LAG Berlin – eigenmächtiger Urlaubsantritt und außerordentliche Kündigung

Wer fährt nicht gern in den Urlaub. Dumm nur, wenn der Arbeitgeber mit dem Urlaubsantritt nicht einverstanden ist. Der Arbeitgeber wird in einer solchen Situation fast immer mit einer außerordentlichen – verhaltensbedingten – Kündigung reagieren, was in einigen Fällen auch möglich ; aber eben nicht immer richtig ist!

außerordentliche Kündigung bei eigenmächtigem Urlaubsantritt

Der Arbeitgeber soll den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers nachkommen, hat aber auch betriebliche Belange zu berücksichtigen. Schnell gibt es Streit über den Urlaub, der langfristig geplant sein muss. Kommt es zu keiner Einigung, sitzt in der Regel der Arbeitgeber am längeren Hebel. Einige (wenige) Arbeitnehmer versuchen dann faktisch Tatsachen zu schaffen und treten den Urlaub – ohne Einverständnis mit dem Arbeitgeber – selbst an (Selbstbeurlaubung) oder lassen sich krankschreiben, um dann in den Urlaub zu fahren, was auch nicht besser ist.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass ein eigenmächtiger Urlaubsantritt des Arbeitnehmers in der Regel eine außerordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen rechtfertigt. Auch braucht der Arbeitgeber – natürlich abhängig vom Einzelfall –  häufig  nicht noch den Arbeitnehmer abzumahnen, zumindest dann nicht, wenn diesem – aufgrund von vorherigen Schreiben, Diskussionen, Streitgesprächen – klar ist, dass sein Verhalten eine außerordentlichen Kündigung rechtfertigt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 21. November 1996, 2 AZR 357/95) vergleicht den eigenmächtigen Urlaubsantritt mit dem Fall der beharrlichen Arbeitsverweigerung. Der Arbeitnehmer verweigert hier bewusst – über einen längeren Zeitraum (Urlaubszeitraum) – die Arbeit.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Berlin-Brandenburg zum unrechtmäßigen Urlaubsantritt des Arbeitnehmers

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte sich nun ebenfalls im Jahr 2010 mit einem solchen Fall des eigenmächtigen Urlaubsantrittes zu beschäftigen. Eine Arbeitnehmerin beantragte Urlaub, bekam diesen aber nicht. Sodann gab es diverse Schreiben über die Gewährung des Urlaubs. Die Arbeitnehmerin kündigte sodann sogar an, dass diese den Urlaub trotzdem antreten werde, da diese den Urlaub aus gesundheitlichen Gründen benötigen würde. Der Arbeitnehmerin wurde daraufhin angekündigt, dass die Selbstbeurlaubung „arbeitsrechtliche Konsequenzen hätte“ (siehe Artikel zur zu allgemein formulierten Abmahnung) und eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde. Trotz alledem trat die Arbeitnehmerin dann den Urlaub an.

Die Arbeitgeberin (Bundesagentur für Arbeit) kündigte dann das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin außerordentlich, fristlos aus verhaltensbedingten Gründen wegen der Selbstbeurlaubung. Gegen diese Kündigung wandte sich dann die Arbeitnehmerin über ihren Rechtsanwalt an das Arbeitsgericht Berlin und erhob Kündigungsschutzklage.

Das Arbeitsgericht Berlin wies die Kündigungsschutzklage ab. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Berlin erhob dann die Klägerin Berufung zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Das Landesarbeitsgericht Berlin – Brandenburg  (26.11.2010 - 10 Sa 1823/10) gab der Arbeitnehmerin/Berufungsklägerin letztendlich recht und hält die außerordentliche Kündigung für unwirsam.

Das LAG Berlin-Brandenburg führt dazu:

“ Das Bundesarbeitsgericht hat bisher in Fällen einer so genannten beharrlichen Arbeitsverweigerung in aller Regel eine außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt angesehen (vgl. BAG, Urteil vom 21. November 1996, 2 AZR 357/95). Dabei ist es davon ausgegangen, die beharrliche Arbeitsverweigerung setze in der Person des Arbeitnehmer im Willen eine Nachhaltigkeit voraus; der Arbeitnehmer müsse die ihm übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten wollen, wobei es nicht genüge, dass der Arbeitnehmer eine Weisung unbeachtet lasse, sondern die beharrliche Arbeitsverweigerung setze voraus, dass eine intensive Weigerung des Arbeitnehmers vorliege. Allerdings könne das Moment der Beharrlichkeit auch darin zu sehen sein, dass in einem einmaligen Falle der Arbeitnehmer eine Anweisung nicht befolge, das müsse dann aber z. B. durch eine vorhergehende, erfolglose Abmahnung verdeutlicht werden.

Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte ging die Kammer davon aus, dass eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt ist.

…….

Das Arbeitsverhältnis wurde seit mehr als 31 Jahren beanstandungsfrei durchgeführt. Die Klägerin hatte mit der Ankündigung des Reha-Antrages am 5. Januar 2010 sowie der ärztlich bescheinigten Notwendigkeit einer weiteren Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes hinreichend deutlich gemacht, dass sie zum Zeitpunkt des eigenmächtigen Urlaubsantritts noch nicht wieder vollständig genesen war und sie jedenfalls subjektiv meinte, der Urlaubsreise „in den Süden“ zu bedürfen. Dieses lässt die Beharrlichkeit des eigenmächtigen Verhaltens der Klägerin in einem etwas milderen Licht erscheinen. Eine Verwertung der bisher von der Klägerin erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen in einem anderen Arbeitsverhältnis hielt die Kammer sowohl unter fachlichen Aspekten wie auch aufgrund des Alters der Klägerin für weitestgehend ausgeschlossen. Denn insoweit war die Klägerin in ihrem gesamten beruflichen Leben und auch bei dem vorgeschalteten Studium bereits völlig auf den sehr speziell tätigen Betrieb der Beklagten ausgerichtet. Etwaigen Aspekten der Betriebsdisziplin kann die Beklagte durch eine Umsetzung der Klägerin in einen anderen Bereich begegnen. Konkrete Betriebsablaufstörungen sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Deshalb ging die Kammer davon aus, dass auch eine fristgemäße Kündigung geeignet ist, den mit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten verfolgten Zweck – die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen – zu erreichen.“

Kommentar:

Es ist erstaunlich, wie hoch die Hürden für Arbeitgeber bei einer verhaltensbedingten Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer gesteckt werden. Man kann gar nicht oft genug betonen, dass gerade die Abmahnung und die Interessenabwägung (Dauer der Betriebszugehörigkeit) von Arbeitgeber nie unterschätzt werden sollten. Die Gerichte legen großen Wert auf diese Umstände/Faktoren.

Auch in anderen Fälle wurden schon häufiger Kündigungen wegen Selbstbeurlaubung von den Arbeitsgerichten für unwirksam gehalten, wie z.B. beim Arbeitnehmer, der sich für die Fahrt nach Mekka „freigenommen“ hatte.

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin – A. Martin -



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