„Kaufmann des Todes“ Sir Basil Zaharoff – „Mr. Zetzet“ oder auch „Verkäufer des Todes“

Sir Basil Zaharoff Kaufleute des Todes — eine Bezeichnung, die für Sir Basil Zaharoff und seine Agenten geprägt wurde. Zaharoff war wohl der skrupelloseste Waffenhändler aller Zeiten. Kaum einer der zahllosen Kriege, die um die Jahrhundertwende in allen Teilen der Welt ausbrachen, an denen er nicht verdient hätte. Störte ein zu langer Frieden das Geschäft, so half Zaharoff durch gezielte Provokation und Falschmeldungen nach.

Sein Motto: „Ich mache Krieg, um an beide Seiten Kanonen zu verkaufen“
Mit diesem „Hausierer des Todes“ und Waffenhändler Sir Basil Zaharoff wollen wir uns heute näher beschäftigen. In seinem Buch mit dem Titel „Peddler of Death“ („Hausierer des Todes“) hat der englische Historiker Donald McCormick, den Versuch unternommen, „Leben und Zeiten des Sir Basil Zaharoff“ zu rekonstruieren.
Ausgangspunkt der Waffenschieberei war ein Job als Schlepper im Rotlicht-Bezirk von Konstantinopel. Zaharoff war auf dem Höhepunkt seiner Karriere Mitglied in 300 Aufsichtsräten, er besaß mehrere Banken und Eisenbahngesellschaften sowohl als auch Hotels. Rießige Ölvorkommen, Kohlegruben sowie Fabriken und Werften machten ihn, zur Jahrhundertwende, wahrscheinlich zum reichsten Mann Europas. Zu seinen Geschäftsfreunden zählten die Krupps, zu seinen Freunden Admiral Canaris, der spätere Chef der deutschen Abwehr. In der französischen Ehrenlegion war er Kommandeur und die Engländer schlugen ihn zum Ritter des Britischen Empire, weil er das deutsche Kaiserreich auspionierte.

Restlos läßt sich die dunkle Vergangenheit vom „Verkäufer des Todes“, so wurde er genannt, nicht aufklären.Sir Basil Zaharoff hat sich mit Erfolg bemüht, seine Spuren zu verwischen. Der österreichische Schriftsteller Robert Neumann der seine Zaharoff-Biographie gerade bearbeitete klagte schon 1934, zwei Jahre vor Sir Basils Tod in Monaco: „Man erkundigt sich nach seiner Geburtsurkunde. Aber leider wurde das Kirchenregister durch Brand vernichtet. Man forscht im Archiv des Wiener Kriegsministeriums nach einem Dokument über ihn. Die Akte ist vorhanden, doch sie ist leer.“

Historiker Donald McCormick hat für seine Zaharoff-Biographie die einschlägigen Jahresbände von rund 25 bedeutenden Tageszeitungen in Europa und Asien gesichtet und durfte die geheimen Firmendokumente des britischen Waffenkonzerns Vickers einsehen. McCormick sichtete diplomatische Papiere mehrerer europäischer Regierungen. McCormick: „Dieses Buch war mehr eine Detektivarbeit als eine des Schreibens.“ Sicher ist nur, laut McCormick, daß Zaharoff 1872 in England auftauchte, er war angeklagt wegen Unterschlagung vor einem britischen Gericht. McCormick entdeckte, das Zaharoff zunächst eine Ehe mit einer wohlhabenden Tochter eines Sägemühlenbesitzers in Bristol einging. Später wurde er auf Zypern Kaufmann und dann 1877 Fremdenführer und politischer Agent in Athen. Dies war der Beginn seiner Rüstungs-Aktivitäten. Die Waffenfirma Nordenfelt ernannte ihn zu ihrem Vertreter in Athen.

McCormick: „wandelbar wie ein Chamäleon“, pendelte der vielsprachige Kosmopolit Zaharoff zwischen Paris und London, Berlin, Petersburg und Wien. Basil Zaharoff’s aalglatte Verkaufstaktik: „ich bin ein Russe in Rußland, in Griechenland bin ich ein Grieche und in Paris ein Franzose“ weckt das Interesse der britischen Rüstungswerke Vickers. Im Jahr 1894 wechselte Zaharoff, als freier Agent zu der britischen Waffenfirma über. Den japanischen, Vize-Admiral Matsumoto bestach er mit 800 000 Goldmark: Die Japaner kauften von Vickers den Panzerkreuzer „Kongo“. Im Jahr 1905 bezahlte Vickers Zaharoff anderthalb Millionen Goldmark als Provision. Zaharoff ging nach Paris und gründete seinen eigenen Geheimdienst. Er kaufte Banken und Zeitungsverlage und widmete sich den Frauen zu.

Zaharoff: „Frauen sind die besten Verbündeten.“ Gemeint war die spanische Herzogin Villafranca, die „Mr. Zetzet“-so wurde Zaharoff bezeichnet – bei einer Reise im Orient-Expreß eroberte. Die adlige Freundin machte ihren Einfluß am spanischen Hof geltend und verschaffte dem Waffenhändler Millionenaufträge.

In folgenden Kriegen belieferte Sir Basil Zaharoff beide Seiten – im Salpeter-Krieg zwischen Bolivien und Chile (1884), beim spanisch-amerikanischen Krieg (1898), am Burenkrieg (1899 bis 1902), im japanisch russischen Krieg (1904 bis 1905). Er verdiente auf beiden Seiten und hetzte nacheinander die Griechen gegen die Türken, die Türken gegen die Serben, die Serben gegen die Österreicher.

Zaharoffs grösste Waffe in seinem Geschäft war die Angst! Er schürte die Kriegsangst und spätere Rüstungs-Euphorie für den ersten Weltkrieg, machte mit eigenen Zeitungen Europa-Politik. So lancierte beispielsweise einer seiner Pariser Agenten 1907 auf Wunsch des deutschen Waffenfabrikanten Paul von Gontard, im französischen „Figaro“ eine – unwahre – Meldung, wonach die französische Armee über „eine bessere Maschinengewehr-Ausrüstung“ verfüge als die Deutsche. Erfolg: Der Deutsche Reichstag bewilligte 40 Millionen Mark zur Beschaffung von MGs. Lieferant war die Gontard-Firma – die wiederum mit der Zaharoff-Firma Vickers liiert war. Ein Jahr später deckte der Abgeordnete Karl Liebknecht die Konspiration der Waffenhändler vor dem Reichstag auf.

Das ganz grosse Geschäft, der erste Weltkrieg. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges lieferte der „Kaufmann des Todes“ wieder an alle Fronten. Es waren, zumindest teilweise, Zaharoff-Minen, die englische Schiffe in die Luft jagten, und türkische Zaharoff-Kanonen, mit denen deutsche Artilleristen an den Dardanellen englische Infanterie-Bataillone bekämpften – mit englischer Munition.

Zaharoff’s Angst: Er fürchtete Blitzsiege, ganz gleich auf welcher Seite. Zaharoff: „Deutschland war 1914 viel leichter verwundbar, als es selbst oder der Westen sich vorstellte. Ich hätte den Alliierten drei Punkte zeigen können, an denen sie das feindliche Rüstungspotential total hätten vernichten können. Aber das hätte ein Geschäft ruiniert, das in mehr als einem Jahrhundert aufgebaut wurde …“ Zaharoff half also bewusst den Krieg zu verlängern. Basil Zaharoff sorgte dafür, daß ein im Oktober 1914 von den Franzosen aufgebrachter Frachter, der 2500 Tonnen Nickel für die Firma Krupp an Bord hatte, seine Fahrt ungehindert fortsetzen konnte. Und als 1916 der französische General Malleterre plante, die Hochöfen und Stahlwerke von Briey nördlich von Metz zu bombardieren, intervenierte Zaharoff, vor allem bei dem damaligen Briten-Premier Lloyd George, dessen Willfährigkeit er sich durch Ausspähung des – nicht unanfechtbaren – Privatlebens des Premiers erzwungen hatte. Erfolg: Das geplante Bombardement unterblieb.

Die Rolle Zaharoff’s als Agent und Spion im Auftrage Lloyd George, der natürlich eine Marionette der „City of London“ war, liest sich spektakulär. Biograph McCormick: „Die Deutschen wußten von seiner Späh-Tätigkeit. Als Zaharoff – kurz vor dem Eintritt Amerikas in den Krieg – von einer Amerika-Mission auf einem Passagierschiff nach Europa zurückkehrte, tauchte plötzlich ein deutsches U-Boot auf, ein Offizier enterte den Dampfer und verlangte die Auslieferung von Herrn Zaharoff, Kabine 24″. „Erst als das U-Boot wieder in Deutschland ankam“ – so berichtet der damalige britische Marine -Attaché in Washington, Sir Guy Gaunt – „merkten die Deutschen, daß der Mann, den sie gefangen hatten, nicht Basil Zaharoff war, sondern sein Sekretär, den er als Double mitgenommen hatte.“

Im letzten Kriegsjahr 1918 hielt sich Zaharoff unerkannt in Deutschland auf, er gab sich als bulgarischer Armee-Arzt aus. Den wahren Arzt hatten Zaharoff-Agenten in der Schweiz entführt. Hinweise auf die Resultate dieses Deutschland Aufenthaltes fand McCormick in den „Documents Politiques de la Guerre“, in den Kriegsaufzeichnungen des französischen Premierministers Georges Clemenceau. Das Späh-Ergebnis aber bewertete Clemenceau als „die wichtigste Spionage -Information des ganzen Krieges“: Deutsche Agenten, die er noch aus der Zeit vor dem Kriege kannte, hatten den Durchreisenden wissen lassen, daß spätestens für den Herbst 1918 mit einem revolutionären Umsturz in Deutschland zu rechnen sei. Bis zu Zaharoffs Deutschland-Reise hatten die Alliierten ihren Sieg für frühestens Ende 1919 erhofft.

Nach Weltkriegsende wandte sich der Kriegs-Verdiener einer neuen Branche zu: dem Handel mit Erdöl. Um den Weg zu den Ölfeldern des Mittleren Ostens freizubekommen, schürte er, unterstützt von dem Briten-Premier Lloyd George, abermals zu einem Krieg zwischen Griechen und Türken. Zwei Jahre dauerte das anatolische Massaker (1920 bis 1921). Der „Kaufmann des Todes“ verlor dabei vier Millionen Pfund Sterling, die Griechen zahlten mit 100 000 Toten.

Es war der einzige Krieg, bei dem Sir Basil Zaharoff verlor und seine Karriere neigte sich dem Ende zu.

Auch im Glückspiel versuchte sich Basil Zaharoff. Die Gewinne des Casino Monte Carlo waren stark zurückgegangen, wodurch die Grimaldis unter Geldmangel litten. Fürst Albert I. wandte sich an Basil Zaharoff. Zaharoff gewährte Albert I. ein Darlehen über eine Million Pfund Sterling, wofür dieser ihm das Recht einräumte, die Spielbank zu einem beliebigen Zeitpunkt übernehmen zu können. Von da ab kaufte Zaharoff über Strohmänner alle erreichbaren Anteile an der Société des Bains de Mer, die unter anderem das Casino betreibt, auf. Am 16. Mai 1923 verkündete er, dass er nun seine Option auf das Casino ausüben wolle, nachdem er sich zuvor vergewissert hatte, dass Frankreich nicht die Absicht hatte, Monaco zu annektieren.

Im Alter von mehr als siebzig Jahren ehelichte er 1924 die spanische Herzogin von Villafranca – sie starb 18 Monate später. Zaharoff: „Eine magere Dividende für einen Mann, der 40 Jahre lang so viel in eine Leidenschaft investiert hat.“ Nach dem Tod der Herzogin von Villafranca im Jahr 1926, verlor Zaharoff sein Interesse an der Spielbank Monte Carlo und verkaufte seine Anteile mit hohem Gewinn an ein Syndikat, dem das Pariser Bankhaus Dreyfus & Company angehörte. Bis zu seinem Tode intrigierte er hinter den Kulissen, vor allem gegen die Völkerbund-Ideen von US-Präsident Woodrow Wilson. Noch in späteren Briefen, so etwa an Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, bekundete er seine Besorgnis über den in Europa sich ausbreitenden Pazifismus. Dass die Waffenruhe nicht von Dauer war, erlebte der einstige „Kaufmann des Todes“ Zaharoff nicht mehr. Am 29. November 1936 starb Basil Zaharoff in einem Hotel nahe jenem Etablissement, das der geschäftige Hasardeur in Nationalgefühlen ein Jahrzehnt zuvor erworben hatte: dem Spielkasino Monte Carlo.

Noch als Achtzigjähriger, so Biograph McCormick, jagte er Debütantinnen nach und plante sein „Liebesleben nach dem Terminkalender“.

1 Donald McCormick: „Peddler of Death“.

Erstveröffentlichung bei Weltkrieg.cc


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