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Frau sortiert Kaffee in Karnataka, Südindien (2003) / Sebastião Salgado
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Das Glück des Sebastião Salgado ist selten. Im südöstlichen Aimorés in Brasilien 1944 geboren, absolvierte er sein Studium an der Universität São Paulo in 1967. Im selben Jahr heiratete er die Pianistin (später Architektin) Lélia Deluiz Wanick, die eine Leica besass. Aus politischen Gründen sind sie 1969 nach Paris immigriert. Während seiner vielen Reisen als Ökonom für die International Coffee Organization in London, machte er einige Fotos mit der Leica seiner Frau. So entdeckte er seine Leidenschaft und die Herausforderung in der Fotografie. Er würde dadurch freier Journalist und begann somit seine Karriere als Fotograf. Erste Stationen waren die Agenturen Sygma und Gamma, bevor er bei der renommierten Magnum von 1979 – 1994 tätig wurde. Durch ‘Zufall’ war er dabei als Ronald Reagan 1981 einen Mordversuch erlitt und die wenige Minuten die er dabei dokumentieren konnte brachten finanzielle Sicherheit. Es ist ebenfalls Glück, dass, trotz unruhige Kindheit, es gelang ihn sein Land zu verlassen. Ein Land so reich an Reichtümer und Armut, an Kultur und einzigartige Vegetation, das er nicht nur verlassen konnte, aber mit fähigeren Augen und Einstellung wieder besuchen konnte. Die Fotografie gab ihn das Werkzeug, womit er das öffentliche Bewusstsein ansprechen konnte, das die Wurzeln der Kaffeeindustrie bestimmt. Für sein Land etwas sehr Wichtiges, da dieses seit Jahren den meisten Kaffee um die Welt exportiert.
Kaffee ernten, Co-operative Todo Santerita, Todos Santos Cuchumatanes, Guatemala (2006) / Sebastião Salgado
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Seine Arbeit porträtiert die Menschen in den untersten Ebenen der Gesellschaft durch die Dokumentation von Migration, Arbeit, Industrie, Kinder und Asylanten. Auf den ersten Blick nicht gerade ein Kaffee Thema, außer man weiss ein wenig über die Kaffeepolitik und die unausgeglichene Zusammenarbeit bei der Produktion dieses wichtigen Produkts. Die wichtigsten in der Produktionskette werden eher selten gerecht bezahlt: Bauer und Arbeiter.
Viele seiner Kaffee-Serien wurden in Indien, Äthiopien, Brasilien und Guatemala aufgenommen und umfassen die Schönheit der Kulturen und der Natur, Reichtum und Primitivität, Einfachheit und Meisterschaft der Komplexität in der Kaffeekultivierung. Er zeigt wie immens das Leben der Kaffeewelt ist, lange bevor das Getränk die Technologie und die Konsumwelt erreicht, bevor es in Kaffeehäuser um den Globus oder in Espressotassen ankommt.
Indigene Gemeinschaft Arhuaco; Pueblo Bello, Kolumbien (2007) / Sebastião Salgado
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In Südindien (Frau in Karnataka) wird Schönheit in der Einfachheit eines Arbeitstages gezeigt. Schönheit durch die ästhetische Darstellung einer primitive und meditative Arbeit wo man wenige Textilstrukturen und Farben sieht, sowie durch die Anwesenheit einer Frau, dessen Gesicht man nicht sehen kann. Ihre Haltung, ihre langen schwarzen Haaren, ihre fast versteckte Hände und die Blumen (könnten riesige Kaffeeblüten sein) an ihren Kopf, alle sprechen von feinste kulturelle und natürliche Schönheit – eine seltene Kombination. Dennoch, man erlaube mir die Brutalität, die Tatsache zu erwähnen, dass diese Schönheiten eine Arbeit darstellen, die den Lohn von etwa 1 Euro oder Dollar pro Tag entsprechen.
Kaffee trocknen (natürlich) in Aricha, Äthiopien (2004/05) / Sebastião Salgado
Hier muss ich an einen wunderbaren Kaffeehaus denken – das beste der Welt. Einzigartige Architektur, minimalistisch, umgebend von Bananen Pflanzen und der Kaffee liegt just vor der Tür und wird getrocknet.
Es ist irgendwie selbstverständlich und zugleich irritierend wenn wir uns den Fortschritt, Komplexität und Technologie um uns anschauen und müssen zugeben oder feststellen, wie wenig wir über die Einzelheiten, Prozesse und Quellen dahinter wissen. Auf dem Bild (ernten in Guatemala) geniesse ich es sehr eine Frau anzuschauen, die bloß die Äste und Früchte der Pflanze in die Hände hält – Einfachheit, die Quelle selbst.
Kaffee Ernten, Fazenda Dutra Brothers, Manhuacu, Brasilien (2002) / Sebastião Salgado
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Etwas beobachte ich sehr gerne, nämlich wie in unterschiedlichen Formen sehr individuell oder sehr allgemein in Gruppen Virtuosität entsteht: Spiel, Genauigkeit, physische Fähigkeiten, alles in einem versammelt.
Der Galerist Hal Gould ist der Auffassung, Salgado ist der wichtigste Fotograf der 21. Jahrhundert. Es ist also kein Wunder, dass er so viel Zeit damit verbringt, diese schöne Welten zu dokumentieren, die uns mit dem Getränk des Jahrhunderts verwöhnen.
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Siehe auch Salgado’s Arbeit mit Illy.
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Veröffentlicht am Dienstag, Juli 6th, 2010 um 14:34 in Kaffee Fotografie, Kaffee Geschichten, Kaffeekultur, Kaffeekunst, Kaffeeorte | RSS feed | Respond | Trackback URL
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