Die Pfalzstörche haben vermutlich ihren Weg nach Afrika längst angetreten, während die Weinlese in der Pfalz nun im vollen Gange ist. Im Sommer waren sie noch da, als die Trauben sich der Reife entgegensonnten und wir im Schlosshotel einkehrten.
Während die Pfälzische Weinstraße dieser Tage im September ihre wirkliche Hauptsaison erlebt, die Winzer und zahlreiche Helfer(innen) unter Hochdruck arbeiten, der Federweißer zu strömen beginnt und Straußwirtschaften und ihre Gäste auf goldenherbstliches Sonnenfunkeln hoffen, lag sie Anfang Juli fast etwas schläfrig in subtropischer Luft.
Meine Liebe gehört ohnehin den Ortsbesichtigungen dann, wenn Regionen ruhig werden, sei es Paris im August oder eben die Südpfalz, wenn sie im mediterranen Schlummer liegt.
So sogar die kleine Gemeinde Bornheim direkt neben Landau, obwohl sich hier zwischen Frühjahr und August Beachtliches tut. Als Storchendorf von der Aktion Pfalzstorch e.V. auserkoren, ist Bornheim Sommerwohnsitz zahlreicher gefiederter Reisender. Und Brutstätte, Kinderzimmer sowie Rehabilitationszentrum. Während früher in fast jedem Weindorf eine Storchenfamilie einkehrte, ging die Population zwischenzeitlich sehr zurück. Diese Entwicklung wird von Bornheim aus jedoch ins Gegenteil gewendet. Ein großes Engagement für die Besserung der natürlichen Bedingungen für die Großvögel wird ergänzt durch eine Pflegestation für kranke Störche und verwaisten Nachwuchs. Und längst haben auch gesunde und fortplanzungswillige Artgenossen den Platz für sich wiederentdeckt, wo soviel Storchenliebe herrscht. Zwei bis drei Jungstörche warten in jedem Nest auf Futter, während die Alten engagiert und fürsorglich zu Gange sind.
Wir entdeckten die Pfalzstörche am Ende eines herrlichen Tags, der uns entlang der Weinstraße manch wundervollen Anblick bot. Ich muss gestehen: Wie traumhaft schön die Südpfalz im Sommer aussieht, war mir als ehemalige Vorderpfälzerin gar nicht bewusst. Dass Dörfer schöner werden sollten in Aktionen vergangener Jahre, hat mancherorts wirklich zum prächtigen Erfolg geführt. Die Weindörfer der etwas bürokratisch klingenden Verbandsgemenide Edenkoben sind ein Augenschmaus. Dabei ließen wir das sehr bekannte Kleinod St. Martin dieses Mal sogar aus. Während Edesheim trotz oder wegen philosophischer und adliger Prägung in seiner Geschichte eine gewisse Dezenz im behaglichen Ortsbild walten lässt, herrscht im benachbarten Hainfeld die Lust am reichen Schmuck. In menschenleeren Gassen blüht hier die Pfalz. Hier finden wir auch das Weingut Borell-Diehl und ein Kästchen des Weins, der verspricht, das revolutionäre Gedankengut von Paul Thierry Holbach wider zu spiegeln. Wir kosten den Revolutionswein und ein wenig anderen, dann ist Mittagspause, Hainfeld schläft und entzückt.
Unser Weg führt uns bis an die französische Grenze, nach Schweigen, wo wir den Anblick des Deutschen Weintors eher verweigern, es ist eben doch Nazi-Architektur… Wir sitzen stattdessen im Hof, ich lasse Saumagen (jawoll!) kommen und wir trinken das leckere Getränk, das es nur in Weinbaugegenden so selbstverständlich gibt: eiskalte Schorle vom weißen (!) Traubensaft. Überaus herzlich und fröhlich geht es hier zu, es war mir lange nicht klar, wie gut gelaunt und gastfreundlich die meisten Pfälzer so sind…
Es gehört schon zur Rückfahrt, noch mal in Deidesheim zu halten, dem Dorf, das Helmut Kohl durch Bewirtung internationalen Staatsbesuchs in ortsansässigen Häusern zu rechter Berühmtheit verhalf. In Deidesheim ist alles ein bisschen teurer, die Dichte als renommiert geltender Küchen dabei hoch. Das älteste Gasthaus der Pfalz “Zur Kanne”, entstanden aus einem Pilgerhospiz, könnte uns durchaus zusagen. Doch der Schmaus im väterlichen Garten ruft. Zuvor jedoch entdecken wir in Deidesheim noch – ja, tatsächlich! – das Honorarkonsulat der Republik Togo sowie eine verlassene (?) Villa, die ich am liebsten sofort einer Bestimmung zuführe…
Pfalztipps:
Merke Zu Unrecht verschmäht wird vielfach die pfälzische Spezialität der Saumagen. So viele Pfälzer können nicht irren – und sie tun es auch nicht! Wer sich nicht grundsätzlich fleischlos ernährt, darf ihn ruhig mal probieren. Der Fleischanteil ist übrigens nicht so hoch bei diesem Gericht. Ganz dünn die Magenhaut, die die gewürzte Füllung auf Kartoffelbasis zusammenhält und gebraten dem Ganzen eine krosse Note gibt. Die Qualität ist so unterschiedlich wie bei anderen Gerichten auch, denn es gibt natürlich 1001 Saumagenzubereitungen. Längst für´s verwöhnte Gemüt auch als Carpaccio etc.
Apropos Schnickschnack. Die Gegend rund um Edenkoben nennt sich Toskana der Pfalz. Tatsächlich bietet manch Hügellinie mit Baumdekoration einen entsprechenden Anblick. Nötig hat die Südpfalz solche Vergleiche aber nicht, die sie mit zig anderen Regionen teilt. Geschafft hätten sie es ja erst, wenn sich die Toskana Pfalz Italiens nennte…
Storchentourismus: Wer die realen Störche im Sommer verpasst hat, kann im Storchenzentrum in Bornheim dennoch manch Wissenswertes erfahren. Oder sich auf einen Storchenwanderweg begeben. Außerdem zeigen Live-Kameras auf der Homepage des Storchenzentrums, wann die Störche wieder da sind.
Erst mal jedoch einfach abwarten und neuen Wein trinken!