Kochbuch: NENI Tel Aviv. Food. People. Stories. | Haya Molcho und Söhne

Kochbuch: NENI Tel Aviv. Food. People. Stories. | Haya Molcho und Söhne NENI, das  ist eine Erfolgsstory. Erst 2009 gründete Haya Molcho mit ihren Söhnen das erste Restaurant am Wiener Naschmarkt. Dabei ist es nicht geblieben, die Küche des Neni mit ihrer Mischung aus mediterranen, levantinischen und auch osteuropäischen Einflüssen kommt gut an.  Inzwischen findet man die Restaurants in vielen europäischen Städten, außerdem gibt es eine Kochschule, Kochbücher und auch eine eigene Produktlinie.

Haya Molcho ist in Tel Aviv aufgewachsen und und so passt es gut, dass sie nun ein Kochbuch gemacht hat, das sich mit dem Essen in dieser Stadt beschäftigt. Tel Aviv ist zur Zeit ja sehr im Trend und es gibt viele Bücher, die sich mit Falafel, Shakshouka und anderen bekannten Gerichten beschäftigen. Aber halt – dieses Buch ist anders.

Haya Molcho ist mit vier ihrer Söhne nach Tel Aviv gereist. Zwei Wochen lang haben sie die Stadt erforscht, auf lokalen Märkten eingekauft, gekocht und Menschen getroffen. So hat das Buch zwei Komponenten: die Geschichten der Menschen, die das Neni-Team getroffen hat und natürlich die Rezepte.

Menschen und ihre Geschichte

Tel Aviv ist ein Schmelztiegel. Entsprechend bunt und vielfältig sind auch die vorgestellten Menschen und ihre Geschichten. Unter den porträtierten Personen befinden sich zum Beispiel Shira Petel und Shiri Assa – die “Nicht-Geschäftsfrauen”, so werden sie im Buch genannt. Shira Patels Eltern kamen aus dem Irak, Shiris Eltern aus Osteuropa – eine Mischung, wie sie typisch ist für die Stadt.  Die beiden fingen mit einem Frisiersalon an. Der Salon war unkonventionell und entwickelte sich rasch zum Treffpunkt. Die Leute hatten Spaß daran, dass es Konzerte während des Haareschneidens gab und an den kleinen Events, die immer wieder stattfanden. So weiteten die beiden ihre Aktivitäten aus, servierten erst Kaffee, dann auch kleine Kostproben von Essen.  Daraus wurde ein Restaurant – und heute gibt es gleich mehrere Bars und Restaurants.

Es gibt noch viel mehr Geschichten zu entdecken – zum Beispiel von dem Taxifahrer, der in seiner Freizeit über Restaurants bloggt, oder einen Gewürzhändler, ein ursprünglich jemenitischer Jude, der mit einem angenehm altmodisch geführten Laden die Stadt mit Gewürzen versorgt oder auch Ruti Broudo, die in Tel Aviv ein kleines kulinarischen Imperium führt. Ihre Eltern überlebten den Holocaust; ihre Jungend war schwierig und sie wollte früh von zuhause weg. Einige Zeit verbrachte sie in Amerika. In ihren Restaurants pflegt sie gleichzeitig Traditionen und ist dennoch innovativ.

Im übrigen ist das ein sehr schönes Buch – großformatig liegt es da, hochwertig aufgemacht mit Fadenbindung und matt glänzendem Papier. Für die vielen Fotos zeichnet Nuriel Molcho verantwortlich; da gibt es ausdrucksstarke Portraits der vorgestellten Menschen, atmosphärische Fotos aus der Stadt und Food-Fotos, die das Essen in den Mittelpunkt stellen.

Und was gibt es zu essen?

Alle porträtierten Menschen haben irgendeinen Bezug zu Essen oder Gastronomie. Haya Molcho hat sich nicht nur mit ihnen unterhalten, sondern sich oft auch bekochen lassen. Und so ist auch der Rezeptteil zweigeteilt: es gibt Rezepte von den Gastköchen und solche von Haya Molcho. Unterteilt ist das alles in Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte, Grundrezepte, Fisch, Fleisch und schließlich Süßes.

Die Rezepte sind vielfältig und spiegeln den Schmelztiegel Tel Aviv gut wieder; und auch bekannten Gerichten wurde ein neuer Dreh gegeben. Da bekommt zum Beispiel das klassische nordafrikanische Mechouia  ein Rucolapesto an die Seite, es gibt Fisch-Burekas mit Kürbis-Harissa, wir finden ein jementisches Rinderstew mit Griesspfannkuchen oder auch Entenkonfit mit Topinambur, und die berühmten, aber schwierig herzustellenden Ma’amoul werden schlicht zu Ma’amoul-Cookies.

Die Rezepte sind klassisch aufgebaut: am Seitenrand stehen die Zutaten, daneben die Arbeitsanleitungen. In aller Regel findet man auf der gegenüberliegenden Seite ein großformatiges Foto des Gerichts. Komplizierter erscheinende Zutaten werden in einem Glossar erklärt.

Schon mal ausprobiert:

Kochbuch: NENI Tel Aviv. Food. People. Stories. | Haya Molcho und Söhne

Die asiatische Tahina ist ein Salatdressig, basierend auf Tahin und Traubenkernöl, gewürzt mit Ingwer, Knoblauch, Sojasauce, Reisessig und Mirin. Eigentlich kommt es über geröstete Auberginen; ich habe statt dessen Haya Molchos zusätzlichen Küchentipp verwirklicht: das Dressing passt nämlich auch hervorragend über einen Tomatensalat.

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“Forelle asiatisch”, so heißt das ganz lapidar im Buch. Da sind es Forellenfilets, gewälzt in Tapiocamehl und frittiert und mit einem Topping aus karamellisiertem Palmzucker, Fischsauce, Tamarinde, Schalotte, Limette, Chili, Knoblauch, Zitronengras und Makrutblättern. Nur so viel – das Topping ist ein Geniestreich. Die festen Zutaten werden ganz fein geschnitten, ziehen in der Sauce und schmecken am Ende zum Niederknien. Bei der Forelle war ich überambitioniert ;-). Im Rezept werden Filets verwendet. Auf dem Foto aber sieht man eine Forelle im Ganzen, die dekorativ im Schmetterlingsschnitt aufgeschnitten ist. Kann ich auch, dachte ich. Nun, konnte ich nicht – daher habe ich die Forellen im Ganzen gebraten….

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Kadaifi sind ganz feine frische Fadennudeln, auch Engelshaar genannt. Meist wird aus ihnen zusammen mit Nüssen und einer ansehnlichen Menge Zuckersirup ein Dessert. Hier aber gibt es ein Rezept für eine herzhafte Variante – und das ist ein Hammer. Die Nudelfäden werden mit Mascarpone, Ziegenfrischkäse, Sahne und Za’atar geschichtet und gebacken; dazu gesellen sich geröstete Kirschtomaten. Zugegebenermassen kein Diätessen – aber der Hammer. Wir haben gefuttert, als gäbe es kein Morgen.

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Makluba ist ein Reisgericht palästinensischen Ursprungs, das auch in Jordanien und Syrien gern gegessen wird. Es besteht den Komponenten Reis, Gemüse und Fleisch (oder Hülsenfrüchte in einer vegetarischen Variante). Ich kenne es klassisch mit Blumenkohl und Huhn oder Aubergine und Huhn. Haya Molcho präsentiert eine ganz eigene Variante mit Lamm und Kohl und verwendet erstaunlicherweise Rundkornreis. Das Foto kann nicht annähernd ausdrücken, wie gut das Ganze geschmeckt hat.

Kochbuch: NENI Tel Aviv. Food. People. Stories. | Haya Molcho und Söhne

Von dem herzhaften Auflauf war noch genau die passende Menge Kadayfi für etwas Süßes übrig: für die Pflaumen-Tarte Tatin werden halbierte Pflaumen in einer Karamellsauce in die Backform geben, darüber kommen als Boden die Teigfäden. Ein toller Nachtisch, auch wenn ich mich beim Aus-der-Form-Stürzen etwas doof angestellt habe.

Fazit:

Haya Molcho hat hier mehr als ein Kochbuch vorgelegt.  Das Buch ist ein kulinarischer Reiseführer durch Tel Aviv, erzählt von den Menschen dort und ihren Geschichten. Und auch die Rezepte sind einen zweiten Blick wert – sie sind originell und facettenreich. Es ist fürjeden Anlass etwas dabei, auch Vegetarierier werden fündig.

  • Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
  • Verlag: Brandstätter Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 371060091X
  • ISBN-13: 978-3710600913

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