Kunden und der Chef: Dürfen sie es wissen?

Kunden und der Chef: Dürfen sie es wissen?

Es mag den einen oder anderen überraschen, aber ich habe tatsächlich ein Leben neben dem Autorinnendasein. Noch schlimmer, dieses Leben nimmt sogar den größeren Teil in Anspruch. Zudem ernährt es mich, denn mein Beruf gehört dazu. Dennoch kann ich nicht verhehlen, dass mich die Autorin schön auf Trab hält. Dadurch stellt sich für mich zunehmend die Frage, wann ich im beruflichen Umfeld und anderswo verlauten lasse, dass ich Autorin bin und von meinen Büchern berichte. Kann es mir schaden, dies zu tun?


Gibt es Verbindendes?


Im Hauptberuf bin ich IT-Beraterin. Genauer gesagt bin ich geschäftsführende Gesellschafterin der coni Unternehmensberatung GmbH und beschäftige mich täglich damit, für meine Kunden optimale IT-Lösungen zu erstellen. Zwischen diesem Ausgangspunkt und der Autorin humorvoller Romane scheint eine große Distanz zu liegen. Fachlich und von der Art der Herangehensweise ist es das auch. Allerdings setzt auch das Finden guter IT-Lösungen durchaus Kreativität voraus. Das wäre schon mal ein Verbindungsglied. Ein anderes verbindendes Element bin ich selbst. Ich verkaufe nämlich keine Produkte, sondern meine Dienstleistung. Kunden müssen daher darauf vertrauen, dass ich das nötige Knowhow habe. Ich verkaufe letztlich die Person Vera Nentwich. Zu dieser Person gehört die Autorin neben vielen anderen Facetten.

Die Sache mit der Authentizität


Bei allen Social Media Aktivitäten wird darauf hingewiesen, dass es extrem wichtig ist, authentisch zu sein. Ich lasse mal dahingestellt, wer eigentlich bewertet, was authentisch ist und ob nicht viel Authentizität im Netz eher gutes Schauspiel ist. Im beruflichen oder geschäftlichen Umfeld tun wir uns auf jeden Fall schwerer damit, zu viel des privaten Menschen zu zeigen. Da kann ein unbedachter Einblick in das Leben neben dem Beruf vielleicht die Karriere ausbremsen oder gar Schlimmeres zur Folge haben. In meinem Fall möchten die Kunden sicherlich das Gefühl haben, einer kompetenten und seriösen Beraterin gegenüber zu stehen. Aber auch in meinem Hauptberuf spielt Sympathie eine Rolle. Bin ich einem Kunden sympathisch, ist die Chance auf einen Auftrag auf jeden Fall höher. Authentizität, wenn sie echt ist, erhöht die Chance auf Sympathie. Nicht umsonst laden Firmen Kunden gerne zu lockeren Events ein, um mehr Bindung zu erzeugen. Soll ich also von meinem Autorinnendasein erzählen?

Welche Risiken gibt es?


Es ist die Horrorvorstellung. Ich erzähle einem Kunden von meinen Büchern und er reagiert schockiert, ablehnend und kündigt alle Aufträge. Na gut, das erscheint nun doch zu extrem. Aber vielleicht ändert das Wissen um meine Freizeitbeschäftigung seine Meinung über mich. Vielleicht traut er mir weniger zu, was auch nicht gut wäre. Aber ist das realistisch? Poppy J. Anderson verdient Millionen mit ihren Büchern und verwendet dennoch ein Pseudonym, weil sie negative Auswirkungen auf ihren Ruf als seriöse Wissenschaftlerin befürchtet. Ich verdiene keine Millionen. Wie hoch ist denn dann mein Risikio? Schauen wir uns mal an, worum es geht. Wir reden hier darüber, in der Freizeit humorvolle und tolle - jawohl! - Bücher zu schreiben und nicht davon, dass ich nebenberuflich als Domina agiere. Autorin zu sein, Bücher zu schreiben sind ehrenvolle Tätigkeiten, die auch gesellschaftlich hoch angesehen werden. Kann es da wirklich riskant sein, dies im beruflichen Umfeld zu erzählen?
Es mag Faktoren geben, die es schwerer machen, offen über die Aktivitäten zu berichten
  • Genre ist vielleicht etwas anrüchig
  • Kontakt zu Kollegen und Kunden ist sehr distanziert
  • Man steht noch am Anfang mit dem Schreiben
In meinem Fall sind diese Faktoren alle nicht gegeben. Dazu kommt, dass sich gar nicht vermeiden lässt, dass Kunden und andere Menschen im beruflichen Umfeld mehr und mehr von meinem Autorinnendasein erfahren. Schon alleine meine Aktivitäten in Social Media führen dazu, dass unweigerlich auch mal Kunden davon etwas mitbekommen. Ich habe zwar anfänglich versucht, dies zu trennen und z.B. auf Twitter zwei Accounts angelgt, aber das lässt sich auf die Dauer kaum durchhalten. Natürlich hätte ich mir ein Pseudonym zulegen können, wie Poppy, doch es erschien mir nie erstrebenswert. Ich finde es immer merkwürdig, wenn ich Autoren kennenlerne, die mich damit verwirren, welchen Namen ich in welchem Umfeld benutzen soll. Spätestens wenn die Presse über mich schreibt und auch mein Foto zeigt, kriegen dies Kunden sowieso mit.

Offenheit schadet nie


Bei dieser Aussage zucken wahrscheinlich einige zusammen. Wir kennen alle Situationen, bei denen wir meinen, anderen besser etwas zu verheimlichen. Nun habe ich meine Erfahrung mit entscheidenderen Outings als der Tatsache, dass ich Bücher schreibe. Diese Erfahrungen bringen mich zu dem o.g. Fazit. In diesem Sinne überrascht es nicht, dass ich mittlerweile recht offensiv auch in meinem beruflichen Umfeld von meinem Autorinnendasein berichte. Ich lade interessierte Kunden zu meinen Lesungen ein und sende ihnen, sofern sie dies möchten, meine Newsletter. Einige sind mittlerweile große Fans. Ich habe das Gefühl, dass es mir eher nutzt und meine Verbindung zu ihnen sogar stärkt. Schließlich hebt mich dies an von anderen Beratern ab, die fachlich leider auch ganz Okay sind. Letztlich wird es immer wichtiger, den Menschen in Erinnerung zu bleiben. Und gute Bücher zu schreiben ist wirklich kein schlechtes Markenzeichen.

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