Kratzen und Ziepen

Schon lange habe ich darauf gewartet, dass der Große anfängt, sein Unbehagen bezüglich seiner Klamotten deutlicher zu äußern. Das Anziehen war von Anfang an eines der schwierigsten und für uns schlimmsten Probleme mit ihm, und als ich begann, mich mit dem Thema Hochsensibilität auseinanderzusetzen, bekam ich auch eine Ahnung, warum. Hochsensible Kinder können bestimmte Stoffe schlecht ertragen, stören sich an Wäschezetteln in Klamotten, mögen keine enge, kratzende, nasse etc. Kleidung. Ich konnte ab dann etwas verständnisvoller damit umgehen, zumal ich mich erinnerte, dass auch ich in der Kindheit mit kratzenden, ziependen Stoffen und Kleidungsstücken meine Probleme hatte, wenn auch in eher leichter Form.
Bis vor kurzem konnte er, obwohl er sprachlich sehr fortgeschritten ist, nicht äußern, was genau ihn an dieser oder jener Klamotte störte. Er hat beim Anziehen immer nur geschrien, gejammert, gezetert und gezickt, was das Zeug hält. Es war ein ganz schrecklicher Kampf, der an den meisten Tagen eskalierte und in Geheule und Schreierei auf beiden Seiten ausartete. Das ist leider auch weiterhin oft der Fall. Aber er kann jetzt seit wenigen Wochen benennen, was ihn stört. Meist kratzt oder ziept etwas oder ist zu eng. Nicht immer Teile, die direkt am Körper anliegen wie Unterhemden oder Slips, sondern oftmals die Pullover. Socken sind ganz schlimm. Jetzt im Winter natürlich auch die Strumpfhosen. Das erinnert mich immer an mein getrübtes Verhältnis zu Strumpfhosen. Ich mag sie nicht. Ich finde sie unangenehm. Ich ziehe keine Röcke mit Strumpfhosen an. Nur, wenn es ganz kalt ist, überwinde ich mich notgedrungen und trage sie gezwungenermaßen. Sonst nicht. Sie sind eng, sie ziepen, sie schnüren den Bauch ein. Ich kann den Großen also gut verstehen, wenn er das unangenehm findet.
Als er vor kurzer Zeit begann, sein Unbehagen konkret zu äußern, fiel mir ein Stein vom Herzen. Endlich merkte er selbst und konnte ausdrücken, was genau ihn störte. Damit haben wir als Eltern auch etwas mehr die Chance, darauf einzugehen bzw. etwas zu verändern. Wenn ihn bestimmte Socken stören, lasse ich ihn andere anprobieren. Wenn ein Pullover kratzt, kann er im T-Shirt frühstücken und zieht ihn dann erst an, wenn wir rausgehen. Und vor allem sollte man vermeiden, ihn mit Aussagen wie "Stell dich nicht so an" oder "Du übertreibst maßlos" zu entwürdigen. Es scheint tatsächlich ein ganz anderes Empfinden von Stoff auf der Haut zu sein. Ähnlich wie das bei hochsensiblen Kindern veränderte Temperaturempfinden (dazu vielleicht ein andermal mehr).
Die Anziehsituation ist immer noch sehr konfliktbehaftet und eine der heikelsten Situationen im Tagesverlauf. Fast täglich verzweifeln wir wegen der immensen Kraftanstrengung, die es für alle Beteiligten bedeutet, und wünschen uns eine Wundermethode, die es zu dem einfachen Vorgang macht, der es sein könnte. Aber ich persönlich kann besser damit umgehen, wenn ich eine Begründung / Erklärung für sein schwieriges Verhalten habe. Am wichtigsten finde ich, dass er sich selbst dessen bewusst wird und benennen kann. Ich versuche ja immer, ihn zu "trainieren", seine Gefühle auszudrücken, anstatt sinnlos zu opponieren. Da liegt noch ein langer Weg vor uns. Aber einen kleinen Schritt nach vorn sind wir, was das Thema Anziehen betrifft, jetzt vorangekommen.

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