Joan As Police Woman: Eigenlob stimmt

Joan As Police Woman: Eigenlob stimmtJoan As Police Woman
„The Classic“
(Play It Again Sam)
Keine Ahnung, ob sich daraus schon ein Trend basteln lässt, aber nachdem sich der klassische RnB in den letzten Jahren schon eine gehörige Umdeutung gefallen lassen musste, die einigen Traditionalisten ziemlich bitter aufgestoßen ist, scheint nun die Zeit daran zu sein, den Soul etwas aufzumöbeln. Zumindest ist zu erkennen, dass der Motown-Sound der alten Schule mehr und mehr Anhänger findet, die man nicht unbedingt in dieser Richtung vermutet hatte. Gerade erst hat die ursprünglich eher im Hip Hop beheimatete Sängerin Kelis den kompletten Schwenk hin zu den 'Black 60s' vollzogen, dahin also, wo sich auch Janelle Monáe immer wohler zu fühlen beginnt. Mit Sicherheit die überraschendste Vertreterin in diesem Reigen ist und bleibt aber Joan Wasser, mithin nicht so unerfahren im Metier wie man glauben möchte.
Schon auf den ersten Alben ihres Bandprojektes Joan As Police Woman widmete sich Wasser neben klassischem Alternative-Rock dem Soul, Stücke wie “Chemmie” oder “Feed The Light” waren aber eher stilistische Randerscheinungen. Das ändert sich nun grundlegend mit der aktuellen, vierten Platte – auf “The Classic” wird die Ausnahme zur Regel, kaum noch Singer-Songwriter-Nummern, keine der früheren verzwirbelten Kate-Bush-Anleihen mehr, sondern meistenteils Musik, wie sie schwärzer nicht klingen könnte, gesungen mit der brüchigen Stimme einer weißen Amerikanerin. Das Reizvolle daran sind nicht nur die Ähnlichkeiten, die Joan As Police Woman mit der ihrereseits unkonventionellen Nina Simone verbindet, auch die Art, den Sound mit zahlreichen neuen Facetten zu versehen, begeistert.
Da gibt es Rap- und Scateinlagen (“Holy City”), die Beatbox im Titelstück, dann wieder schweres Gitarrengetöse bei “Good Together” und die für Wasser mittlerweile charakteristischen Ausflüge an die Wurlitzer-Orgel. Die wenigen bedächtigen, zurückhaltenden Momente wie “Get Direct” erinnern zudem auf angenehme Weise an die Jazzpop-Perlen von Mark Griffin alias MC 900 Feat. Jesus. “And the song we’ve been singing feels like it’s always been sung“ meint Wasser an einer Stelle - das stimmt nicht ganz, denn glücklicherweise fügt sie dem Vertrauten immer wieder Neues und Ungewohntes hinzu, am Ende darf sogar ein Reggae-Jam ("Ask Me") nicht fehlen. Eine Platte, die man besser spät als nie für sich entdeckt, nach “The Greatest” von Chan Marshall wieder ein Beispiel für falsch verstandenes und dennoch verdientes Eigenlob – schon heute ein Klassiker. http://www.joanaspolicewoman.com/
Der Komplettstream des Albums u.a. bei ZEITonline.

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