Kommentar: Kein Gespür für die Interessen der einfachen Menschen

Im Zeitalter der Informations- und Kommunikationstechnik möchten viele mitreden. Doch “Mitdenken”, ist genau das, was immer öfter fehlt. Dahingehend kann ich dem Zwischenruf von Heidi Langer nur zustimmen. Weil es so viele Informationen gibt, muss selektiert werden. Wer es sich einfach macht, der schließt sich schnell einer Meinung an, die der eigenen aktuellen Einschätzung der Situation am naheliegendsten scheint. Da sind alle Menschen gleich – Normalbürger wie Politiker und Journalisten.

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Kriegt die Politik die Auseinandersetzung mit den einfachen Menschen noch gebacken? – Foto: © Uwe Wagschal / pixelio.de

Natürlich machen sich die Menschen durchaus Gedanken – z.B. darüber welche Menschen zu den Pegida-Demonstrationen gehen. Eine Studie der TU Dresden hat den Versuch gemacht, zwischen Rechtsradikalismus/Islamfeindlichkeit und anderen Interessen zu differenzieren.
Das Ergebnis führte teilweise zu scharfer Kritik von “mitdenkenden” Wissenschaftlern und Bloggern. Siehe zum Beispiel den Beitrag von Stefan Niggemeier. (1)
Während die Studie zu dem Ergebnis kommt, dass die Mehrheit der Befragten (54%) unzufrieden mit der Politik ist, verweist Niggemeier darauf, dass die Mehrheit der Befragten (65%) sich nicht zu den Fragen der Forscher äußern wollte und demnach genau genommen nur 19% der Befragten eindeutig unzufrieden mit der Politik sei. Nicht ganz uninteressant ist dabei, dass die Studie der TU Dresden zudem “Menschen mittleren Alters” als typische Pegida-Demonstranten bezeichnet.

Laut einem aktuellen Spiegel-Online-Bericht (SpOn) (2) geht Finanzminister Schäuble dagegen davon aus, dass vor allem ältere Menschen mit Pegida auf die Straße gehen. Laut SpOn erscheine es Schäuble neu, dass “solche Gruppen viel härter für ihre Interessen kämpfen und sich manchmal dabei auch nicht um demokratische Mehrheitsentscheidungen oder Gerichtsurteile scheren.”

Die Kommentare unter jenem Beitrag deuten allerdings darauf hin, dass auch hier eher eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Politik besteht, als dass rassistisch motivierte Interessen im Vordergrund stünden.

Die Regierenden sollten daher dringend die aktuellen Entwicklungen hinterfragen, anstatt sich weiter im “Glanz” des letzten Bundestagswahlergebnisses zu sonnen. Jedoch, beim Bundestagswahl-Ergebnis (3) sieht das Bild übrigens anders aus, wenn man die Nichtwähler mit in die Statistik nimmt. Fast 18 Mio. Deutsche hatten nicht gewählt. Zum Vergleich: Auf die CDU entfielen 16.2 Mio. der Erststimmen. So gesehen ist die Zustimmung für die aktuelle Bundesregierung längst nicht so glänzend, wie es das offizielle Wahlergebnis mit 41,5 % für CDU/CSU und 25,7% für die SPD erscheinen lässt.
Für die Politiker und vielleicht auch manche Medien ist es jetzt essentiell, ein Gespür für die Interessen der einfachen Menschen zu entwickeln, statt ihnen zu unterstellen, dass sie die demokratische Mehrheitsentscheidung nicht akzeptieren wollen.

Denn die politische Unzufriedenheit ist ein Fakt, an dem sich auch nichts ändert, wenn wir über Prozentpunkte feilschen.

Denn irgendwann wird aus dem Mitdenken hoffentlich eine Erkenntnis und aus der Erkenntnis ein Handeln.
Wenn die klugen Menschen unserer Republik nicht in der Lage sind, irgendwann auch entsprechend zu handeln, dann dürfen wir den einfachen Menschen nicht den Vorwurf machen, dass sie sich den „falschen“ Gruppen anschließen.

Es scheint allerdings einfach zu sein, mit Diskussionen über religiösen Fanatismus und Rassismus davon abzulenken. Ich finde es daher gut, dass Muslime sich nach den Anschlägen in Frankreich nicht mehr verstecken. Ich finde es gut, dass sie nun ebenfalls deutlich machen, dass Terror nicht in ihrem Interesse ist.

Offenheit kann so entwaffnend sein.

ein Kommentar von Martin Ciupek

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Quellen – weiterführende Links

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Foto: © Uwe Wagschal / pixelio.de

(1) Stefan Niggemeiers Blog-Beitrag: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/20210/studie-ueber-pegida-demonstranten-zeigt-pegida-demonstranten-lehnen-teilnahme-an-studie-ab/
(2) Spiegel Online: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wolfgang-schaeuble-bezeichnet-pegida-als-phaenomen-der-altersgesellschaft-a-1013339.html
(3) Der Bundeswahlleiter: http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_BUND_13/presse/w13034_Endgueltiges_amtliches_Ergebnis.html


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