Damit ihr so richtig warm werdet, zur Einstimmung ein kleines Youtube-Video:
So, das war Der gestiefelte Kater 3D. Oder nee, sollte der nicht animiert sein? Ist mit dem „Puss in Boots“ nicht dieser absolut niedliche Draufgänger aus den Shrek-Filmen gemeint? Hmm, da ist mir wohl ein Fehler unterlaufen. Man sollte halte nicht alles für wahr halten, was im Internet so kursiert.
Darum bin ich lieber ins Kino gegangen und habe mir den echten Gestiefelten Kater in hypersuperdupermega 3D gesehen. Und diese Euphorie über das 3D ist nicht mal gestellt!…
Es war einmal… eine kleine Miezekatze. Sie hatte keine Mama. Sie hatte keinen Papa. Sie hatte nicht einmal einen Namen. Der Wind trug sie durch die staubige Steppe Mexikos wie Moses einst auf dem Nil entlang in einem Binsenkörbchen und landete schließlich in einem Waisenhaus. Schnell wuchs die kleine Miezekatze heran und wurde fortan „Kater“ genannt. Und auch wenn sie ab und an auf die schiefe Bahn geriet, so war diese kleine Miezekatze doch in ihrem Innersten nur das eine: ein Held. Eine Legende!
Shrek – Der tollkühne Held ist ein gigantischer Film. Dreamworks erschuf mit dem grünen Oger, der schönen Prinzessin und dem zotteligen Esel nahezu einzigartige Filmfiguren. Und dank der vielen Hommages an große Hollywoodblockbuster wie beispielsweise The Matrix war der Film nicht nur für die Kleinen ein Genuß. Dann kam allerdings bereits Shrek 2, die Ogerfamilie wuchs und wuchs, die Filmreihe verlief sich dann letztlich mit dem harmlosen Für immer Shrek mit dem vierten Teil im Sand und nie erreichte man die Brillianz des Erstlings. Zugegeben, dies passiert mit den meisten Franchises. Einziger Glanzpunkt der drei Filme war diese eine Figur. Dieser Kater, der meisterhaft mit dem Degen umging, jedes Miezenherz im Sturm eroberte und nahezu hypnotisch süße Augen besaß. Die Rede ist vom Puss in Boots, allgemein bekannt als Der gestiefelte Kater. Auch wenn dieser Kater wenig mit der Märchenvorlage gemein hatte, sondern eher ein Zorro für die Muschis und Minkas von Far Far Away war.
3D ist der lästige Bandwurm der Filmindustrie, der sich durch mittlerweile jeden zweiten Blockbuster frisst. Zur reinen Geldmaschine werden Filme meist schlecht konvertiert, anstatt von vornherein gedreht zu werden und Animationsfilme werden direkt konvertiert, mal schlecht, mal schlechter.
Gott sei dank ist aber Der gestiefelte Kater 3D seinen Aufpreis wert! Und das ist auch nicht bei jedem Animationsfilm der Fall. Zwar sticht euch der Degen nicht in die Plastikbrille, aber der räumliche Effekt ist wirklich gut gelungen. Der Raum hinter der Leinwand wird fabelhaft ausgenutzt. Und wenn dann das Gesicht des Katers in Nahaufnahme gezeigt wird, jedes Schnurrbarthaar und jede einzelne Wimper so detailverliebt entgegenschönt, will man diesen Kater einfach knuddeln. Technisch steht Der gestiefelte Kater seinem Ursprung, den Shrek-Filmen, in Nichts nach. Abgesehen von der Action, die ab und an ein wenig hektisch wird und somit gerade wegen dem 3D-Effekt unerträglich anstrengend wirkt, ist der Film fabelhaft gestaltet und inszeniert.
Mayday, mayday, Abbruch initialisiert…Folgeschäden könnten ungeahnte Ausmaße annehmen… Countdown läuft zum Abbruchvorgang…zehn…neun… acht…Abbruch abgebrochen…Fortsetzung der Kritik eingeläutet.
Verzeiht mir diesen kleinen Spass, aber am liebsten würde ich nun aufstehen und aus dem Zimmer rennen. Denn eigentlich will ich dem Film nichts Böses, leider kann und muss man ihn in sehr vielen Stellen hart rannehmen. Und das will ich nicht. Denn Der gestiefelte Kater schaut so süß!!!
Ruft euch noch einmal die kleine Youtube-Compilation von Beginn dieser Kritik ins Gedächtnis. Erinnert ihr euch an die Katze, die das Licht jagt? An die Miezen, die scheinbar tanzen und ihre Pfoten gegeneinander reiben? Ja ja, solchen Kittycontent findet man in Massen auf den Videoportalen des World Wide Webs. Und leider wurde Der gestiefelte Kater 3D nichts weiter als eine Aneinanderreihung solcher Katzenklischees. Das mag süß und knuffig wirken und manchmal aufheitern, aber wirklich Freude hat man daran doch nur, wenn diese Katze auch real ist, oder?
Der Plot von Dreamworks neuster Kreation passt groß geschrieben auf einen Bierdeckel. Und er ist unfassbar überraschungsarm. Jegliche Handlung der zweiten Hälfte lässt sich bereits in der ersten voraussehen. Manche Dialoge triefen dann zusätzlich vor soviel Kitsch, dass man meinen könnte, das Drehbuch stamme aus dem Setzbaukasten für Dramaturgie-Laien. Leider verspielt sich damit Der gestiefelte Kater genau diese Erwachsenheit, die den ersten Shrek ausgezeichnet hat. Und der Kater ist eindeutig die interessanteste Figur des gesamten Franchises gewesen! Sehr schade, mehr als Kinderfilm ist es dann nicht geworden. Dabei kann Dreamworks auch älteren Zuschauern etwas bieten (u.a. erwähnter Shrek, aber vor allem Drachenzähmen leicht gemacht).
Ich bin eigentlich ein ziemlich toleranter Mensch, wenn es bei Filmen um das Verzeihen von offensichtlichen Schwächen geht. Eben erst sah ich erstmals Sucker Punch und der Film ist so abgrundtief schlecht, wenn ein Schauspieler das Maul aufmacht, aber dann wieder so abgrundtief genial, wenn die Actionkeule ausgepackt wird. Daher finde ich den Film trotz cineastischer Foltermethoden recht unterhaltsam. Aber Der gestiefelte Kater, der auch teilweise recht unterhaltsam ist, verbaut sich mit einem einzigen Element jede positive Erinnerung bei mir. Ich spreche von Humptey Alexander Dumptey. Oder wie ich ihn nenne: das größte Hassobjekt in meiner persönlichen Filmgeschichte!
Ich kann ja wirklich jede Figur in einem Animationsfilm ab. Selbst die gelben Minions aus Ich – Einfach unverbesserlich versprühten doch einen gewissen Charme. Animationsfilme sind dazu da, uns unvorstellbares zu zeigen. Aber dieser…dieser…dieses EI ist einfach scheiße!
In jeder Szene, in der dieses Etwas über die Leinwand huschte, wollte ich am liebsten Rührei zubereiten. Und leider besitzt diese Figur auch noch eine Schlüsselrolle. Wäre die Figur, was sie ist, einfach nur sehr schlecht geschrieben, kann ich drüber hinwegsehen, aber das Ei ist eine Qual für Augen, Ohren und Herz. Hier sieht man wohl das ultimative Beispiel dafür, wenn das Uncanny Valley wirklich uncanny wird…
Selten ist ein Film so einwandfrei gemacht, selten hat aber auch ein einziger Charakter alles auf den Boden geklatscht. Der gestiefelte Kater ist per se kein Durchfall im Animationsbuisness, auch wenn jede Menge Potenzial leichtfertig verschenkt wurde. Doch was zur Hölle haben sich die Macher bei dem Ei gedacht? Vielleicht können wenigstens Kinder diesem Ding etwas Positives abgewinnen. Ich kann es nicht. Und es zieht für mich den Film herunter. Ich mag das Ei nicht nur nicht, ich hasse es regelrecht. Da kann auch die zuckersüße Mieze mit dem Federhut nichts rausreißen.