Kochbuch-Rezension: Immer schon vegan I Katharina Seiser

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Es ist ja gerade schwer zu übersehen – veganes Essen liegt im Trend. Und ich gestehe, ich hadere mit dem Trend – eine Veganerin wird aus mir nicht werden. Ohne Käse, Joghurt und Ei wäre ich eine Zumutung für meine Mitmenschen. Und die Imitate und Ersatzprodukte….finde ich bedenklich. Wenn ich mir vorstelle, dass die Menschheit plötzlich in Gänze auf Sojaprodukte umsteigt – zu Hilfe. Trotzdem: ich esse oft vegan. Meist fällt es mir dann erst hinterher auf. Es gibt in den traditionellen Küchen dieser Welt viele Rezepte, die ohne tierische Produkte auskommen. Und um solche Gerichte geht es in diesem Buch. Die Idee hatte Autorin Katharina Seiser, als sie Anfang letzten Jahres für einen Zeitschriften-Artikel 4 Wochen vegan lebte.

Fangen wir doch mit den Äußerlichkeiten an: Die machen Spaß. Ein fröhliches Cover, Leineneinband, zwei Lesebändchen, Fadenheftung. Die Texte sind gut lesbar auf mattem Papier in olivgrün gedruckt, Anmerkungen und Tipps farblich abgehoben. Die fertigen Speisen sind schön in Szene gesetzt, aber nicht übertrieben gestylt. Das Essen wohnt auf schönen Tellern und die Deko im Hintergrund ist dezent. Das gefällt mir. Es gibt nicht von jedem fertigen Gericht ein Bild – aber ich brauche das auch nicht. Einziger Wermutstropfen: das Buch bleibt nicht einfach so aufgeschlagen liegen; das ist in der Küche etwas unpraktisch.

Inhaltlich beginnt das Buch mit einer Einführung – wie der Geschmack ans Essen kommt. Wir erfahren viel über Geschmäcker und Konsistenzen – zum Beispiel duftig, bitter, knusprig/weich….mit Beispielen für entsprechende Lebensmittel und Küchentechniken.

Die Rezepte selbst sind nach Jahreszeiten sortiert: Frühjahr, Sommer, Herbst, Winter und Jederzeit. Rezepte aus den unterschiedlichsten Länderküchen finden wir da: knusprige Mangoldtaschen aus dem Libanon, Kühlen Seidentofu mit Zitrussauce aus Japan, polnische Piroggen, Pizza Marinara, Frühlingszwiebel-Fladen aus China, gefüllte Paprika aus der Türkei, Kokospudding aus Vietnam…die Auswahl ist groß und bunt.

Die Rezepte sind im Grunde bekannte Klassiker aus den verschiedensten Küche rund um den Globus. Wenn man sich für internationale Küche interessiert, sind einem viele der Gerichte vermutlich schon einmal über den Weg gelaufen. Neu ist aber die Zusammenstellung. Zumindest geht es mir so. Ich habe beim Blättern und lesen oft gedacht – stimmt, das auch….da ist auch nichts vom Tier drin. Es wird klar: vegane Rezepte gab es schon immer.

Die Rezepte sind gut strukturiert und man kann sich auf sie verlassen. Bei Details habe ich manchmal leicht gestutzt….so ist beim Zitronengras-Tofu am Ende davon die Rede, dass die zweite Hälfte der Kräuter an das Gericht soll…die erste Hälfte ist irgendwie untergegangen. Ähnlich ging es mir auch beim Lobio, da tauchen die gehackten Kräuter auch nicht mehr auf. Und ein Gericht ist mir gründlich schief gegangen….da muss ich noch Ursachenforschung betreiben.

Abgerundet wird der Rezeptteil durch ein Zutaten-Glossar und ein akribisch nach Zutaten und Gerichten geordnetes Register.

zitronengras-tofu

Tofu – da gibt es ja viele Möglichkeiten, den zu verhunzen. Beim knusprigen Zitronengras-Tofu ist das nicht der Fall. Der Tofu wird vorbehandelt, damit das überschüssige Wasser entzogen wird, dann frittiert und anschließend in einer würzigen Soße aus Zitronengras, Chilis, Zucker, Sojasauce, Schalotten und Knoblauch gebraten.Der Tofu ist außen knusprig und innen weich, die Soße wunderbar würzig. Es gibt ein Adelsprädikat zu vergeben: mein Sohn, der Fleischtiger, hat Tofu gegessen – und ihn gelobt. Und ich habe etwas neues gelernt: zwar bin ich Stammgast im Asia-Shop und liebe diese begehbaren Kühlschränke mit ihren Kräutern und Gemüsen, aber das La-Lot (vietnamesisches Pfefferkraut), das an den Tofu kommt, war mir neu. Es ist wunderbar würzig und hat Biss – das kommt jetzt öfter ins Körbchen.

patatas bravas

Das nächste Gericht ist ein wenig asaisonal…..Patatas Bravas, frittierte Kartoffelecken in einer scharfen Paprika-Tomatensauce. Die wollte ich schon lange mal machen, und da sich die roten Paprika auch um diese Zeit oft in die Gemüsekiste verirren, habe ich die Gelegenheit genutzt. Die Tomaten für die Sauce, die kamen aus der Dose. Hätte ich alles schon früher machen sollen – die knusprigen Kartoffelecken in der scharfen Sauce, die ihr Raucharoma aus Pimenton de la Vera bezieht, haben Spaß gemacht.

linsen-zitronen-suppe mit mangold

Die Linsen-Zitronen-Zitronensuppe mit Mangold war auch eine feine Sache. Ich habe etwas gestaunt ob der Menge an Zitronensaft. Die Suppe war sauer – aber das hat genau gepasst. Linsen gehen hier sowieso immer  und die Kombination mit Mangold ist schön.

orangen-flammeri

Ich finde, Nachtisch und Süßes sind fast das Schwierigste, wenn es darum geht, etwas rein Pflanzliches auf den Tisch zu bringen. Meist sind dann doch Milchprodukte und/oder Eier gefragt. Nicht so beim Orangenflammeri – für das bildet Orangensaft die Basis, gebunden wird mit Stärke – und es ist ein wunderbar aromatischer Nachtisch. Die einzige Frage ist – wieso habe ich das nicht schon früher gemacht?

olivenöl-kekse

Wenn wir schon bei Süßigkeiten sind – wie wäre es mit Keksen? Über die Orangen-Olivenöl-Kekse habe ich schon genug Worte verloren – hier geht es zum Rezept.

An den Piroggi habe ich mich abgearbeitet – genaugenommen am Teig. Beim ersten Versuch habe ich fröhlich die gesamte Flüssigkeitsmenge verwendet, die im Rezept angegeben war, Der Teig war viel zu weich und klebrig und auch durch viel zusätzliches Mehl wurde es nicht besser. Beim nächsten Versuch habe ich die Flüssigkeitsmenge stark reduziert – perfekte Teigkonsistenz. Aber nach dem Ruhen war der Teig wieder so weich und klebrig, dass ich ihn nicht verwenden konnte. Es gab dann etwas anderes zu essen….Ich vermute, mein Problem lag darin, dass ein Großteil des Wassers kochend heiß an den Teig gegeben wurde. Verwunderlich, denn bei asiatischen Teigtaschen macht das auch ja auch so.

Kartoffel-Kibbeh

Die Kartoffelkibbeh-mit Walnuss-Zwiebeln war wieder problemlos – und außerdem ein echtes Lieblingsessen: die Kibbeh kommt als Auflauf daher. Mit Walnüssen geschmorte Zwiebeln werden mit einer Masse aus gekochten, zerdrückten Kartoffeln und Bulgur bedeckt. Klingt einfach; ist es auch. Und es schmeckt hervorragend.

lobio

Ein optisches Highlight ist Lobio nicht gerade. Das Rote-Bohnen-Ragout mit Walnüssen aus Georgien punktet eher durch innere Werte: Vorgekochte Kidney-Bohnen werden mit einer Gewürzpaste und gemahlenen Walnüssen gegart, abgeschmeckt wird das Ganze scharf-säuerlich mit Essig und Chili. Gegessen werden kann das Ragout heiß als Eintopf, kalt als Salat oder Brotaufstrich. Wir haben es heiß gegessen  – ein Wohlfühlessen an einem Schmuddelwetter-Abend.

Fazit? Man muss nicht vegan leben, um dieses Buch zu mögen. Es bietet ein fröhliches Potpourri mit pflanzlichen Gerichten aus aller Welt. Jenseits von Dogmata oder Trends findet sicherlich jeder vieles, da zum Nachkochen anregt.

  • Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
  • Verlag: Brandstätter Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 978-3850338561
  • 25,-

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