von Simon Argus
Wenn irgendwo in der Welt die Dinge wieder mal zum Schlechten stehen - wie beispielsweise in den letzten Tagen in Südostasien, wo Taifun Hagupit die philippinischen Küsten heimsuchte, bekomme ich jetzt eine E-Mail in meine Inbox. Der Grund: Ich bin auf der Verteiler-Liste des Humanitarian Open Streetmap Teams (HOT). In Krisenfällen wenden sich internationale Hilfsorganisationen an dieses Team der bekannten open-source Online-Karte OSM und fordern detaillierte Karten der betreffenden Gebiete an. Die gibt es oft noch gar nicht, aber für den absehbaren Hilfseinsatz sind sie unerlässlich. Im Netz entstehen sie jetzt mit Hilfe der "Cloud" (also uns).
Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern haben nicht nur OSM oder Google Maps lücken. Auch die lokalen Administrationen verfügen oft nur über veraltetes oder ungenaues Kartenwerk. Deshalb gibt es nun das Humanitarian Open Streetmap Team und ferner das Missing Maps Projekt des britischen Roten Kreuz. Diese Organisationen nutzen das Internet, die "Cloud" und die geballte Motivation einer großen Hobby-Kartographen-Gemeinde auf effektive Weise, um fehlende Karten überall auf der Welt zur Verfügung zu stellen. Hilfe bekommen sie dabei von den großen Konzernen, Google oder Microsoft, denn die sind gefordert möglichst aktuelle Satellitenbilder der jeweiligen Gegenden kostenlos zur Verfügung zu stellen. Und dann geht alles ziemlich schnell.
Auf der HOT-Webseite können angemeldete Mitglieder (und mehr als eine Anmeldung bei OSM ist tatsächlich nicht nötig) anfangen auf den Satellitenbildern Häuser, Straßen, Bäche oder auch Hubschrauber-Landemöglichkeiten einzuzeichnen. Ein bisschen Erfahrung hilft natürlich um die Satellitenbilder richtig zu interpretieren, Fußpfade in entlegenen Gegenden von Bachläufen und afrikanische Rundhütten von Bäumen zu unterscheiden. Zu jedem Projekt gibt es detaillierte Anleitungen auf welche lokale Besonderheiten zu achten ist, oder was für den speziellen Zweck der Karte erforderlich ist (wie zum Beispiel erwähnte Hubschrauber-Landeplätze). Die Bearbeitung kann entweder im Web-Editor oder in einem der zahlreichen Kartographie-Programme erfolgen, die man sich ebenfalls kostenlos besorgen kann.
Das Satellitenbild ist in Quadranten aufgeteilt, sodass zu jedem Zeitpunkt immer nur eine Person pro Quadrant editiert. Ist ein Quadrant vollständig wird er zunächst von anderen Community-Mitgliedern überprüft und dann freigegeben. Alle eingegebenen Karten werden zeitnah auch auf die öffentliche OSM-Karte hochgeladen.
Vor Ort in den jeweiligen Krisengebieten werden diese Karten dann ausgedruckt und von lokalen Teams mit den noch fehlenden Ortsnamen oder anderen Informationen bestückt - schließlich kann man auf einem Satellitenbild unter Umständen nicht erkennen, welche Baracke nun die Krankenstation und welche die Schule ist. Die fertigen Karten stehen dann - teilweise innerhalb weniger Tage - den Hilfsorganisationen zur Verfügung.
Aber hier geht es um Notfälle - zumeist Naturkatastrophen - und deshalb treten diese Fragen zunächst in den Hintergrund. In den letzten Wochen und Monaten habe ich viele westafrikanische Gegenden (mit-) kartographiert. Immer wenn ein neuer Ebola-Ausbruch erfasst wird, bemühen sich die Hilfsorganisationen möglichst genaue Karten zu erhalten, um den Ausbruch und die mögliche Verbreitung der Krankheit einzudämmen. Dann zählt es, jedes einzelne Haus und jeden Straßenzug einer Stadt zu dokumentieren - ganz so wie es John Snow machte, als 1854 die Cholera in London ausbrach.
Das Humanitarian Open Street Map (HOT) Projekt ist eine tolle Sache, wenn man mal wieder das Bedürfnis hat, aus dem heimischen Sessel heraus die Welt ein Stückchen besser zu machen. Man erfährt aus eigener Anschauung, wo die Schauplätze aktueller Ereignisse liegen und wie es dort aussieht. Auf vielen Satellitenbildern kann man einzelne Menschen erkennen und natürlich entwickelt man durch die Arbeit Mitgefühl. Ein bisschen schade ist nur, dass es bislang so wenig Feedback gibt: Wenn meine Karte fertig ist, würde ich gern erfahren welche Arbeit vor Ort mit der Karte geleistet wird.
Links:
Nach Dringlichkeit geordnet: Die aktuellen Tasks im HOT-Taskmanager. Zum mitmachen braucht man hier nur noch einen Log-In und evtl. ein bisschen Zeit für Tutorials und Anleitungen: http://tasks.hotosm.org/
Das Missing-Maps Projekt konzentriert sich auf Gegenden in denen zwar akut keine Krise ausgebrochen ist, wo genaue Karten jedoch aus anderen Gründen und zur Vorsorge benötigt werden: http://www.missingmaps.org/
Wenn irgendwo in der Welt die Dinge wieder mal zum Schlechten stehen - wie beispielsweise in den letzten Tagen in Südostasien, wo Taifun Hagupit die philippinischen Küsten heimsuchte, bekomme ich jetzt eine E-Mail in meine Inbox. Der Grund: Ich bin auf der Verteiler-Liste des Humanitarian Open Streetmap Teams (HOT). In Krisenfällen wenden sich internationale Hilfsorganisationen an dieses Team der bekannten open-source Online-Karte OSM und fordern detaillierte Karten der betreffenden Gebiete an. Die gibt es oft noch gar nicht, aber für den absehbaren Hilfseinsatz sind sie unerlässlich. Im Netz entstehen sie jetzt mit Hilfe der "Cloud" (also uns).
Viele afrikanische oder asiatische Städte, für die zuvor kaum akkurates Kartenmaterial verfügbar war, sind nun in hoher Detailschärfe kartographiert. Auf den offiziellen Karten fehlen dagegen häufig insbesondere informelle Gebiete. Hier das Beispiel Freetown, Sierra Leone. Quelle: www.osm.org
Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern haben nicht nur OSM oder Google Maps lücken. Auch die lokalen Administrationen verfügen oft nur über veraltetes oder ungenaues Kartenwerk. Deshalb gibt es nun das Humanitarian Open Streetmap Team und ferner das Missing Maps Projekt des britischen Roten Kreuz. Diese Organisationen nutzen das Internet, die "Cloud" und die geballte Motivation einer großen Hobby-Kartographen-Gemeinde auf effektive Weise, um fehlende Karten überall auf der Welt zur Verfügung zu stellen. Hilfe bekommen sie dabei von den großen Konzernen, Google oder Microsoft, denn die sind gefordert möglichst aktuelle Satellitenbilder der jeweiligen Gegenden kostenlos zur Verfügung zu stellen. Und dann geht alles ziemlich schnell.
Auf der HOT-Webseite können angemeldete Mitglieder (und mehr als eine Anmeldung bei OSM ist tatsächlich nicht nötig) anfangen auf den Satellitenbildern Häuser, Straßen, Bäche oder auch Hubschrauber-Landemöglichkeiten einzuzeichnen. Ein bisschen Erfahrung hilft natürlich um die Satellitenbilder richtig zu interpretieren, Fußpfade in entlegenen Gegenden von Bachläufen und afrikanische Rundhütten von Bäumen zu unterscheiden. Zu jedem Projekt gibt es detaillierte Anleitungen auf welche lokale Besonderheiten zu achten ist, oder was für den speziellen Zweck der Karte erforderlich ist (wie zum Beispiel erwähnte Hubschrauber-Landeplätze). Die Bearbeitung kann entweder im Web-Editor oder in einem der zahlreichen Kartographie-Programme erfolgen, die man sich ebenfalls kostenlos besorgen kann.
Das Satellitenbild ist in Quadranten aufgeteilt, sodass zu jedem Zeitpunkt immer nur eine Person pro Quadrant editiert. Ist ein Quadrant vollständig wird er zunächst von anderen Community-Mitgliedern überprüft und dann freigegeben. Alle eingegebenen Karten werden zeitnah auch auf die öffentliche OSM-Karte hochgeladen.
Vor Ort in den jeweiligen Krisengebieten werden diese Karten dann ausgedruckt und von lokalen Teams mit den noch fehlenden Ortsnamen oder anderen Informationen bestückt - schließlich kann man auf einem Satellitenbild unter Umständen nicht erkennen, welche Baracke nun die Krankenstation und welche die Schule ist. Die fertigen Karten stehen dann - teilweise innerhalb weniger Tage - den Hilfsorganisationen zur Verfügung.
Die Stadt Baraka im Kongo vor und nach der Bearbeitung durch die Missing-Maps Community. Quelle: www.osm.org
Das Mitmachen bei HOT hat Suchtpotenzial. Einerseits hat man das gute Gefühl aus dem heimischen Sessel heraus etwas Gutes und Nützliches zu tun. Andererseits fühlt man sich manchmal wie ein Entdeckungsreisender, wenn man kleinen Pfaden durchs Unterholz folgt und plötzlich eine Siedlung findet, die möglicherweise noch nie zuvor ein Mensch auf einer Karte eingezeichnet hat. Welche Folgen hat es für diese Menschen, wenn sie ab sofort auf einer Karte verzeichnet sind?Aber hier geht es um Notfälle - zumeist Naturkatastrophen - und deshalb treten diese Fragen zunächst in den Hintergrund. In den letzten Wochen und Monaten habe ich viele westafrikanische Gegenden (mit-) kartographiert. Immer wenn ein neuer Ebola-Ausbruch erfasst wird, bemühen sich die Hilfsorganisationen möglichst genaue Karten zu erhalten, um den Ausbruch und die mögliche Verbreitung der Krankheit einzudämmen. Dann zählt es, jedes einzelne Haus und jeden Straßenzug einer Stadt zu dokumentieren - ganz so wie es John Snow machte, als 1854 die Cholera in London ausbrach.
Das Humanitarian Open Street Map (HOT) Projekt ist eine tolle Sache, wenn man mal wieder das Bedürfnis hat, aus dem heimischen Sessel heraus die Welt ein Stückchen besser zu machen. Man erfährt aus eigener Anschauung, wo die Schauplätze aktueller Ereignisse liegen und wie es dort aussieht. Auf vielen Satellitenbildern kann man einzelne Menschen erkennen und natürlich entwickelt man durch die Arbeit Mitgefühl. Ein bisschen schade ist nur, dass es bislang so wenig Feedback gibt: Wenn meine Karte fertig ist, würde ich gern erfahren welche Arbeit vor Ort mit der Karte geleistet wird.
Links:
Nach Dringlichkeit geordnet: Die aktuellen Tasks im HOT-Taskmanager. Zum mitmachen braucht man hier nur noch einen Log-In und evtl. ein bisschen Zeit für Tutorials und Anleitungen: http://tasks.hotosm.org/
Das Missing-Maps Projekt konzentriert sich auf Gegenden in denen zwar akut keine Krise ausgebrochen ist, wo genaue Karten jedoch aus anderen Gründen und zur Vorsorge benötigt werden: http://www.missingmaps.org/