Es gibt Bücher, die fängt man an zu lesen. Dann liest man Seite für Seite, Kapitel für Kapitel. Und irgendwann kommt der Moment, an dem man feststellt: „Oh, schon durch?“
Solche Bücher mag ich. Spannend bis zum geht nicht mehr, interessant, so dass es einen fesselt und das Buch in den handflächen Staub ansetzen kann.
Aber dann gibt es auch die andere Sorte Buch. Und da gehört Das Sündenopfer von Damon Galgut eindeutig rein.[...]
Er ist auf der Flucht im weiten Südafrika. Während die Sonne erbarmungslos seinen Körper verdörrt, hält neben ihm ein Wagen an. Ein Geistlicher, auf dem Weg zu einem Township als neuer Missionspriester, bietet seine Hilfe an. Doch kurzerhand tötet der Flüchtling den Kirchenmann und tritt an seiner Stelle das Amt an. Doch der Polizeichef des Ortes zweifelt an der Identität des neuen Geistlichen.
Auf der Rückseite des Buches ist folgendes Zitat aus der Publishers Weekly abgedruckt: »Von einer Intensität, die einem beim Lesen die Kehle immer weiter zuschnürt.«
Mir hat es auch die Kehle zugeschnürt – aus Langeweile. Im Grunde ist die Geschichte im ersten Moment doch interessant und ich erwarte beileibe keinen Kafka. Bei Filmen muss es auch nicht immer anspruchsvolle Kost sein. Aber wenn dieser Autor ein Stern am südafrikanischen Autorenhimmel ist, dann ist deren Nacht wohl sehr finster.
Über die Geschichte selber lässt sich wahrlich streiten. Der Plot ist interessant, nicht mehr, nicht weniger. Doch gerade beim Thema Charaktere hat der Autor scheinbar die Stunde im Seminar verschlafen. Es fängt gut an, aber so richtig in die Tiefe geht hier gar nichts. Alles ziemlicher Standard, die Handlungen der Akteure in keinster Weise nachzuvollziehen. Und der Hauptcharakter hat nichtmal einen Namen! Keine Informationen, bis auf die Tatsache „Er flieht“ – da sollte schon etwas mehr sein, um den Leser an die Figuren zu binden. Denn nur deswegen liest man ein Buch weiter. Der Stil ist dann irrelevant.
Witzigerweise geht es im Buch am Ende wahrlich kreuz und quer. Die Kapitel schrumpfen auf Briefmarken, Charaktere sterben und vollkommen unbekannte werden plötzlich verfolgt. Da die meisten Charaktere namenlos bleiben, verliert man hier den Überblick und muss sich quälen. Dabei hat das Buch gerade einmal 191 Seiten…
Die Qual einer unausgegorenen Handlung mit miserabler Charakterführung mag geringer sein, wenn es Spaß macht, das Buch zu lesen. Wortwahl, Wortwitz oder bildhafte Beschreibung können zumindest das Feeling des Lesers beim Lesen verbessern. Doch Stil? In Das Sündenopfer? HA!
Anfangs habe ich es noch auf etwaige Übersetzungsfehler geschoben, aber hier wurde ein stilistischer Murks veranstaltet, dass es keine Freude ist. Wenn fünfmal in Folge ein kurzer Satz mit dem Wort „Er“ beginnt, mag das noch ganz koscher sein, aber ein ganzes Buch nach dem Schema „Ein Satz hat Subjekt-Objekt-Prädikat“ aufzubauen verlangt schon immense Lustlosigkeit am Schreiben. Würde das ein deutscher oder amerikanischer Autor tun, fände der so auf die Schnelle keinen Verlag. Zumindest keinen seriösen.
Eine Woche Lesezeit für 191 Seiten in einer riesigen Schrift mit winzigen Kapiteln – alleine an diesen Fakten kann man sehen, wie wahrlich schwer das Buch in meinem Magen lag. Fazit: Rohrkrepierer!