Kinderopfer der Inka starben stark betäubt Die Mumie der einst 14-jährigen "Anden-Jungfrau". | Copyright/Quelle: maam.gob.ar Bradford (England)
Bis heute künden die erstaunlich gut erhaltenen Mumien dreier Kinder von Opferritualen durch die Inka. Eine Untersuchung der Mumien hat nun gezeigt, dass die Kinder schon lange Zeit mit Alkohol und Coca betäubt und so offenbar auf Ihren Opfertod, den die lebendig eingemauerten Kinder durch Erfrieren erlitten, "vorbereitet" wurden. Wie das internationale Forscherteam um Andrew Wilson von der University of Bradford aktuell im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciecnes" (PNAS, DOI: 10.1073/pnas.1305117110) berichtet, ergeht der positive Drogenbefund aus Haaranalysen der Mumien, die heute in Kältelammern im "Museum of High Altitude Archaeology" (MAAM, maam.gob.ar) zu sehen sind.
Während in vielen frühen Andenkulturen rituelle Menschenopfer verbreitet waren, so erläutern die Forscher, hatten die Inka diese Handlungen geradezu perfektioniert und institutionalisiert. So mussten unterworfene Stämme den Siegern beispielsweise Kinder aushändigen, die zunächst gehegt und gepflegt, dann jedoch den Göttern geopfert wurden. Angeblich, so berichten spanische Missionare, sollen die Eltern der Opferkinder keine Trauer empfunden haben - galt es doch sogar als Ehre als Opfer auserwählt zu werden. Während noch heute die gemachten Funde der Kindermumien von diesen Praktiken künden, beginnen Archäologen erst jetzt nach und nach die Hintergründe dieser Rituale zu verstehen. Entdeckt wurden die nun untersuchten drei Kindermumien 1999 in Schreinen in der Nähe des Gipfels des Llullaillaco, eines Andenvulkans in rund 6.740 Metern Höhe.
Besonders ein zum Zeitpunkt seines Todes 13 Jahre altes Mädchen, die sogenannte "Jungfrau" (La Doncella) wurde durch die eisige Höhenluft 500 Jahre lang geradezu lebensecht konserviert. Da die Kinder jedoch keine äußeren Wunden aufweisen, gingen Wissenschaftler bereits zuvor davon aus, dass sie nicht aktiv gewaltsam zu Tode starben. Auch die geradezu entspannt erscheinende Sitzposition des Mädchens spreche gegen einen gewaltsamen Tod - nicht zuletzt, da auch die sorgfältig um das Kind herum platzierten Keramikschalen als auch ihr Kopfschmuck aus Federn unberührt schienen. Einen ersten Hinweis darauf, dass die Opfer durch Naturdrogen betäubt und in diesem Zustand in ihr eisigen Grab gesetzt wurden, fand sich schon im Mund der Mumien: Eine Rolle aus Coca-Blättern. Eine weitere Analyse anhand der bestens erhaltenen Haare der Kindermumien bestätigte diese Vermutung und offenbarte, dass alle drei sowohl zum Zeitpunkt ihres Todes als auch schon seit drei Monaten zuvor unter dem fortwährenden Einfluss von Alkohol und Kokain, dem Hauptwirkstoff der Coca-Blätter, standen.
Schon zuvor war bekannt, dass die bewußtseinveränderten Drogen Zustände herbeiführten, die den Inka als heilig galten. Gerade die "Inka-Jungfrau" wurde in den letzten Wochen ihres Lebens offenbar mit besonders viel Alkohol in diese Zustände verbracht oder - wie die Forscher auch vermuten - schlichtweg gefügig gemacht. ...wie im Schlaf: Nahaufnahme von "La Doncella". | Copyright/Quelle: maam.gob.ar Durch das besonders lange Haar der "Jungfrau" war es den Wissenschaftler zudem möglich, die letzten beiden Jahre vor ihrem Tod ernährungs- und drogenmäßig zu rekonstruieren. Aus einem plötzlichen Anstieg einer wahrscheinlich maishaltigen besonders nährstoffreichen Nahrung, schließen die Forscher, dass das Mädchen offenbar bereits ein Jahr zuvor als Opfer auserwählt worden war. Ab diesem Zeitpunkt lasse sich auch ein von nun an stets ansteigender Konsum von Alkohol und Coca nachweisen. Beide Mädchen und der Junge waren, da sind sich die Forscher sicher, stark betäubt, als sie in ihren Steinschreinen lebendig eingemauert wurden - weswegen es auch keine Hinweise darauf gibt, dass sich die Kinder gegen dieses Vorgehen gewährt hätten. Während der Alkohol zum einen das Kälteempfinden der Kinder reduziert haben könnte, hat er wahrscheinlich zugleich aber auch das Auskühlen des Körpers und das Absinken der Körperkerntemperatur beschleunigt. Bei den vor Ort herrschenden Minustemperaturen sind die Kinder dann wahrscheinlich erfroren, noch bevor sie wieder zu sich kamen, vermuten die Forscher abschließend.
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