Nicht nur Norweger und Japaner halten sich nicht an das 1986 von der Internationalen Walfangkommission verhängte Walfangverbot, sondern auch Teile der Tierwelt verstoßen offenbar fortgesetzt gegen internationale Verträge. Wie so oft zahlen am Ende die Schwächsten der Schwachen die blutige Zeche für das Versagen der weltweiten Kontrollmechanismen. Nachdem Grauwalweibchen mit ihren Jungen eine bis zu 10.000 Kilometer lange, mühsame Wanderung den Pazifik hinauf bis in den Golf von Alaska zurückgelegt haben, warten dort nicht die fischreichen Gewässer der Beringsee. Sondern auch geheime Killerwal-Kommandos auf Mordmission.
Die sogenannten Orcas, vor einigen Jahren durch den putzigen Film "Free Willy" zum Liebling aller Kinder geworden, lauern in bösester Absicht auf die arglosen Riesen. Sie greifen in Rudeln an, trennen die Jungen von den Müttern, attackieren besonders verletzliche Körperstellen wie die Zunge, hindern die Beute am Luftholen. Forscher schätzen, dass ein Drittel aller jungen Grauwale in Orca-Mägen landet, noch bevor ein japanisches oder norwegisches Walfangschiff überhaupt Kurs auf die Fanggründe im Norden genommen hat.
Derzeit leiden die Grauwale am meisten unter den Nachstellungen: Sie haben keine Zähne, sondern Barten, wehren sich mit Flossenschlägen oder flüchten in seichte Gewässer. Zwar sterben bei den Angriffen längst nicht alle Tiere, aber überlebt auch die Population? Wie bei den Deutschen hängt alles an der Reproduktionsquote: Sinkt die wie zuletzt, sinkt die derzeit bei rund 19.000 liegende Zahl der Grauwale trotz Walfangverbotes. Die Grauwale wären dann die zweiten Opfer der vom Walfangverbot ebenso geschützten Orcas: Das Verschwinden der Hälfte aller Königspinguine in den 70er Jahren wird bis heute dem Hunger der Killerwale zugeschrieben.