Kinderwunsch: Behandlung geheim halten – oder nicht?

Letztlich twitterte Helge vom Vaterwunsch-Blog einen Link zu diesem Artikel – anbei die Frage:

“Schützen wir mit der Geheimhaltung von Kinderwunschbehandlungen uns selber,
oder andere?”

Die Antwort ist relativ simpel: Als Frau schützt man in den meisten Fällen erst einmal seinen Job. Das war mir als Selbständiger gar nicht so klar (über Panikattacken zum Thema “Scheisse wenn es diesen Zyklus klappt falle ich DAS GANZE WEIHNACHTSGESCHÄFT aus!” sprechen wir ein anderes Mal. Vielleicht.) – auch wenn meine Auftraggeberinnen sich auf mich verlassen können sollen, so sind sie ja nicht dauerhaft fest an mich mit einer Festanstellung gebunden.

Leider ist der Arbeitsmarkt immer noch nicht so richtig gut auf kinderhabende Menschen eingestellt, und so kann ich ziemlich gut verstehen, dass die meisten Frauen Ihre Familienplanung geheim halten, damit der Arbeitgeber nicht doch durch Zufall davon Wind bekommt und sich einen guten Grund sucht, vorab schonmal die Kündigung auszusprechen.

Aber es gibt auch einen anderen, sehr guten Grund, Fortpflanzungsbemühungen für sich zu behalten.

Menschen.

Wir sind ja noch nicht lange “dabei”, bei dieser ganzen Kinderwunsch-Sache. Aber ein paar “schöne” Geschichten habe ich schon gesammelt – es geht von kleinen, unbedachten Äußerungen über große, unbedachte Äußerungen, bis hin zu echten What the fucking fuck Momenten.

Da gibt es zum Beispiel die: “Mein Kind ist ein halbes Jahr alt, und ich weiß jetzt alles” Fraktion, die leider auch die
“Melde Dich, aber bitte erst wenn Du schwanger bist, vorher kann ich mit Dir nichts anfangen” Fraktion ist.
Hier zwei Beispiele, die ich zum Teil eingekürzt und anonymisiert habe, weil ich hier niemanden persönlich in die Pfanne hauen will.
Chat über KinderwunschChat über Kinderwunsch Chat über Kinderwunsch

Ich freue mich wirklich für Menschen, die nicht durch den anstrengenden und langwierigen Prozess von Kinderwunsc-Behandlungen gehen müssen. Aber: Ihr habt KEINE AHNUNG. “Kann erstaunlich schnell gehen” – Menschen haben keine Ahnung, wieviel Scheiße man so durchmacht, wieviele Medikamente man nehmen muss, und dass man, sofern man nicht einen Kryo-Spontanzyklus macht, täglich 3 bis 4 Mal daran erinnert wird, dass man gerade versucht, ein Kind zu produzieren.
Und:  jemandem, der sich seit Jahren mit dem Wunsch nach Kindern durch’s Leben bewegt, Tipps anzubieten, ist mehr als Bullshit.

Ich habe schon gewusst, welches Beistellbettchen ich will, bevor Ihr auch nur im Traum daran gedacht habt, die Pille abzusetzen.

Ich weiß, dass ich keine Spucktücher von Aiden&Anais brauche, aber welche will. Ich weiß, dass ich stillen will, und ich weiß, dass ich bereit bin dafür auch nochmal Geld auszugeben, für eine Laktationsberaterin, wenn es nötig sein sollte.
Ich weiß, dass ich Stoffwindeln will, es aber durchaus möglich ist, dass ich es wieder aufgebe – oder vielleicht auch nicht.
Ich weiß, dass ich mittlerweile der Idee einer Klinik-Geburt (mit Beleg-Hebamme, falls ich denn eine bekomme) gar nicht mehr so schlecht finde, und eine PDA auch nicht mehr vollständig ablehne.
Ich weiß, dass ich lieber tragen will als schieben.
Ich weiß, dass wir vermutlich einen Autositz brauchen werden, obwohl wir kein Auto haben.
Ich weiß, dass ich rosa und hellblau schrecklich finde, und ich weiß, dass ich zum Nähmutti-Monster werde. Sabberlätzchen kann ich schon.

Diese Aussagen sind das Stichwort für die überheblich, besserwissend lächelnde “Kommt eh alles anders als Du denkst” Fraktion. Euch hab ich gefressen. Geht und legt Euch gehackt, mit Euch spiel ich nicht. Ihr dürft das denken. Aber sagt es einfach nicht.

Kommen wir zu den unbedachten, mittelbeschissenen Äußerungen. Das sind die, die einen nicht nur ein, zwei Tage beschäftigen, sondern mehrere Wochen.

Geschichte ist folgende: Mein Mann hat einen Cousin. Und dieser Cousin hat letztes Jahr geheiratet, und nun ein Kind bekommen, also seine Frau, aber egal. Und nun bekam mein Mann von seinem Vater eine Mail. Mit Babyfotos des Cousin-Babys und der Anmerkung “Zur Nachahmung empfohlen.”.
Ja, mein Schwiegervater weiß über die Problematik bezüglich unseres Kinderwunschs Bescheid. Die Gründe für unsere Kinderlosigkeit, wie schwierig es ist, und so weiter. Ich wollte daraus kein Geheimnis machen, weil ich die Hoffnung hatte, dass die Nachfragen ausbleiben, bzw. die Anmerkungen a la “Ihr lasst Euch ja auch alles so viel Zeit”.

Was genau soll so eine Mail bewirken? Ist es eine Art digitaler Fruchtbarkeitstanz, von dem wir nichts wissen?

Für mich fühlte sich das Ganze so an wie… Ich habe diese Cousine, sie ist nicht nur sehr schön, sondern auch gut in Mathe, und ich hab sie sehr gern. Aber sie war immer gut in Mathe. Und hatte gute Zeugnisse. Und beim sommerlichen Zeugnisvorzeigen beim Großvater hatte sie immer ein besseres Zeugnis. Sie war nie überheblich oder hat eine große Sache daraus gemacht, aber sie wurde von unserem Großvater herausgestellt. So ein TOLLES ZEUGNIS! Und ich stand da und dachte, tja, ich bin halt nicht so gut. Irgendwann habe ich dann aufgegeben. Daran trägt sie keine Schuld, und mein Großvater nur ein bisschen, aber irgendwann hat man keine Lust mehr.

Der größte Hammer war jedoch meine ehemalige Zahnarztpraxis. Ich hatte einer der Zahnärztinnen von unserem Kinderwunsch erzählt, um eventuelle Behandlungen besser planen zu können. Natürlich weiß ich, dass solche Informationen auch in die Akte geschrieben werden. Dass mich jedoch eine Mitarbeiterin anruft, die gerade eine Nachfass-Liste abtelefoniert, und mich fragt, ob ich denn nun schwanger sei, ziemlich genau mitten zwischen zwei nicht erfolgreichen Kryo-Versuchen… das war dann zu viel.
Nicht unbedingt die Frage an sich, aber doch, irgendwie doch. Und auch die Art – die ganze Frage wirkte in dem Moment auf mich, als würde auch von dieser Seite nun eine Erwartung kommen, Leistungsdruck auf unsere Fertilität ausgeübt.

Und es ist ja nicht so, als würden wir uns nicht “anstrengen”.

So wird der eigene Kinderwunsch zum Leistungsmerkmal. Und ich kann meine Schwiegereltern nicht treffen und keinen Alkohol trinken, ohne dass ein neugieriger Seitenblick kommt. Aber ehrlich gesagt, solange ich nicht gerade in der 2-Week-Wait bin, trinke ich eher mal Alkohol. Das macht alles leichter zu ertragen, und ja, ich finde das bedenklich. Aber es scheint nicht so unüblich zu sein, dass Menschen mit Kinderwunsch-Problematik gerne mal mehr trinken als üblich.

Bis zu diesem Punkt habe ich diesen Artikel bereits einige Wochen liegen gelassen, und nun, als ich ihn fertig schreiben will, merke ich, dass alles im Chaos endet und ich irgendwie keinen Griff drankriege. Aber vielleicht ist das die Antwort auf die Frage, und sie ist so individuell wie jeder Mensch und jedes Paar.
Ich denke, bei allen Erlebnissen die wir bislang hatten, war es für uns die richtige Entscheidung, damit offen umzugehen. Bis heute merke ich, dass vielen Außenstehenden trotz Interesse völlig die Vorstellung fehlt, wie das alles funktioniert. Aber ich wüsste nicht, warum man diese Außenstehenden vor der Realität schützen sollte. Jeder ist für sich selbst und seinen eigenen Schutz und Abgrenzung verantwortlich. Wer mit unserem Problem nicht umgehen kann, hat eben auch keinen Platz in unserem Leben. Unser Kinderwunsch, die damit verbundenen Hürden und Schmerzen sind ein Teil von uns.

Ebenso, wie wir derzeit oft dasitzen und feststellen, wie glücklich wir trotz allem sind.


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