OVG-Muenster (Foto von der Webseite)
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat gestern in einem Eilbeschluss bestätigt: eine katholische Grundschule in Paderborn “darf die Schulaufnahme eines muslimischen Schulanfängers ablehnen, weil seine Eltern die Teilnahme am katholischen Religionsunterricht und an Schulgottesdiensten verweigern”.In einer Pressemitteilung des OVG zu dem Beschluss wird erklärt, dass die Schulleitung einer katholischen Bekenntnisschule “die Aufnahme eines bekenntnisfremden Schülers von einer ausdrücklichen Einverständniserklärung seiner Eltern mit der Teilnahme am Religionsunterricht und an den Schulgottesdienstes dieses Bekenntnisses abhängig machen darf.”
Einwände derart, dass an der betroffenen katholischen Bonifatius-Grundschule in Paderborn ohnehin 60 Prozent der Schüler nicht-katholisch sind, viele Schüler zudem nicht am Religionsunterricht teilnehmen und dass auch die (ältere) Schwester des betroffenen Schulanfängers vom Religionsunterricht befreit ist, ließ das Oberverwaltungsgericht nicht gelten, sondern stellte allein auf den formalen Charakter der Grundschule als Bekenntnisschule ab.
Als unerheblich bewertete das OVG auch, dass der Schulanfänger jetzt gezwungen ist, eine weiter entfernte Gemeinschaftsgrundschule zu besuchen, wozu eine Busfahrt erforderlich ist, während die katholische Grundschule in der Straße gelegen ist, in der er wohnt. Auf die Erörterungen möglicher Folgen eines “Bekenntnisschwundes”, wie sie noch das Verwaltungsgericht Minden in der Vorinstanz vorgenommen hatte, ließ sich das Gericht gar nicht erst ein.
Als entscheidend sah das OVG an, dass es sich bei der katholischen Grundschule um eine gesetzlich zulässige Bekenntnisschule handele, die ihren Charakter auch nicht “durch einen signifikanten Rückgang bekenntnisangehöriger Schüler“ verliere. Erforderlich sei „eine förmliche Änderung der Schulart durch entsprechenden Ratsbeschluss des kommunalen Schulträgers.”
Mit dem unanfechtbaren OVG-Beschluss steht eines fest: die Verantwortung für einen derartigen Zustand liegt allein bei der Kommunalpolitik in Minden und bei der Landespolitik in NRW.
Bekenntnisschulen: Öffentliche Schulen mit Bekenntnischarakter
Bekenntnisschulen existieren in der Bundesrepublik nur noch in Nordhrein-Westfalen und einem kleinen Teil von Niedersachsen. In allen anderen Bundesländern, sind sie bereits vor Jahrzehnten (unabhängig von der politischen Zusammensetzung der Landesregierung) – in Bayern im Jahre 1968 – abgeschafft worden. In Nordrhein-Westfalen sind aktuell etwa ein Viertel der öffentlichen Grundschulen Bekenntnisschulen, davon 90 % katholische; bei den etwa 600 öffentlichen Hauptschulen sind 44 katholische und fünf evangelische Bekenntnisschulen. Bekenntnisschulen in NRW sind – was weithin nicht bekannt ist – keine Privatschulen, sondern öffentliche Schulen in kommunaler Trägerschaft, finanziert zu 100 Prozent aus öffentlichen Mitteln. In Paderborn sind von insgesamt 24 Grundschulen vierzehn katholische Bekenntnisgrundschulen.
Erzbistum Paderborn: Besonderes Profil gewünscht
Für diese Grundschulen gilt, wie das Erzbistum Paderborn betont: “Ein besonderes Profil gewinnen katholische Grundschulen durch die Feier kirchlicher Feste, durch die Pflege katholischer Bräuche, durch Schulgebet und Gottesdienste. Sie möchten in der Schule religiöse Gemeinschaftserfahrungen verwirklichen, auch die wechselseitigen Kontakte zur Pfarrgemeinde.” Diese Rituale werden allerdings neuerdings verstärkt praktiziert ohne jede Rücksichtnahme auf die Konfessionszugehörigkeit der Schüler und ohne Rücksichtnahme auf die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit. Offenbar werden von katholischer Seite die Zügel angezogen und gesellschaftlicher Unfriede in Kauf genommen. Auf die Belange der Schüler etwa nach wohnungsnahem Schulbesuch wird keine Rücksicht genommen.
Änderungen dringend erforderlich
Ein unhaltbarer Zustand. Der Unmut bei Schülern und Eltern in Paderborn wächst seit Monaten. Änderung steht an. Den Weg hierzu hat das Verwaltungsgericht Minden gewiesen: in seiner Entscheidung aus dem August hat es als “vorrangige politische Aufgabe” bezeichnet, “die rechtlichen Rahmenbedingungen an gesellschaftliche Veränderungen anzupassen.” Eine Pflicht zur Einrichtung öffentlicher Bekenntnisschule habe der Landesgesetzgeber nicht, er könne “auch vorrangig Gemeinschaftsschulen anbieten.”