Seit der Petition gegen den neuen Bildungsplan in Baden-Württemberg ist deutlich geworden: Im frommen Ländle zeichnet sich ein Kulturkampf ab.
von David
Die Situation
Den Kirchen laufen die Mitglieder davon, auch kleinere Freikirchen haben die Grenzen des Wachstums schon lange erreicht. Darin mag man einen Grund erblicken für das marktschreierische Gebärden der Frommen im Ländle:
Erst war die Thematisierung unterschiedlicher Lebens- und Liebensformen im Bildungsplan den Pietisten ein Dorn im Auge.
Nun hat die bibeltreue Seite nachgelegt: Eine Novelle von Dirk Kurbjuweit - Verfasser nicht nur des Buches »Unser effizientes Leben. Die Diktatur der Ökonomie und ihre Folgen« - soll nicht jugendgerecht sein, schließlich gehe es ja um Sex.
Worum geht es?
Auf dem Landesbildungsserver wird zu der Erzählung erklärt:
Dirk Kurbjuweits Novelle »Zweier ohne« ist die Geschichte des heranwachsenden Johann, der in seinem neuen Klassenkameraden Ludwig einen besten Freund gefunden zu haben scheint und mit dessen Schwester Vera die erste große Liebe erlebt. Die Abnabelung vom Elternhaus, noch kindlich anmutende Fantastereien, die Auseinandersetzung mit dem Tod sowie die Überwältigung von ersten sexuellen Gefühlen zusammen mit der Frage der völligen Hingabe bis zur Selbstaufgabe einerseits und der Selbstbewahrung andererseits sind zentrale Themen dieser Novelle.
www.schule-bw.de (27.1.2014)
Minister Storch erklärte laut Interview in der FAZ (von diesem Dienstag), worum es bei dem Protest der konservativen Christen geht:
Mehrere christliche Privatschulen und ein Verband privater Schulen, auch mit christlichem Hintergrund, denen die Auswahl des Buches inhaltlich nicht passt. Dabei geht es hauptsächlich um zwei Passagen, in denen der Erzähler seine ersten sexuellen Erfahrungen beschreibt.
Dass sich einer Erzählung auch mit einer gewissen Portion Wissbegierde begegnen lässt, zeigt ein Deutschkurs des Nordsee-Gymnasiums Büsum: Lehrkraft und SchülerInnen hatten den Autor angeschrieben und ihm ihre offen gebliebenen Fragen zu der Novelle gestellt.
Aber ich befürchte zweierlei: Fundmentalistische Christen wollen sich nicht kritisch auseinandersetzen, nicht mit einem Buch, nicht mit einem Film und auch nicht mit anders denkenden / liebenden / glaubenden Menschen.
Angenommen evangelikal-fundamentalistische Christen ergriffen die Macht in unserem Land, schon bald hätten wir nichts mehr zu sagen (und weniger zu lesen).
Zumindest zu dieser Einsicht kann der bisherige Kulturkampf in Baden-Württemberg verhelfen…
[Erstveröffentlichung: meine2cents.wordpress.com]