Der Verfassungsgerichtshof hat heute sein Erkenntnis zum NÖ Kindergartengesetz veröffentlicht. Ein atheistischer Vater hatte gegen das Anbringen eines Kreuzes in einem NÖ Landeskindergarten sowie religiöse Feiern im Kindergarten eine Beschwerde an den VfGH gestellt.
Der Antrag, dass religiöse Feiern wie das Nikolofest gegen die Verfassung verstößt, wurde als unzulässig zurückgewiesen. Da die Teilnahme an solchen Festen (jedenfalls gesetzlich gesehen) nicht verpflichtend ist, fehlt der behauptete unmittelbare Eingriff in die Grundrechte. Konkret wurde gefordert, dass im § 3 des NÖ Kindergartengesetzes die Wortfolge „religiöse und“ gestrichen wird. In diesem Paragraphen werden die Aufgaben des Kindergarten normiert, unter anderem einen „grundlegender Beitrag zu einer religiösen und ethischen Bildung“ zu leisten.
Der zweite Teil der Beschwerde richtete sich gegen das Aufhängen von Kreuzen in den Kindergärten. Im § 12 des NÖ Kindergartengesetzes steht als Absatz 2: „In allen Gruppenräumen jeder Kindergärten, in denen die Mehrzahl der Kindergartenkinder einem christlichen Religionsbekenntnis angehören, ist ein Kreuz anzubringen.“ Im Antrag hat der atheistische Vater übrigens vor allem die Katholische Kirche angegriffen.
Der VfGH ist der richtigen Meinung, dass daraus nicht die Präferenz des Staates für eine bestimmte Religion abzuleiten ist. Letzlich ging es in der Entscheidung um eine Abwägung der positiven und der negativen Religionsfreiheit. Ein Kreuz im Kindergarten hat so eine geringe Eingriffsintensität, dass die Grenze zur Grundrechtserheblichkeit nicht überschritten wird. Kinder und Schüler werden ja auch nicht gezwungen besondere Ehrerbietung dem Kreuz gegenüber auszuüben. Nach herrschender Auffassung besteht aber kein verfassungsmäßig gewährleistetes Recht, im öffentlichen Raum nicht auf andere Religionen zu treffen. Eine gänzlich areligiöse Umgebung läßt sich aus Art. 9 EMRK nicht ableiten. Auch die Lehre ist der Meinung, dass ein Schulkreuz oder Kindergartenkreuz kein Eingriff in die negative Religionsfreiheit darstellt. Der VfGH bezeichnet im Erkenntnis das Kreuz als „Symbol der abendländischen Geistesgeschichte“. Die Deutungshoheit über das Kreuz liegt beim einzelnen Kind bzw. deren Eltern und wird nicht vom Staat vorgegeben.
Der VfGH wies überdies darauf hin, dass keine Verpflichtung zum Kindergartenbesuch besteht. Selbst im Rahmen des verpflichtenden Kindergartenjahres vor der Schule sind Abmeldemöglichkeiten vorgesehen. Auch der EGMR hat in diesem Sinne entschieden.
Im Verfahren konnten sich auch die anderen Bundesländer äußern, die ebenfalls eine Zurückweisung oder Ablehnung des Antrages befürworteten.
Pressemeldung und Erkenntnis im Volltext können auf der Homepage des Verfassungsgerichtshofes abgerufen werden: www.vfgh.gv.at .