halte viele Vortraege mit mir selber und kann heute nach ueber zehn Jahren fast aus dem Stegreif zu meinen Arbeiten vor vielen Menschen stundenlang frei reden und mein Publikum unterhalten. Malen an oeffentlichen Plaetzen? Da sieht ja jeder, wenn das Bild scheiße wird! Anfangs beaengstigend, heute Standard, der den Puls nicht mal mehr beschleunigt. Klinkenputzen und meine Produkte verkaufen, Kaltaquise beim Kunden oder Firmen? Ist nicht meine Lieblingsbeschaeftigung aber auch diese Angst ist lange ueberwunden. Mit den positven Gefuehlen funktioniert das genauso. Ich muss nicht jeden Tag einen Lotogewinn haben, aber kleine Freuden und Belohnungen tun einfach meiner Seele gut.
Der Optimist lebt im Jetzt – im Moment. Er ist voll da, denkt nicht an morgen oder gestern. Er will sein Leben selbstbestimmt gestalten und geht dafuer Stuck fuer Stueck an seine positiven UND negativen Grenzen – und weitet sie aus.
Fazit
Das Leben ist Licht und Schatten, hell und dunkel, positiv und negativ, Angst und Liebe. Wir koennen uns zwischen den “Polen” ziellos vom Leben hin und her werfen lassen. Oder wir werden uns und unseren Wuenschen bewusst und entscheiden ab sofort die Spitzen und Kurven unseres Lebens aktiv mit. Es ist keine spektakulaere, oder beaengstigende Vergangenheit oder eine Wunschvorstellung unserer Zukunft, die unser Leben ausmachen. Es ist dieser winzige Moment – genannt jetzt – in dem wir unser Leben verpassen oder bestimmen. In dem wir mitentscheiden, ob und wann wir als naechstes in eine rasante Geisterachterbahnfahrt rauschen oder im warmen Sommerregen tanzen.
Wir sehen uns in der SpielWelt, wach auf und veraender Dein Leben
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