Kaffeehaus-Gespräch mit Susanne Stephan

Wie haben wir uns gefreut, dass Susanne Stephan mit einigen Texten zum Thema "humaNature" unseren ersten G:sichtet-Band bereichert! Für ihren Gedichband "Gegenzauber" erhielt die Stuttgarter Lyrikerin und Schriftstellerin 2007 den Thaddäus-Troll-Preis, ihre "Tankstellengedichte" wurden für den Förderpreis zum Bremer Literaturpreis nominiert. Susanne Stephan war im vergangenen Jahr Preisträgerin des Wettbewerbs "Solidarität heute" vom Förderkreis deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg. Sie gewann Aufenthalts- und Arbeitsstipendien - zum Beispiel für die Casa Baldi, fürs Deutsche Studienzentrum in Venedig, für die Künstlerresidenz Hawthornden Castle oder kürzlich das Spreewald-Literaturstipendium. Ihre Gedichte erschienen in der Zeit, im Literaturblatt für Baden-Württemberg, im Jahrbuch der Lyrik, in Stuttgarter Stadtbahnen und heuer zum zehnten Mal auf hübsch gestalteten Brötchentüten. Wir haben Euch ein paar Impressionen unseres Kaffeehaus-Gespräches mit Susanne Stephan mitgebracht. Susanne, wie kommt man denn als Schwäbin zu Haiku? SS: Obwohl Haiku aus Japan kommt, ist es mittlerweile eine internationale Form und wird in vielen Ländern praktiziert. In Europa fing es glaub ich zuerst in Frankreich an. Mich hat zum ersten das typisch Japanische fasziniert, diese traditionelle Kunst, den Augenblick zu erfassen, so reduziert zu arbeiten. Das glaubt man gar nicht, dass man wegen einem einzigen Komma eine schlaflose Nacht haben kann. Bei ein, zwei Haiku habe ich lange rumgebastelt und gedacht, lass doch noch eine oder zwei Silben zu - aber in einem Band war ich richtig pedantisch, da mussten alle fünf Silben lang sein. Im Moment bin ich allerdings nicht mehr in der Haikuphase, weil ich stilistisch eher in die Breite gehe. Ich versuche mich gerade an Elegie und Ode. Da musste ich mich erst mal wieder gründlich einarbeiten und aufschreiben, wann die Hebung kommt und solche Sachen. Schiller und Goethe sind ja damit aufgewachsen, manche haben in der Schule mal was davon gehört, aber die meisten müssen heutzutage bei Wikipedia nachschauen was zum Beispiel ein Hexameter ist. Das ist schon sehr interessant! Weshalb der stilistische Wandel? SS: Inspiriert wurde ich von einem meiner Lieblingsautoren, Jan Wagner, der ja viel mit alten Formen und neuen Inhalten spielt. Vor einigen Jahren sah ich das anders, da musste es für mich ganz reduziert sein, jetzt genieße ich diesen Rhythmus dieser Formen. Das Formlose ist ja nicht immer nur reizvoll. In früheren Zeiten war man viel formstrenger, trotzdem kann da ja auch der Funke (über)springen. Auf jeden Fall haben Sonett & Co. einen ästhetischen Reiz, es darf halt nicht gewollt klingen. Schreibst Du vor allem "im Kopf" oder eher mit "dem Bauch"? SS: Ich glaube schon, dass ich viel mit dem Kopf mache, aber am Ende spielen bei meiner Art zu schreiben auf jeden Fall auch Bauch und Herz eine Rolle. Seit wann schreibst Du und warum? SS: Deutsch war schon in der Schule mein Ding. Dann hab ich Germanistik studiert, das hat mich irgendwie zum Schweigen gebracht vor lauter Wissenschaft. Ich war aber auch nicht mutig genug, es zu lassen. Ein Freund von mir hat zum Beispiel seine Magisterarbeit verbrannt. Das war für mich nicht vorstellbar. Ja...warum schreibe ich...es gibt ja den Spruch „Jemand schreibt, weil er mal was gelesen hat". Weil ich halt Gedichte kenne, die mich total fasziniert oder erschüttert haben, Texte die mich umtreiben und wahrscheinlich, weil in einigen wenigen meiner eigenen Gedichte ein kurzer Draht meiner Selbst drin ist. Wenn ich so zurück schaue, muss ich sagen, meine besten Gedichte sind die, die mich einfach so "überfallen" haben", ganz ohne Thema oder Abgabeschluss oder andere sichtbare äußere Faktoren. Doch im Grunde ist Schreiben vor allem Spannung, Disziplin: Wenn ich nur so warten würde, auf die wirklich "schönen" Gedichte, würde ich wahrscheinlich gerade mal drei vier Gedichte pro Jahr schreiben. Aber wenn ich sage, ich bin Autorin, ich will einen Gedichtband veröffentlichen, auch mal einen Essay schreiben, das ist schon richtig Arbeit und da gehört es einfach dazu, sich hinzusetzen. Aber Schreiben ist auch nicht nur Mühe, sondern auch mit unglaublichen Glücksgefühlen verbunden. Ich bin beispielsweise froh, etwas über meine Kindheit aufgeschrieben zu haben da ist beim Schreiben etwas zum Abschluss gekommen. Welche Themen beschäftigen Dich hauptsächlich? SS: Das ist ganz unterschiedlich. Bei manchen Wettbewerben ist das Thema ja schon vorgegeben, bei vielen Projekten suche ich mir mein Thema selbst - grundsätzlich gibt es schon Themen, die mir näher sind als andere, zum Beispiel Natur, aber auch Energie beschäftigt mich, wohl weil mein Vater im Kernkraftwerk gearbeitet hat. Auf einer Brötchentüte ist zum Beispiel ein Gedicht über die Centrale Montemartini in Rom, ein ehemaliges Elektrizitätswerk, in dem heute ein Museum eingerichtet ist. Ich hab jetzt grade einen Zyklus über Künstler im ersten Weltkrieg fertig geschrieben. Habe dazu Feldpostbriefe von Franz Marc gelesen, der ja erst mal völlig begeistert war vom Krieg und ihn „Ein reinigendes Gewitter“ genannt hat. Gleichzeitig bin ich dem Thema in meiner eigenen Familie nachgegangen, was ist da aus dieser Zeit noch überliefert, was hat meine Oma erzählt. Im Moment beschäftige ich mich viel mit meinen Eltern und schreibe an einem neuen Gedichtband, der im Herbst bei Klöpfer & Meyer erscheint. Danach werde ich mich wohl wieder einem Prosaprojekt zuwenden. Was sind eigentlich Tankstellengedichte? SS: Ich habe tatsächlich Gedichte über Tankstellen geschrieben, die mir hier in der Umgebung oder auch weiter weg aufgefallen sind. Du bist auch im Vorstand vom Stuttgarter Schriftstellerhaus, wie genau sieht dort Deine Arbeit aus? SS:Ich arbeite ein bisschen am Programm mit, aber die Hauptaufgabe ist, einmal im Jahr die ganzen Bewerbungen für die Stipendien des Vereins Stuttgarter Schriftstellerhaus zu lesen. Wir sind zu fünft oder zu sechst, da wird dann abgestimmt. Dieses Jahr hab ich allerdings nicht mitgestimmt, weil ich in Italien war. Du hast vor Kurzem selbst wieder ein Stipendium gewonnen - wie kann man sich denn so ein Aufenthaltsstipendium vorstellen? SS: Meistens wohnt man mit anderen Künstlern in einem besonders schönen Haus, in Venedig war das zum Beispiel ein toller Palazzo am Canale Grande. Ich glaube, ich habe mir zwei Monate lang Venedig angeschaut und später auch einige Gedichte darüber geschrieben. Die Casa Baldi in Olevano Romano ist ein seltsamer und gleichzeitig wunderbarer Ort und es war drei Monate einfach nur Sommer. Diese Künstlerresidenz ist ein altes Haus auf dem Hügel das alles überragt. Dort haben sich schon seit dem 18. Jahrhundert Künstler getroffen. Irgendwann hat das dann der deutsche Staat gekauft. Als ich dort war, lief gerade die Fußballweltmeisterschaft und wir haben auch noch ein Spiel nach dem anderen gewonnen, das war schon eine besondere Atmosphäre. Grundsätzlich ist es natürlich toll, an solchen Orten Künstler aus aller Welt zu treffen und neue Eindrücke zu sammeln.
Dann wünschen wir Dir weiter viel Erfolg und inspirierende Aufenthalte!
Mehr Informationen über Susanne Stephan und ihre Bücher gibt es auf ihrer Homepage www.susannestephan.de

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