Datenauswertung auf Hochtouren
Wie zu erwarten, versuchen nun die Wissenschaftler und Ingenieure die überwältigende Flut an Daten zu sammeln, kategorisieren und zu verarbeiten.
In Wellington vor allen Dingen werden zur Zeit täglich weitere Gebäude evakuiert und gesperrt, da die Statiker und Bauingenieure schwerwiegende Beschädigungen an Fassaden und Tragwerken entdecken. Dies wird von der allgemeinen Bevölkerung natürlich mit Besorgnis registriert, aber, wie ein Professor des Hoch- und Tiefbauwesens der Uni Auckland meint, alles im Rahmen der zu erwartenden Schäden für ein Erdbeben dieser Kategorie. Diese Schäden müssen nun natürlich so schnell wie möglich repariert werden.
Was für mich persönlich interessant war zu erfahren, dass all die Kalkulationen der Ingenieure verschiedene Erdbebenszenarios zur Basis haben und dass dabei auch die statistische Wahrscheinlichkeit eines Szenarios berücksichtigt wird.
Konkret, die Baumassnahmen, die nötig wären um ein Gebäude ein Erdbeben dieser Stärke oder grösser unbeschädigt zu überstehen lassen, sind wesentlich grösser -und teurer natürlich – als für ein kleineres Erdbeben. Diese Kosten werden mit der Wahrscheinlichkeit der verschiedenen Bebenstärken verglichen. Die gesetzlichen Bauvorschriften berücksichtigen dann die statistisch gesehen häufigeren Szenarios und versuchen, sie in konkrete Daten und Vorschriften zum Bau und Verbessern von Gebäuden umzusetzen.
Dies ist natürlich alles theoretisch und auf vergangene Ereignisse bezogen, denn keine Institution der Welt hat ein Labor, in dem solche Vorgänge ausprobiert werden können. Der Realfall zeigt dann, welche Datensätze korrekt in die Realität umgesetzt wurden und welche nicht. Für alle Menschen, im öffentlichen und privaten Bereich, bedeutet dies, in einem ständigen Lernprozess zu sein.
Einzigartiges Erdbeben
An der Nordspitze der Südinsel treffen zwei Arten des Kontinentaldrifts aufeinander und haben für das aktuelle Ereignis gesorgt. Die Südinsel und die „Southern Alps“ sind durch das Aneinanderreiben der Australischen und Pazifischen Platte entstanden. Im Norden der Südinsel jedoch wird die Pazifische Platte unter die Australische geschoben. Diese unterschiedlich agierenden Kräfte haben sich nun entsprechend entladen.
Erschreckend für uns Otto-Normalverbraucher, aber von ungemeinem Interesse für die wissenschaftliche Gemeinde.
Und was natürlich auch niemand vorhersehen konnte, dass dieses Beben eine noch nie vorher beobachtete Vorgehensweise präsentieren würde: an mehreren Verwerfungslinien (‚fault‘, sechs, siehe Karte) brachen die Kanten der Kontinentalplatten ab und verursachten zwei individuelle Beben. So dicht hintereinander, dass in Wellington und der Wairarapa zum Beispiel, es sich wie ein einziges langes Beben anfühlte.
Näher am Epizentrum gelegen, hat sich die Landschaft entlang der Kaikoura Küste drastisch verändert, indem der Meeresboden sich um gut 2m gehoben hat. Die ökologischen Ausmasse dieses Ereignisses können nicht ansatzweise erfasst werden und müssen nun in den nächsten Monaten genauestens beobachtet werden.
Ende gut, Alles gut
Dies hört sich alles sehr erschreckend an, aber ich möchte nochmal betonen, dass wir Glück im Unglück gehabt haben und nun die Möglichkeit haben, uns und unsere Städte und Gemeinden aufgrund der neuen Daten besser auf die Zukunft vorbereiten zu können. Ausserdem ziehen nicht nur Neuseeländer wichtige Konsequenzen aus diesem Beben, auch die internationale Gemeinde entlang des ‚pacific ring of fire‘ profitiert von unseren Erkenntnissen, die im Endeffekt darauf hinauslaufen Menschenleben zu schützen.
Autorin: Petra Alsbach-Stevens