Versuchen wir einmal eine positive Vorstellung zu entwickeln: Zwischen den Verantwortlichen der Boxpromoter und einzelnen Punktrichtern gibt es ein tiefe Männerfreundschaft. Daher tauchen bestimmte Punktrichter immer wieder auf Veranstaltungen auf. Dann kann z.B. der technische Leiter eines deutschen Boxstalls zusammen mit seinem, sagen wir spanischen, Freund eine lange bierselige Nacht in einer Kneipe verbringen. Dort können sie dann über Gott, die Welt und über Frauen reden. Sie klopfen sich gegenseitig anerkennend auf die Schulter. Eben eine richtige Männerfreundschaft.
Weil nun der Verantwortliche eines Veranstalters dem Punktrichter eben so zugetan ist, sieht er auch darüber hinweg, dass dieser immer wieder katastrophal falsch punktet. Dieses großzügige Hinwegsehen wird ein wenig erleichtert durch die Tatsache, dass alle Fehlentscheidungen zufällig seinen Boxern zugute kommen. So jedenfalls mein positiver Erklärungsversuch.
Wenn man allerdings etwas weniger an die verbindende Kraft von klebrigen Männerfreundschaften glaubt, dann kommt man manchmal doch nicht so leicht umhin, einen eher umgekehrten Zusammenhang zu unterstellen. Dann sieht es nämlich so aus, als würden gerade diejenigen Punktrichter, die durch skandalöse Fehlentscheidungen den Boxern der heimischen Veranstalter Siege zuschanzten, immer und immer wieder hier auftauchen.
Wenn nun ein Veranstalter wirklich ehrliche Punkturteile haben wollte, würde er denn dann nicht dafür sorgen, dass bekannt parteiische Punktrichter nicht mehr auf seinen Veranstaltungen erscheinen? Aber das Gegenteil ist der Fall. Gerade die Punktrichter, die durch Fehlurteile schon aufgefallen sind, tauchen immer wieder auf. Da könnte man doch fast den Eindruck gewinnen, als ob gerade die Punktrichter immer wieder angefordert werden, die schon ihre Loyalität unter Beweis gestellt haben.
Aber vielleicht ist es ja nur eine echte Männerfreundschaft.
© Uwe Betker