Gaumenkino – das ist zunächst einmal ein Restaurant in Graz. Von Dienstag bis Freitag gibt es dort einen Mittagstisch – gekocht wird jeden Tag etwas anderes mit saisonalen Zutaten aus der Region. Zudem finden Kochevents statt. Ihre Art zu kochen haben Angela Hirmann und Ernst M. Preininger nun in ein Kochbuch gepackt, das genauso heißt wie ihr Restaurant.
Das Buch ist sehr schön gestaltet: mattes Papier, ruhiges Layout, hochwertige Fadenheftung. Von jedem Gericht gibt es ein schön gemachtes Foto. Da liegt das Essen auf dem Teller und steht ohne viel Drumherum im Vordergrund, das gefällt mir gut.
Es gibt ein kurzes Vorwort, das ich gern gelesen habe, ist es doch ein Plädoyer für gutes Essen und gegen Lebensmittelverschwendung Dann kommen schon die Rezepte grob saisonal geordnet nach kalter und warmer Jahreszeit. Mein Exemplar ist da noch voller Klebezettel: Ich muss im Sommer unbedingt noch die kalte Kohlrabischaumsuppe machen, die Gemüsesulz mit Basilikum-Joghurt-Mousse und die vegetarische Moussaka. Und wenn es richtig kalt wird, dann gibt es bestimmt die Bratapfel-Sellerie-Suppe, die Topfenlaibchen mit Kürbisgemüse und die Kaspressknödel mit Apfel-Curry-Sauerkraut. Und auch viele der Rezepte für selbstgemachte Pasta und Teigtaschen muss ich noch ausprobieren.
An die Rezepte schließt ein Teil mit Grundrezepten an: Gemüsefond, Jus, Hefebrot, Kartoffelteig und Topfenblätterteig, Nudelteige finden wir da, sowie einen Grundteig für Teigtaschen – und auch gleich verschiedene Füllungen.
Die Rezeptideen haben mich begeistert: sie sind kreativ – einfache, überall erhältliche Zutaten werden originell eingesetzt. Auch alltägliche Gerichte bekommen einen besonderen Dreh. Es gibt einige wenige Gerichte mit Fleisch, ganz gemäß dem Motto: “Lieber selten Fleisch, dafür aber gutes.” Die Rezepte sind gut strukturiert und funktionieren. Allerdings sind sie sind kurz gefasst, man sollte etwas Kocherfahrung mitbringen. Mich hat anfangs irritiert, dass in den Rezepttexten selbst keine Gar- oder Backzeiten angeben sind. Die stehen in einem extra Absatz, das war ungewohnt. Nur bei der “sauren Rahmsuppe”, da ist etwas schiefgelaufen, da haben Zutatenliste und Rezept nichts miteinander zu tun.
Wir haben gut gegessen, wie Ihr sehen könnt:
Die Karottensuppe hat mich gleich angelacht – einfach, weil sie anders zubereitet wird, als mir das sonst immer über den Weg gelaufen ist. Die Karotten werden mit Gemüsebrühe und Apfelsaft abgelöscht, abgebunden wird das ganze mit Joghurt und Eigelb. Und es war klasse. Schöne Konsistenz, ausgewogener Geschmack. Zur Suppe gab es die Mini-Zitronenweckerl, einfache kleine Hefebrötchen, die einen besonderen Kick durch Zitronenabrieb im Teig bekommen. Auch schön :-) .
Die KartoffelErdäpfelbuchteln waren klasse: Der Hefeteig besteht zur Hälfte aus Kartoffeln, zur anderen aus Mehl. Der Teig wurde richtig toll flaumig und saftig, den werde ich sicherlich noch für andere Ideen benutzen. Ich habe etwas weniger Flüssigkeit gebraucht als im Rezept angegeben, aber das ist sicher auch von der Kartoffelsorte abhängig. Die Füllung aus Brokkoli und Schafskäse war auch fein.
Dass ich salzigem Knabbergebäck nur schwer widerstehen kann, ist ja bekannt. Deshalb musste ich auch die Cracker backen. Eigentlich ist für den Teig Waldstaudekornmehl vorgesehen – das kannte ich gar nicht. Aber auch mit Weizen 812 sind die Cracker toll geworden. Sie bestehen aus dem ebenso einfachen wie genialen Topfenblätterteig, werden blättrig und knusprig und sind sofort ein Dauerbrenner hier geworden.
Das Karfiol-Erdäpfel-Crumble hat uns auch allen gut gefallen: Blumenkohl und Kartoffeln werden vorgegart, dann angebraten und schließlich mit einer Streuselmasse aus Dinkelstreuseln und -mehl, Semmelbröseln und Butter überbacken. Zusammen mit einem Salat eine wunderbare Mahlzeit.
Die Sauerkrautlasagne hat Spaß gemacht – eine ganz andere Verwendung für Sauerkraut – und eine ganz andere Lasagne :-). Dafür wird Sauerkraut gegart und mit Sauerrahm vermischt. Der Nudelteig für die Lasagenplatten wird mit Paprikapulver kräftig aromatisiert und gefärbt. Eine schöne Idee, das ganze erinnert an Szegediner Gulasch.
Das Erdäpfelchili war das einzige Gericht, das uns nicht so begeistert hat. Das Chili mit Kartoffeln, Karotten und gekochten Sojabohnen (bei mir: Augenbohnen) war zwar nicht schlecht, aber der letzte Kick fehlte. Es war mit Kümmel, Paprika und Chili gewürzt – ich würde da normalerweise etwas tiefer in die Gewürzkiste greifen.
Fazit? Ich denke, Ihr habt es beim Lesen gemerkt: dieses Buch hat mich begeistert. Ich mag die kreativen Rezepte aus einfachen, überall erhältlichen Zutaten. Außerdem ist das Buch so strukturiert, dass es zum Variieren einlädt – man hat also lange etwas davon. Und nicht zuletzt gefällt mit die Haltung, die hinter den Rezepten steckt. Eine klare Kaufempfehlung gibt es für das alles von mir.
- Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
- Verlag: Löwenzahn Verlag
- Sprache: Deutsch
- ISBN: 978-3706625609
- € 29,90