Ich bin kein Freund davon, kleinen Dingen große Namen zu geben, wenn ich nicht möchte, dass sie wachsen.
So könnte ich wohl die Stimmung, in der mich in letzter Zeit hin und wieder befinde, mit dem schönen Wort „Quarterlifecrises“ umschreiben, aber wenn ich ihm schon einen Namen geben soll, dann will ich es lieber undramatischer einen „Krumulus-Effekt“ nennen.
Zu meinem 18. Geburtstag wünschte ich mir von jedem Gast einen Rezeptvorschlag für Pippi Langstrumpfs Krumulusepillen, mit deren Hilfe man nie erwachsen wird. Dass das Buch damals spurlos verschwand bevor ich auch nur einen Blick hineinwerfen konnte, ist wohl die Ursache dafür, dass ich nun doch groß geworden bin und zu meinem Entsetzen feststellen muss, wie schnell das ging.
Zu schnell finde ich und habe unweigerlich das Gefühl, mein Studium zu ernst genommen und zu wenig gelebt zu haben.
Nun bin ich wirklich kein Mensch, der gern in Discos geht und so fällt es mir schwer, klischeehaft die morgendlichen Vorlesungen zu verschlafen – es sei denn, es findet sich ein gutes Buch auf meinem Nachttisch.
Und so geht das weiter: Ich war außer im Rahmen von Tagungen und Exkursionen nicht groß auf Reisen, ich habe nicht meinen ersten Joint ausprobiert, nicht mal die erste Zigarette und meine Zähne sind eher teegelb als das mein Kopf je blau gewesen wäre.
Nun widersprechen alle diese Punkte – bis auf die Reisen, die ich in der Tat sehr vermisse – meinen ethischen und religiösen Grundsätzen und diese zu brechen kann wohl kaum ein Zeichen von studentischer Freiheit sein.
Was also dann?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
Was ich weiß ist, dass ich mir um meinen Jobstart kaum Sorgen machen muss, weil ich beinahe alle Semesterferien mit Praktika u.ä. zugebracht und während der Vorlesungen etliche Zusatzkurse absolviert habe.
Außerdem habe ich jede Menge freie sorglose Zeit, weil ich meinen Traummann schon gefunden und fest an mich gebunden habe und mich nicht auf eine nervenaufreibende und deprimierende Suche begeben muss (die zugegebenermaßen aber eigentlich auch Spaß gemacht hat).
Was die Vernunft angeht, bin ich also bestens gewappnet – was mir fehlt ist die Unvernunft, die ich sehnsüchtig vermisse.
Rückblickend habe ich dazu eigentlich nicht soviel Grund, immerhin war ich schon gleitschirmfliegen und Quad fahren, habe nächtens Eis und Pudding gegessen, war als Bahai im Iran und bin im Tschador (wenigstens kurz) durch München gelaufen um zu testen, wie die Leute reagieren.
Aber das ist mir irgendwie nicht genug. Mir macht es Angst, dass ich nach dem Studium vielleicht erwachsen werden muss, naja, dass jedenfalls der Ernst des Lebens endgültig beginnt, mit einem hoffentlich festen Job und ganz sicher irgendwann Kindern, die eine halbwegs verantwortungsvolle Mutter brauchen.
Eine Lösung muss her und zwar eine möglichst unvernünftige bitte. Man entschuldige den Ausdruck, aber ich habe beschlossen, nochmal ordentlich auf die Kacke zu hauen.
So.
Jetzt ist es raus.
Zwei Semester bleiben mir bis Studienende, ca. ein Jahr also für neue Exponate in meiner verrückten Erfahrungssammlung. Zwei davon pro Monat, ein größeres und ein kleineres sollten drin sind, denke ich…
Es sollen Dinge sein, die ich noch nie (oder als Kind zuletzt) getan habe und unter normalen Umständen vielleicht auch nie tun würde oder auch solche, die ich gerne einmal ausprobieren, mir aber normalerweise aus welchen Gründen auch immer nicht leisten würde oder wiederum solche, die schon lange anstanden und immer etwas anderes wichtiger war.
Wer Ideen für mein “Selbstexperiment” hat, möge sich bitte melden.
Ich werde selbstverständlich alles hier dokumentieren – in der Hoffnung, dass mich der Druck, meine Leser nicht zu enttäuschen, ermutigt Dinge zu tun, an die ich micht sonst vielleicht nicht trauen oder in die ich eigentlich kein Geld und keine Zeit investieren würde, aber deren Ausprobieren mir Spaß oder wenigstens interessante (Selbst-)Erfahrungen bescheren.
Und nun frisch auf zur Tat!
Ps.: Selbstverständlich gilt weiterhin: Auch wer sich an ethische und religiöse Grundsätze hält, kann verrückt sein