Kontrollverlust

Von Stefan Sasse
Nachdem CSU-Chef Seehofer gegen Schavan und Lammert gegiftet hatte, die in seiner Interpretation Guttenberg auf dem Gewissen hätten (und die als Merkel-Vertraue natürlich nur die geschlagenen Boxsäcke sind, mit denen er einem gezielten Schlag gegen Merkel ausweicht), scheint Merkel einen derartigen Druck aus den eigenen Reihen zu verspüren, dass sie sich noch einmal offen zu Guttenberg bekennt und ein Comeback des Freiherrn wünscht - gegen den inzwischen ein Strafverfahren wegen Betrugs läuft, mind me.  Das Auffälligste ist in ihrer Argumentation, dass sie den Spruch vom Wissenschaftlichen Mitarbeiter zwar nicht wortwörtlich wiederholt, die Botschaft aber erneut aussendet: "Ich habe abgewogen zwischen Fehlern und Leistungen und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass Karl-Theodor zu Guttenberg, der ein hochbegabter Politiker ist, sich als Verteidigungsminister bewährt hatte." Es ist eigentlich nicht Merkel, die da spricht. Das ist untypisch für sie, normalerweise macht sie sich nicht mit einer so klaren Position in einer so delikaten Angelegenheit angreifbar. Das ist die nackte Angst. 
Es scheint, als wäre das Krachen im Gebälk der Union doch etwas höher, als ich ursprünglich vermutet hatte. Zumindest die CSU scheint wild entschlossen zu sein, den Preis für die Aufgabe Guttenbergs noch weiter in die Höhe zu treiben, nachdem sie bereits das Verteidigungsministerium erhalten hat. Das zeigt einen gewissen Kontrollverlust Merkels über ihre eigene Fraktion, sie wird Getriebene. Das ist potentiell eine gute Nachricht, denn Merkel vergrößert damit die Kluft zwischen der Union und der Bildungselite im Land und verprellt potentielle Wähler und Sympathisanten.

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