Liebe Leserin, lieber Leser,
Als Kind hatte ich ein wundervolles Kaleidoskop. Heute ist dieses hübsche Spiel durch den Fernseher abgelöst worden, aber das Programm im Kaleidoskop war besser, und jedes mal anders. Es ist eine dreieckige Röhre aus drei zusammengeklebten, länglichen Spiegeln. Darin hat es ein paar bunte Perlen und bei jeder Drehung entsteht ein neues Muster.
Der Spiegel ist seit Urzeiten ein zauberhaftes Objekt. Es ist gut, beim Blick in den Badezimmerspiegel immer wieder mal daran zu denken:
Das erkennen des eigenen Spiegelbildes gilt als Zeichen der Intelligenz und des Abstraktionsvermögens. Das scheint mir allerdings nicht ganz objektiv, denn bei uns übt man das zwangsläufig von klein auf, weil die ganze Wohnung voller Spiegel/Spiegelflächen hängt. In unserem Dorf in Nepal war das ganz anders: niemand besaß einen Spiegel der grösser war als 5x5cm. So kam es, dass sich viele Leute (vor allem Frauen, die nie weg kamen) nicht auf Anhieb auf einer Fotografie erkannten, einfach weil sie noch nicht so genau wussten, wie sie selber, im Unterschied zu den Anderen, aussahen. Wenn sie gemeinsam ein Gruppenfoto betrachteten, zeigten sie sich gegenseitig, welches der Andere ist.
Die meisten Tiere erkennen sich nicht im Spiegel. Schimpansen können es lernen, wenn sie mit einem Spiegel trainiert wurden. Wenn man ihnen dann einen Punkt auf die Stirn macht, und sie gucken in den Spiegel, rubbeln sie den Punkt Weg – sie merken also, dass das Spiegelbild sie selber darstellt. Übrigens auch Krähen!
Wir Menschen haben nicht nur die Fähigkeit, uns im Spiegel zu erkennen, sondern auch den Wunsch dazu. Bereits die Ägypter hatten kleine Spiegel aus poliertem Metall, bei den Römern gab es dann Spiegel mit Glasflächen und im Mittelalter konnte man recht gute Spiegel erstellen mit Quecksilber hinter Glas. Aber einen kleinen Spiegel zu besitzen war noch bis in die Neuzeit ein sehr kostspieliger Luxus.
In den Märchen hat der Spiegel oft eine Zauberfunktion. Man konnte ihn Befragen, wie beim Schneewittchen, wo der Spiegel sagen konnte, wer der schönste im ganzen Land sei. Ein Spiegel mit einem verzerrten Bild ist die Glaskugel, welche von den Wahrsagern benutzt wird.
Im Zen Buddhismus gilt der Spiegel als Metapher für den (erleuchteten) Geist. Er Spiegelt die Welt wie sie ist, und nicht so, wie man denkt, dass sie sei. Laut den Zen Geschichten ist der Spiegel aber bei Dir und mir staubig. Wir sind zwar erleuchtet, aber wegen dem vielen Staub kriegen wir es nicht einmal selber mit.
Zum Wort Spiegel (span.espejo, ital. specchio): der kommt von lateinisch specere=sehen, damit verwandt sind Worte wie Spektrum, Respekt oder spähen
Das Englische Wort mirror (frz. miroir) kommt von lat. mirare =bewundern, verehren, wundern, damit verwandt sind miracle=Wunder, mirador=Aussichtspunkt , admirar=bewundern, (der Seeoffizier “Admiral” kommt aber von arabisch Emir)
Zum Schluss ein schönes Rätsel, über das sich schon grosse Physiker den Kopf zerbrochen haben:
Der Spiegel zeigt alles spiegelverkehrt, nicht wahr? Er vertauscht also links mit rechts. Warum vertauscht er aber nicht oben und unten? Auch nicht wenn wir ihn drehen? Oder wenn wir uns drehen? Auch der runde Spiegel nicht…
BILD oben:
Wer sagt ICH? / 30cm x 40cm / Runder Spiegel und diverse Kartonteile, Acryl auf Hartpavatex / 2006 / Nr.06-099
Natürlich freue ich mich immer besonders fest über das Teilen, aber
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