Klingeling – der Nächste bitte!

In den letzten Monaten habe ich schon so oft mit den verschiedensten Menschen darüber gesprochen. Das sollten wir wirklich mal machen! Echt? Meinste wirklich? Das ist doch die peinlichste aller Peinlichkeiten! Also wurde die Idee immer wieder unauffällig unter diverse Teppiche gekehrt. Bis zu dem Abend, als Marlene und ich den Sekt öffneten. In lustig, angedüdelter Stimmung sprechen wir wie immer über Männer, und unsere fehlende Fähigkeit, angemessene Exemplare zu finden. In angedüdelter Stimmung kommen wir auch grundsätzlich auf die kuriosesten Ideen. Obwohl – die Ideen an sich haben wir wohl auch im nüchternen Zustand… nur nach ein paar Gläschen Sekt werden wir so unnormal spontan. Ich kippe den letzten Schluck meines Rosé-Proseccos runter und drücke auf “senden”. Wir sind angemeldet. Marlene und ich. Beim Speed-Dating. An diesem Abend finden wir es noch wahnsinnig spaßig. Danach schaffen wir es erfolgreich, den Gedanken daran zu verdrängen. Bis der Tag der Tage gekommen ist. Da bekommen wir plötzlich Schiss.

Tram-Fahrt to Hell

Marlene läuft noch verkatert vom Vorabend bei mir ein. Bock hat sie keinen. Ich auch nicht so richtig. Es ist sauwarm, ich klebe am ganzen Körper trotz mehrmaliger Dusche. Wir gönnen uns ein Gläschen Sekt (das scheint irgendwie die Lösung für alles zu sein) und beginnen, uns ausgehtauglich anzumalen. Was zieht man an zu so einem Event? Wenn ich wüsste wer da so alles anwesend ist, würde mir die Entscheidung leichter fallen. Ich entscheide mich, entgegen meiner üblichen Manier, gegen grau in grau. Die neuen neongelb-grau-gestreiften Pumps (fragt nicht…waren reduziert) werden aus dem Regal geholt. Lässige Jeans, tiefer Ausschnitt, auffällige Kette, rote Lippen. Aufgetakelt und mit altersbedingten Hitzewallungen sitzen wir schließlich in der Tram. Marlene will wieder heim, ich auch. Wir stellen uns vor, wie wir dort ankommen, und flüsternd danach fragen, wo es denn bitteschön zum Speed-Dating ginge. Wollen wir das wirklich? Wir entscheiden uns für die “Augen-zu-und-durch-Variante”. Wird schon nicht so schlimm werden.

Bitte geben sie sich an der Bar die Blöße

Im Münchner In-Café angekommen begrüßt uns ein überdimensional großes Schild: “Treffpunkt des Speed-Datings an der Bar. Bitte melden sie sich an und genießen ihren Bgrüßungs-Prosecco!” Ein Blick an die Bar zeigt: Ich werde nicht zu diesem gutaussehenden Barkeeper gehen und mich outen. Wir warten noch ein bisschen, bis sich andere die Blöße geben – wir feigen Hühner. Es ist auf eine Art und Weise bizarr, wie wir da stehen, und die Leute anglotzen. “Meinst du der macht da mit?” Zwei Frauen steuern auf die Bar zu – hübsch und sympathisch sehen sie aus. Mister Superbarkeeper grinst sie an und stellt ihnen zwei Gläser Prosecco hin. Kristina und ich atmen im selben Moment auf. Hier gehen tatsächlich normale Menschen hin. Weiß man ja vorher immer nicht so genau. Also gesellen wir uns dazu und stellen schnell fest, dass wir nicht die Einzigen sind, denen die Aktion peinlich ist. Schwestern im Geiste – hervorragend. Ein paar Minuten später sind alle neun Frauen versammelt. Wir sehen uns vorsichtig nach Prosecco trinkenden Männern um. Nummer eins ist gesichtet.

Erkennungszeichen: Prosecco

Am Tisch neben der Bar sitzt ein Mann mit Hut. Schwarzes Hemd, schwarze Hose, schwarze… ähm…oh…abgelatschte Turnschuhe, weiße Tennissocken. Die Runde schüttelt den Kopf und ich kann die Gedanken aller erraten. Wenigstens eine Sahneschnitte muss dabei sein… bitte bitte! Ich bekomme Angst, ausschließlich auf noch bei ihrer Mutter wohnenden IT Nerds, die in ihrer Freizeit Outdoor-Rollenspiele spielen zu treffen. Im selben Moment ermahne ich mich. Ich wollte das nicht mehr machen. Also höre ich auf nachzudenken und lasse meinen Blick schweifen. Ich entdecke einen Herrn im weißen Polo, typische Münchner Gel-Frisur. Er steht abseits und will wohl lieber nicht erkannt werden. Am Tisch daneben zwei weitere Kandidaten. Auch ohne Brille kann ich sehen, dass ich sie gut finde. Lustiger Weise stehen alle Männer am Rand, hinter Tischen und Säulen versteckt, während die Mädchen sich fröhlich das Blubberwasser hinter die Binde kippen. “Da fühlt man sich als Mann ja fast ein bisschen eingeschüchtert! Scheinen ja nur Frauen hier zu sein…” sagt der Mann im karierten Hemd, der unsere Runde sprengt. Der traut sich wenigstens, denke ich und proste ihm zu.

“Hallooooo Speed-Dater!” flötet es uns entgegen. Mann Mann Mann kann die nicht ein bisschen leiser sein? “Ich bin Annika, euer Dating-Engel und glaube wir sind so langsam vollzählig.” Auf einmal krabbeln aus allen Ecken die Männer hervor, die sich bis jetzt versteckt hatten. Annika erklärt uns den Ablauf der Veranstaltung und bittet uns, wenn wir so weit seien, ihr in den abgetrennten Raum, der für uns reserviert wurde, zu folgen. Ich sag’s mal so: Ich bin noch nicht so weit. Mister Superbarkeeper erkennt unsere ängstlichen Blicke und füllt die Gläser. “Geht aufs Haus” sagt er und zwinkert uns zu. Ich überlege kurz, einfach an der Bar bei ihm sitzen zu bleiben. Keine Chance. Ich werde mitgezerrt. Der Vorhang öffnet sich, das Abenteuer kann beginnen…

[Fortsetzung folgt...]

[... das wollte ich immer schon mal machen :-) ]

xoxo_Carrie_2

© olly – Fotolia.com


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