Der „Klodeckel des Tages“ geht diesmal an die Bürger von Los Angeles, die mehrheitlich für ein Gesetz zur Einführung einer Kondompflicht bei Pornodrehs gestimmt haben. Künftig dürfte damit die bisher so gut geschmierte Pornomaschine, die ihr Zentrum im kalifornischen San Fernando Valley hat, deutlich weniger umsetzen als die derzeit rund 1 Milliarde US-Dollar pro Jahr. Produzenten und Darsteller haben schwer zu schlucken am Erfolg einer Initiative von AIDS-Aktivisten, die zum Schutz vor ansteckenden Geschlechtskrankheiten das Gesetz auf den Weg gebracht hatten. Und auch die Konsumenten wird der Lümmeltüten-Anblick kaum erregen. Zwar ist es richtig, schlechte Vorbilder vom Bildschirm zu verbannen, doch dürfte der Zuschauerkreis der Sexfilmchen wohl kaum mit dem des Sonntagskrimis zu vergleichen sein. Wo der rauchende Kommissar längst der Political Correctness zum Opfer gefallen ist, dürfte der zur Schau gestellte Sex ohne Gummi zwar die Phantasie anregen, doch kaum dazu führen, dass die Geschlechter daraufhin scharenweise ohne Kondome übereinander herfallen. Zu tief ist gottlob nach 30 Jahren der AIDS-Aufklärung das Bewusstsein über die Gefahren ungeschützten Geschlechtsverkehrs verankert. Die Aktivisten betonen jedoch vor allem das Risiko, die Mitwirkenden der Animierfilme könnten sexuell übertragbare Krankheiten auch im richtigen Leben verbreiten. Mit der gleichen Begründung müsste man folgerichtig dann aber alle Bürger mit einer Kondompflicht belegen. Dass Pornodarsteller eine besondere Gefahr für die Allgemeinheit sind, nur weil sie sich beruflich bedingt im sexuellen Dauerfeuer befinden, taugt als Begründung nicht, wenn man sich die strengen Gesundheitsbestimmungen der Branche vor Augen hält. Alle vier Wochen wird beispielsweise ein HIV-Test angeordnet, und auch auf weniger dramatische Infektionen wird regelmäßig getestet. Zwar ist der Hinweis auf diagnostische Lücken berechtigt, doch kommt Otto-Normalverbraucher im gesamten Leben nicht auf so viele Blutkontrollen wie eine durchschnittliche Porno-Aktrice in einem Jahr. Es gibt also wohl kaum eine Gruppe innerhalb der Bevölkerung, die bewusster mit der Frage sexuell übertragbarer Krankheiten umgeht – schon aus beruflichem Eigeninteresse. Mit dem Gesetz hat das prüde Amerika seinem Ruf einmal mehr alle Ehre gemacht – und der klamme Staat Kalifornien muss zusehen, wie eine milliardenschwere Industrie abwandert. Schon im Nachbarstaat Nevada, für amerikanische Verhältnisse nur einen Steinwurf entfernt, erhalten die Darsteller ungehinderten gegenseitigen Zugang zu ihren Geschlechtsorganen. Und wenn auch dort die Moralpolizei einmarschiert, zieht die Karawane eben weiter. Die übereifrigen Aktivisten haben es sicher gut gemeint, vielleicht hätten sie ihren Ehrgeiz aber eher auf eine Kondompflicht für jene Bevölkerungsgruppen verwenden sollen, die unentwegt Kinder in die Welt setzen, ohne jemals für sie sorgen zu können. Das wäre tatsächlich mal ein Dienst an der Gesellschaft.
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