Das kann man wohl nur mit dem sprichwörtlichen „Glück der Tüchtigen“ erklären: Pünktlich zum diesjährigen Claytec-Betriebsausflug gab es strahlenden Sonnenschein, nachdem an den Tagen zuvor noch regnerisches grau in grau geherrscht hatte. Alter Tradition gemäß waren die Kolleginnen und Kollegen vorher nicht über das Ziel der Reise informiert worden, und so gab man sich eifrigem Spekulieren hin, als wir morgens auf unseren Bus warteten. Nach einem kurzen, erzwungenen Umweg über das Viersener Zentrallager – dort war ein LKW-Fahrer mit einer Lieferung in offensichtlicher Unkenntnis der eintägigen Betriebsferien „gestrandet“, ging es mit leichter Verspätung auf die hiesige Urlaubsroute gen Süden, die A61 Richtung Koblenz.
Im Bus wird munter spekuliert: Wo geht die Reise hin?
Die nach knapp eineinhalbstündiger Fahrt vom Bus-Chauffeur gewählte Autobahnabfahrt Ahrweiler ließ die Businsassen erneut über verschiedenste mögliche Ziele debattieren, die alle irgendwie mit Wein zu tun hatten. Und wirklich ging es vom Bus-Parkplatz aus erst mal zu Fuß an prallvoll hängenden Weinstöcken vorbei. Allerdings erwartete uns hinter der letzten Wegbiegung nicht etwa die einladend geöffnete Pforte eines Weinhofs, sondern wir fanden uns vor einer steil aufragenden Betonwand wieder, deren Beschriftung das erste Rätsel des Tages lösen sollte: „Dokumentationsstätte Regierungsbunker“.
Gruseln mit 70er-Jahre-Charme
Des ersten Rätsels Lösung: der Regierungsbunker
Hier im ehemaligen „Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland“, hätten in der Zeit des Kalten Krieges 3000 ausgewählte Menschen in einem 19 Kilometer langen Tunnelsystem einen Atomschlag überstehen und anschließend noch 30 Tage überleben sollen. „Um die zu diesem Zeitpunkt mutmaßlich verwüstete und verstrahlte Republik noch ordnungsgemäß abwickeln zu können?“ fragt man sich angesichts solcher Überlegungen der damaligen Planer. Fast schon beruhigend die Erklärung unserer Führerin durch die Anlage, dass, im Ernstfall der Bunker nicht einmal den fatalen Erstschlag überlebt hätte. Die Sprengkraft aktueller Bomben überschritt zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses teuersten Gebäudes der deutschen Geschichte die in den Planungen veranschlagte Zerstörungswucht um ein Vielfaches.
In der „Kommandozentrale“ steht die Uhr symbolisch auf fünf vor zwölf
Die ganze Absurdität des Kalten Krieges und der atomaren Aufrüstung der Nachkriegs-Jahrzehnte, hier wurde sie spürbar, und nicht wenige Kolleginnen und Kollegen gruselte es in den Katakomben dieses Relikts der BRD-Geschichte. Immerhin konnte man sich an jeder Menge hübschem 60er- und 70er-Jahre-Design erfreuen. Von der „Welthölzer“-Streichholzschachtel über die gute „Rexona“-Seife bis zur Pop-Art-Wohnzimmer-Stehlampe gab es für die Ü-40-jährigen unter uns so manches, das lebhafte Kindheitserinnerungen hervorrief. Und auch die Jüngeren waren sichtlich beeindruckt ob der Fülle von Zeitdokumenten dieser in der Rückschau so seltsam anmutenden Epoche des ‚Friedens am seidenen Faden‘.
Im Bunker findet sich allerlei schickes original-60er- und 70er-Design
Beklemmend: schier endlose Betonröhre
Beim anschließenden Spaziergang genießen alle die frische Luft
Den Wiedereintritt in die oberirdische Welt mit frischer Luft und Tageslicht und den anschließenden Spaziergang hinunter nach Ahrweiler genossen dann alle gleichermaßen. Im schmucken Örtchen gab es eine kleine Stärkung, bevor unser Bus uns zum Ort des zweiten Tages-Highlights beförderte. In der Benediktinerabtei Maria Laach war ich im Zuge meiner Recherchen zu einem Blogbericht über die klostereigene Glockengießerei in Kontakt mit Bruder Michael Reuter gekommen, dem einzigen Benediktinermönch weltweit, der in heutiger Zeit Glocken gießt. Auf meine vorsichtige Anfrage, ob es denkbar sei, dass wir von Claytec als Gruppe dem Guss einer Glocke beiwohnen, willigte er zu meiner Freude und Überraschung ohne Umschweife ein.
Ritual und Handwerk
Die Möglichkeit, einen Glockenguss live mitzuerleben, bekommen sonst nur Vertreter der Kirchengemeinden, in deren Auftrag die jeweilige Glocke gefertigt wird. Für uns als diejenigen Lehm-Produzenten, deren Material der Mönch und seine Kollegen zur Fertigung der Gussformen nutzen, gab es eine Ausnahme. Das gemeinschaftliche Erleben des Glockengusses erwies sich als einmaliges Ereignis, dessen tiefe Faszination neben den, für sich schon beeindruckenden, rein handwerklichen Aspekten nicht zuletzt durch seinen rituellen Charakter entsteht.
Bruder Michael Reuter - vor dem Guss kommt das Gebet
Schon beim Betreten des Werkstatthofes vernehmen wir einen unterschwelligen aber voluminösen Dauerton, der, wie sich schnell herausstellt, vom Gasbrenner herrührt. Dieser erhitzt mit seiner Flamme den mächtigen Schmelzofen, in dem schon die geschmolzene Bronze kocht. Unvermittelt muss man trotz oder vielleicht auch gerade wegen des sakralen Kloster-Umfeldes an Höllenfeuer denken. Die Werkstatt ist zum Hof hin offen, am Fuße des Schmelzofens ragen die Einfüllstutzen der komplett im Boden eingegrabenen Gussformen heraus. Zwei Glocken werden heute gleichzeitig gegossen. Vom Ausguss des gasbetriebenen Schmelzofens ist ein Kanal in den gestampften Lehmboden gegraben, der sich nach einer Biegung in zwei Enden aufzweigt.
Der mit Spannung erwartete Guss beginnt
Noch hat die geschmolzene Bronze im Kessel nicht die benötigte Temperatur von ca. 1200°C erreicht, so dass alle Gelegenheit haben, sich auf dem Werkstattgelände ein wenig umzuschauen. Vorbereitete Gussformen, fertige Glocken und solche, die offenbar zur Reparatur vorgesehen sind, in verschiedenen Größen und Varianten, bieten reichlich Anschauungsmaterial. Bruder Michael beantwortet noch einige Fragen der Besucher, dann ist es soweit: die Schmelze, auch „Glockenspeise“ genannt, hat die richtige Guss-Temperatur erreicht. Der Brenner wird abgestellt und die plötzlich einsetzende Stille steigert noch die Spannung auf das nun folgende. Bevor er mit seinen beiden Kollegen den Glockenguss beginnt, nimmt Bruder Michael noch einmal seinen Schutzhelm ab und spricht das Vaterunser, in das viele aus der Reisegruppe einstimmen. Fast ehrfürchtig beobachten dann alle gemeinsam, wie der Kessel mit der glühenden Schmelze sich ganz allmählich zu neigen beginnt und sich sein feuerfarbener Inhalt in den vorbereiteten Kanal ergießt. Jetzt fließt ein satter glühender Strom in Richtung der eingegrabenen Lehm-Gussformen. Fast meint man ein leichtes Beben des Untergrundes zu verspüren, als sich die eingegrabenen Formen allmählich mit flüssiger Bronze füllen. Als die Formen vollgelaufen sind und die glühende Masse aus den vorgesehenen Öffnungen austritt verpuffen oben treibende Fremdpartikel in kleinen Explosionen, Rauchwolken steigen auf, der Glockenguss ist beendet.
Es dampft und zischt - die Formen sind gefüllt
Claytec-Lehm am besten geeignet
Bruder Michael ist zufrieden, es war ein gelungener Guss wie er sagt. Abschließend erklärt er die technischen Zusammenhänge des eben gemeinsam erlebten und betont dabei zu unser aller Freude die wichtige Rolle, die unser Lehm im Produktionsprozess einnimmt. Er habe, so der Benediktinermönch, verschiedene Lehm-Lieferanten ausprobiert und sei nach diversen Versuchen zu dem Ergebnis gekommen, dass der Lehm von Claytec besser als alle anderen für die Gussform-Herstellung geeignet sei. Dieses Lob für unser aller Arbeit freute Chef und Angestellte gleichermaßen und trug seinen Teil zur guten Laune bei. Die dann noch in den Abend mitzunehmen gelang im Anschluss mühelos. Bei warmem Büffet und kühlen Getränken ging ein spannender Tag zu Ende. Wer Details zu diesem abschließenden Teil des Abends wissen möchte, muss sich allerdings persönlich an den Claytec-Mitarbeiter seines Vertrauens wenden. Feiern ist schließlich Privatsache.
Gemeinsam viel erlebt – das Claytec-Team beim Gruppenbild
Alle Abbildungsrechte der abgebildeten Räume und Gegenstände in der Dokumentationsstätte Regierungsbunker: Dokumentationsstätte Regierungsbunker/Heimatverein „Alt-Ahrweiler“ e.V.