Am 6. April erschien das neue Album »Songs After The Blue« von Kraków Loves Adana. Ich durfte mit Sängerin Deniz ein spontanes Interview führen, in dem wir über sie inspirierende Bücher sprechen.
Album »Songs After The Blue«
Nachdem mich die Single-Aukopplung »American Boy« schon total überwältigte, konnte ich es kaum abwarten, mich mit dem neuen Album auseinander zu setzen. Der Pressetext zu »Songs After The Blue« betonte, dass sich Sängerin Deniz für das neue Album von vielerlei Literatur inspirieren ließ – »Briefe an einen jungen Dichter« von Rainer Maria Rilke, »The Artist’s Way« von Julia Cameron und »Just Kids« von Patti Smith. Als ich das gelesen habe, wollte ich mehr wissen. Vor allem bei Patti Smiths »Just Kids« werde ich immer direkt hellhörig. Ich konnte mich also mit dieser noch viel zu allgemeinen Aussage über die Inspiration von Büchern nicht zufrieden geben.
So kam es dazu, dass ich mit Deniz zwischen Album-Release und Tour-Stress ein spontanes Mail-Interview führen durfte. Ich war einfach viel zu neugierig, inwieweit Patti Smiths »Just Kids« Deniz inspirierte.
Deniz im Interview über Patti Smiths »Just Kids«
Zu Beginn würde mich interessieren, inwiefern dich die Bücher inspiriert haben. Geht es um den Inhalt bzw. die Geschichten oder vielleicht auch die Schreibweisen und Texte?
Den Einstieg in die Thematik habe ich in erster Linie durch Rilkes »Briefe an einen jungen Dichter« gefunden. Was macht einen Künstler aus und wie schafft man es, seine Kreativität auf Papier zu bringen?
Am meisten hat mich aber Julia Cameron’s »The Artist’s Way« inhaltlich inspiriert.
Sie führt hilfreiche Herangehensweisen auf und gibt auch Einblicke in die Denkweisen und Blockaden eines jeden Kreativen. Es ist schon erstaunlich wie oft ich beim Lesen dachte »Same tbh«.
»Just Kids« von Patti Smith hat dich, laut Pressetext, ebenfalls inspiriert. Wie genau hat dich das Buch beeinflusst?
Ich habe das Buch in einer Zeit gelesen, in welcher ich selbst nicht so recht wusste, in welche Richtung ich mit KLA gehen möchte. Ich wusste, dass da noch viel kreative Energie in mir schlummert, wusste allerdings nicht so genau, wie ich diese am besten einsetzen kann. Dann der alltägliche Kampf, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, eher schlecht als recht, und in den Abenden dann auch noch seiner Kreativität nachzugehen und gemeinsam mit Rob an der eigenen Vision zu arbeiten. Es war schon sehr anstrengend und zeitweise waren wir beide einem Burn Out nah. Insgesamt sehe ich einige Parallelen zwischen uns und Patti Smiths/Robert Mapplethorpes ersten Jahren in New York.
Der Einfluss war somit in erster Linie der biografische und die Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu sein und sich der ganze Struggle doch lohnt.
Als ich angefangen habe die Biografie zu lesen, habe ich mich automatisch mehr mit Patti Smith als Person auseinander gesetzt. Ihre Musik kannte ich schon, aber ich bin noch tiefer in die Materie, habe mir ihre fotografischen Arbeiten angeschaut und war noch mehr von ihr fasziniert als sowieso schon. Ging es dir ähnlich?
Ja, vor allem mit ihren Songtexten, ersten Liveauftritten und kontemporären Interviews habe ich mich daraufhin mehr beschäftigt.
Aber auch mit den Geschichten anderer Künstler, die kurz vorher aufkamen, v.a. The Velvet Underground und Lou Reed.
Spielt Patti Smith als Musikerin für dich auch ein wichtige Rolle oder mehr als Autorin und Lyrikerin? Oder beides? Ist sie für dich vielleicht auch eine Art Vorbild? (Für mich auf alle Fälle!)
Für mich spielt Patti Smith in erster Linie eine wichtige Rolle mit ihrem Weltbild und ihrem Werdegang als Künstlerin und nicht »nur« als Musikerin.
Sie zeigt ganz gut, dass man sich nicht auf einen Bereich beschränken muss, sondern kreative Energie vielfältig genutzt werden kann.
Du hast ja auch eine ähnlich markante Gesangsstimme wie Patti Smith. Zwar anders, aber mit ähnlichen Charakterzügen. Ist das Zufall oder Schicksal?
Das kann nur Schicksal sein! Es ist schon interessant, dass mir zu Schulzeiten immer wieder attestiert wurde, ich könnte nicht singen.
Ich sehe mich wohl auch deshalb nicht als Sängerin, sondern viel mehr als kreative Person, die nunmal in erster Linie Musik macht und dafür auch ihre Stimme als weiteres Instrument nutzt.
Patti Smith sieht sich selbst ja auch weniger als Musikerin, als als Lyrikern und Poetin. Noch eine Parallele zwischen beiden!
Gibt es einen Song, von dem du sagen kannst »der wäre nicht so geworden, hätte ich »Just Kids« nicht gelesen.«?
Das nicht, aber vielleicht würde ich jetzt gewisse Ansichten nicht haben, hätte ich das Buch oder Rilke / Cameron nicht gelesen.
Kreativität braucht Zeit, egal wie schnelllebig unsere auch sein mag. Lass dir Zeit für deine Musik, vergiss den vermeintlich schnellen Erfolg und konzentrier dich vielmehr auf deine eigene Entwicklung als Künstler und vor allem auch als Mensch.
Hashtag #Liebesroman
Das Thema ist eigentlich einen ausführlichen Dialog wert. Das sagte ich Deniz Çiçek und Robert Heitmann von Kraków Loves Adana auch schon im Mail-Interview. Vielleicht kommen wir ja sogar irgendwann dazu, uns persönlich darüber zu unterhalten. Ich könnte mich nämlich stundenlang über Patti Smith und natürlich auch über die Musik von Kraków Loves Adana selbst unterhalten.
Intention für ein Interview über das Thema war übrigens auch mein letzter Hashtag #Liebesroman auf Zeilenzunder. Der Hashtag und die dazugehörige Playlist behandeln zwar Musik, die einen beim Lesen begleiten soll, doch ich fand es ebenfalls spannend, wie Literatur einen beim Schreiben von Musik beeinflussen kann.
Wer übrigens noch mehr über das Album, die Intentionen von Deniz und vielem mehr erfahren möchte, sollte unbedingt bei abgefreakt.de vorbei schauen. Die Bloggerin Annekatrin hat nämlich ebenfalls ein sehr spannendes Interview mit Deniz geführt. Zusammen beleuchten sie »Songs After The Blue« von noch mehr Seiten als nur den Buchseiten.
© Titelbild: Ebba Ågren