Kranke Kinder und Karriere

Kranke Kinder und Karriere

Foto copyright by Dieter Schütz / pixelio.de

Immer wenn eines der Kinder krank war, kam ich in den Konflikt zwischen Kindern und meiner Arbeitsstelle. Vielleicht versteht das manch einer nicht und fragt sich: Wo ist da der Konflikt? Die Kinder stehen doch immer an erster Stelle! Das stimmt., doch ist es nicht immer so einfach.
Es gab eine Zeit, da waren die Kinder oft krank. Jedes Mal musste ich dann frei nehmen. Das war für meinen Chef nicht immer so leicht zu organisieren. Wenn ich überraschend ausfiel. während eine Kollegin im Urlaub oder erkrankt war, dann gab es einen Engpass, den die anderen Kolleginnen durch Überstunden überwinden mussten. Meine Fehlzeiten waren dadurch zeitweise überdurchschnittlich hoch und ich machte mir ernsthafte Sorgen um meinen Job. Den durfte ich einfach nicht verlieren, dieser Job war unsere Existenz. So versuchte ich die Fehlzeiten durch verschiedene Arten nicht so auffällig werden zu lassen: mal bekam ich vom Kinderarzt das Attest, das mich von der Arbeit frei stellte, damit ich zur Pflege des kranken Kindes zuhause bleiben konnte, mal nahm ich Gleitzeit, mal nahm ich Urlaub und manchmal ging es mir durch den Stress selbst nicht gut und ich ließ mich krank schreiben. Egal wie ich es managte, ich hatte jedes Mal ein schlechtes Gewissen.
So suchte ich eine Lösung, damit ich nicht immer gleich zuhause bleiben musste, wenn eines der Kinder erkrankt war. Hier waren meine Eltern wieder meine Retter. Als die Kinder noch kleiner waren, da brachte ich schon mal ein fieberndes Kind zu ihnen in ihren Laden. Sie hatten ein Hinterzimmer, eine Art kleines Büro, dort stellten sie dann einen Liegestuhl auf und dort lag dann mein  krankes Kind. So wie es die Arbeit im Laden zuließ, versorgten meine Eltern nebenher ihren Enkel. Abends nach Feierabend holte ich Bianca oder Marco wieder ab und legte sie dann zuhause wieder in ihr Bett.
Das war purer Stress für alle, für die Kinder, weil sie trotz Fieber nicht zuhause in ihrem Bett bleiben konnten und im Hinterzimmer des Ladens ihrer Großeltern einen langweiligen Tag erlebten. Für meine Eltern, weil sie sich nur bedingt um den kleinen Patienten kümmern konnten und dadurch die Arbeit in ihrem Geschäft teilweise liegen blieb. Und für mich, weil ich zwar nun meinem Arbeitgeber gegenüber ein nicht mehr ganz so schlechtes Gewissen hatte, dafür aber meinen Kindern und meinen Eltern gegenüber. Wie ich es auch handhabte, die perfekte Lösung fand ich einfach nicht. Das zehrte ganz schön an meinen Nerven.
In den ersten Jahren, die die Kinder in der KiTa waren, kamen sie nach den Sommerferien fast immer mit Kopfläusen nach Hause. Allein der Gedanke daran lässt mich heute noch erschauern und es juckt mich auf der Kopfhaut....brrr!
Wenn das der Fall war, dann musste ich sie zuhause behalten. In die KiTa durften sie erst wieder gehen, wenn die Läuse durch ein bestimmtes Shampoo abgetötet waren und ihre Haare von den Nissen befreit waren. Hier kam der Nissenkamm zum Einsatz, einem sehr engzinkigen Kamm, an dem die Nissen beim Kämmen der Haare hängen blieben. Erst wenn der Kinderarzt bescheinigt hatte, dass die Kinder wieder Laus- und Nissenfrei waren, konnten sie wieder in die Schule oder in die KiTa. So lange musste ich auch der Arbeit fern bleiben, in diesem Fall konnte ich sie aus hygienischen Gründen auch nicht zu meinen Eltern in den Laden bringen. Und wieder musste ich der Arbeit fern bleiben.
Mein Vorgesetzter reagierte im Laufe der Zeit immer mehr mit Unverständnis, zwar gab er mir zähneknirschend frei, aber gerne machte er das nicht. Einmal sprach er mich darauf an. Er ermahnte mich u.a., dass ich meinen Jahresurlaub nicht zusammenhängend nehmen würde, sondern immer nur einzelne Tage zur Pflege meiner kranken Kinder. Da brach ich in Tränen aus und sagte ihm, dass ich nicht wisse, wie ich es sonst organisieren konnte. Es ginge derzeit nun mal nicht anders.  Die Tränen einer Frau sind eine nicht zu unterschätzende Waffe. Das bemerkte ich in dieser Situation ganz deutlich, denn mein Chef ging ganz plötzlich von den Vorwürfen zum Trösten über. Plötzlich war er besorgt um mich und meinte, dass ich mein Leben als in Vollzeit berufstätige alleinerziehende Mutter doch prima managen würde und er selbstverständlich Verständnis für meine Situation hätte. Ach was! Jetzt plötzlich! dachte ich.
Dieses Gespräch brachte eine Besserung meines Standes bei meinem Arbeitgeber. Ein paar Monate später wurde die Stelle der Gruppenleiterin der zentralen Datenerfassung frei... und wurde ausgerechnet mir angeboten! Ich konnte es kaum glauben. Sehr, sehr gerne nahm ich diese Aufgabe an, auch wenn ich wusste, dass diese Stelle sicher mit mehr Arbeit verbunden war. Aber nach wie vor war das Geld bei uns knapp, das Gehalt einer kleinen Datentypistin war nicht gerade berauschend und nach wie vor bekam ich keinen Pfennig Unterhalt von Italo. Daher arbeitete ich seit ein paar Monaten nebenher nach Feierabend noch als Putzfrau bei reichen Leuten, um unsere Haushaltskasse etwas aufzubessern. Diesen Zusatzjob konnte ich nun an den Nagel hängen, darüber war ich sehr froh.
Ich ging auf in meiner neuen Aufgabe. Das Organisieren der Arbeitsabläufe meiner Gruppe, die monatlichen Abschlussarbeiten, die Qualitätskontrolle, die Menschenführung, all das machte mir richtig Spaß und es hätte so schön sein können... wenn ich nicht missgünstige Kolleginnen gehabt hätte, die mir den Job als Gruppenleiterin und das bessere Gehalt nicht gönnten. Manch eine meiner Mitarbeiterinnen war selbst scharf auf den Posten der Gruppenleiterin gewesen und konnte und wollte nicht verstehen, warum ausgerechnet ich diese Stelle bekommen hatte. Ausgerechnet ich, die ja verhältnismäßig oft fehlte.
Nun bin ich nicht unbedingt der Mensch, der sich mit allen Mitteln durchsetzt. Es macht mir nichts aus, des lieben Friedens willen meine Meinung hinten an zu stellen, ganz nach dem Motto "Der Klügere gibt nach". Diese Einstellung ist aber beim Wahrnehmen einer führenden Position oft hinderlich, denn sie hilft den Mitarbeitern, Deine Autorität als Vorgesetzte zu untergraben. Ich verstand es einfach nicht, meine Mitarbeiterinnen auf meine Seite zu ziehen. Teilweise intrigierten sie gegen mich, ließen mich in Stresssituationen hängen, so dass ich oft bis abends 20 Uhr mutterseelenallein im Büro saß, um die vorgegebenen Termine halten zu können. Das Betriebsklima wurde immer schlechter. Die Luft, die ich als Gruppenleiterin atmete, wurde immer dünner. Die Arbeit machte mir immer weniger Spaß. Nein, ich war nicht dazu gemacht, eine führende Position zu übernehmen, ich wollte auch gar keine Gruppenleiterin mehr sein. Ich wollte auch nicht mehr in einer Datenerfassung arbeiten, ich wollte wieder als kaufmännische Sachbearbeiterin arbeiten.
Nachdem sich meine Situation als Gruppenleiterin nicht besserte, sondern eher verschlimmerte, begann ich nach einiger Zeit, mir nach einer neuen Arbeitsstelle als kaufmännische Sachbearbeiterin zu suchen.
Unter anderem bewarb ich mich bei einem renommierten Großhändler für Werkzeuge und Maschinen als Debitorenbuchhalterin... und wurde genommen.
Mein Chef fiel aus allen Wolken, als ich kündigte. Damit hatte er nicht gerechnet. Wir hatten viele Gespräche während meiner Zeit als Gruppenleiterin und er wusste von meinen Problemen, allerdings sah er diese nicht als so schwerwiegend an wie ich. Dass ich jetzt kündigte konnte er nicht verstehen und er ließ mich seine Enttäuschung deutlich spüren.
Mir persönlich fiel der Abschied relativ leicht. Und so verdiente ich künftig das Geld für meine Familie als Debitorenbuchhalterin.

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