Die ersten Fotos trudeln ein.
“Da ich die Größe eurer Postfächer nicht kenne, schicke ich sie nicht mit einer email, sondern nach und nach.”
Gut dass wir uns selten sehen.
Ich, der zänkisch-besserwisserische alte Mann würde sie wohl mit Sprache – “E-Mail” schreibt man wie “U-Bahn” oder “S-Bahn” – und einem Vortrag über die Neuerungen des Internets nerven. Inzwischen ist nämlich die “Größe der Postfächer” der User geringstes Problem (Witzig, dass ausgerechnet die mit Größe im Namen, hierüber stolpern).
Schließlich finde ich auch die notwendige Zeit, Fotos zu gucken. Darunter ein erster Grabstein. Name, Vorname – Geburtstag – Todestag – wie immer und überall. Gibt es eigentlich – frage ich mich nun – Vorschriften für den Text der Steine? Kann man sich was wünschen?
Ich zum Beispiel hätte gern als Text drei Einwortsätze:
“Starb. Ja! Und?”
A bisselwas zum Selberdenken.
Und – wennschon-dennschon – wünsche ich mir meinen Namen in kyrillischen Buchstaben. Plus Geburtsdatum, das aber nur[sic!], wenn ich besonders alt geworden sein sollte. Also erst bei einem Tod in den Jahren 2048 oder später. Davor – wenn jedermann so alt werden kann, wie ich wurde – isses witzlos.
Auch wünsche ich mir ein kleines unaufdringliches Schildchen aus Bronze:
“Nähere Informationen finden Sie unter asolf.wordpress.com.”
Besser wäre allerdings ein angebrachter QR-Code, damit die Leute noch auf dem Friedhof, gleich am Pad, lesen können, wie und wann der Alte starb. Und wenn ja – warum. Mit diversen Links auf die Wikipedia, weil schließlich nicht jeder Friedhofgänger die immer kompliziert werdende Sprache des Sonderlings kapiert.
Auf der Rückseite allem zum Trotz ein Slogan, wie:
“Angenehm anders – Andreas Solf”
(Wobei nur der mich gekannt hat, die Ironie versteht.)
Soviel zum Normalfall.
Bei Unfall hoffe ich auf Lenchens Fantasie – sie hat inzwischen alle Vollmacht.
“Er war oft ein guter Ehemann, manchmal ein guter Vater, aber definitiv ein schlechter Elektriker.”
So sitze ich zynisch und kann nicht anders.
* * *
UND DOCH werde ich schließlich beim Redigieren ernst.
Stelle fest:
Jede alternde Generation hat für bestimmte Lebensjahrzehnte gewisse Symbole, mit denen man sich gern identifiziert. Aus Enkelkinderfotoalben werden Grabsteine. Das Unvermeidliche tritt eisern ein.
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