Janelle Monáe
“The Electric Lady”
(Atlantic/Warner)
Schwer zu fassen ist sie noch immer. Vor drei Jahren legte Janelle Monáe mit ihrem Album “The ArchAndroid” einen fulminanten Blitzstart hin, hingerissen die Kritik, begeistert das Publikum, ihr Alter Ego Cindi Mayweather im hübschen Fritz-Lang-Kostüm konnte sich vor überschwänglichen Hymnen und Prophezeiungen kaum retten, die Platte ging durch die Decke. Wer da anmerken wollte, dass sich Monáe mit ihrem irrwitzigen Stilmix, dem Wundertütenhaften ihres Debüts, vielleicht doch etwas verhoben habe, musste sich wenigstens ein paar bissige Töne gefallen lassen. Doch auch wenn die Dame aus Kansas noch immer auf die Übernahme der Weltherrschaft durch die Maschinenmenschen (ca. 2029) schwört, auch wenn “The Electric Lady” im Titel noch als Fortsetzung des Vorgängers markiert wird – das neue Album wirkt nun weitaus geerdeter und schlüssiger, die Künstlichkeit ist fast verschwunden oder, wie der Guardian vermutet: “Perhaps this is the drip-drip process of the android becoming human.”
Das heißt nun natürlich nicht, dass sich Janelle Monáe in ein klischeehaftes Korsett zwingen ließe, mit einer plumpen Reduzierung auf’s Kerngeschäft Marke “schwarz=rap/soul/r&b” sollte man der aufgeklärten und selbstbewußten Feministin besser nicht kommen. Trotzdem: Die Stücke des aktuellen Werkes konzentrieren sich einmal mehr auf ihre Stärken, die sie maßvoll und nicht hoppladihopp zu variieren versteht, was sie sich an überspannten Experimenten schenkt, steckt sie jetzt in allerfeinstes Songwriting. “Give Em What They Love” mit Altguru Prince kommt schon mächtig geschmeidig daher, die dreifache Herrlichkeit aus “Q.U.E.E.N.”, “Electric Lady” und dem furiosen “Dance Apocalyptic” läßt, unterstützt von Erykah Badu und Solange Knowles, in punkto Funkyness und Groove keine Wünsche offen.
Viel Dies-, wenig Jenseitiges also, kurze Radiosequenzen vermitteln ein hektisch flirrendes Metropolenklima und umrahmen weitere Perlen: Warum soviel Bohei um das Pixies-Sample (“Where Is My Mind”) beim wunderbaren Duett mit Miguel in “Prime Time” gemacht wurde, verstehe wer will – man muß schon viel Fantasie haben, um hier auf Ideenklau zu plädieren. Auf das hardrockig-breitbeinige Gitarrengezeter will offensichtlich zur Zeit niemand verzichten, Frank Ocean hatte ja bei “Pyramids” den Aufschlag gemacht, bei Kanye West und Jay Z tauchte es ebenso auf und auch Janelle Monáe bringt reichlich davon – nun ja. Dann lieber die 1A-Bewerbungunterlage für den nächsten Bond (“Look Into My Eyes”), die leicht sozialaromatische Soulfunknummer “Ghetto Woman” oder der entspannte Jazz gemeinsam mit Esperanza Spalding (“Dorothy Dandridge”). Jeden dieser Ausflüge mag man mitgehen, sie sind sorgsam gewählt und gekonnt arrangiert.
Klar, dass Monáe auch hier als Klassen- und Lagerkämpferin sichtbar bleiben will, leicht ist sie weiterhin nicht zu haben. „My message is to rebel against sexism“ (NME) steht gleichsam in Versalien über all ihren Arbeiten, differenzierte, selbstbestimmte Wahrnehmung ist ihr nach wie vor ein wichtiges Anliegen: “One of my responsibilities has been to redefine this whole notion of femininity and all those things that society places upon us as women. We are not all monolithic and we will not be marginalised. What is femininity? I don't actually know" (Guardian). Im Wissen um diese Haltung ist dann auch die Sexyness, mit der sie manche ihre Videoclips als glitzerndes Varieté überzeichnet, kein Widerspruch mehr. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang wohl auch ihre oft erklärte Verehrung für David Bowie, seine Wandlungsfähigkeit, seine schillernde Persönlichkeit und sein Kunstverständnis. Vielleicht reden wir ja bald gar nicht von der neuen Grace Jones, sondern von der Thin Black Duchess. http://www.jmonae.com/
“The Electric Lady”
(Atlantic/Warner)
Schwer zu fassen ist sie noch immer. Vor drei Jahren legte Janelle Monáe mit ihrem Album “The ArchAndroid” einen fulminanten Blitzstart hin, hingerissen die Kritik, begeistert das Publikum, ihr Alter Ego Cindi Mayweather im hübschen Fritz-Lang-Kostüm konnte sich vor überschwänglichen Hymnen und Prophezeiungen kaum retten, die Platte ging durch die Decke. Wer da anmerken wollte, dass sich Monáe mit ihrem irrwitzigen Stilmix, dem Wundertütenhaften ihres Debüts, vielleicht doch etwas verhoben habe, musste sich wenigstens ein paar bissige Töne gefallen lassen. Doch auch wenn die Dame aus Kansas noch immer auf die Übernahme der Weltherrschaft durch die Maschinenmenschen (ca. 2029) schwört, auch wenn “The Electric Lady” im Titel noch als Fortsetzung des Vorgängers markiert wird – das neue Album wirkt nun weitaus geerdeter und schlüssiger, die Künstlichkeit ist fast verschwunden oder, wie der Guardian vermutet: “Perhaps this is the drip-drip process of the android becoming human.”
Das heißt nun natürlich nicht, dass sich Janelle Monáe in ein klischeehaftes Korsett zwingen ließe, mit einer plumpen Reduzierung auf’s Kerngeschäft Marke “schwarz=rap/soul/r&b” sollte man der aufgeklärten und selbstbewußten Feministin besser nicht kommen. Trotzdem: Die Stücke des aktuellen Werkes konzentrieren sich einmal mehr auf ihre Stärken, die sie maßvoll und nicht hoppladihopp zu variieren versteht, was sie sich an überspannten Experimenten schenkt, steckt sie jetzt in allerfeinstes Songwriting. “Give Em What They Love” mit Altguru Prince kommt schon mächtig geschmeidig daher, die dreifache Herrlichkeit aus “Q.U.E.E.N.”, “Electric Lady” und dem furiosen “Dance Apocalyptic” läßt, unterstützt von Erykah Badu und Solange Knowles, in punkto Funkyness und Groove keine Wünsche offen.
Viel Dies-, wenig Jenseitiges also, kurze Radiosequenzen vermitteln ein hektisch flirrendes Metropolenklima und umrahmen weitere Perlen: Warum soviel Bohei um das Pixies-Sample (“Where Is My Mind”) beim wunderbaren Duett mit Miguel in “Prime Time” gemacht wurde, verstehe wer will – man muß schon viel Fantasie haben, um hier auf Ideenklau zu plädieren. Auf das hardrockig-breitbeinige Gitarrengezeter will offensichtlich zur Zeit niemand verzichten, Frank Ocean hatte ja bei “Pyramids” den Aufschlag gemacht, bei Kanye West und Jay Z tauchte es ebenso auf und auch Janelle Monáe bringt reichlich davon – nun ja. Dann lieber die 1A-Bewerbungunterlage für den nächsten Bond (“Look Into My Eyes”), die leicht sozialaromatische Soulfunknummer “Ghetto Woman” oder der entspannte Jazz gemeinsam mit Esperanza Spalding (“Dorothy Dandridge”). Jeden dieser Ausflüge mag man mitgehen, sie sind sorgsam gewählt und gekonnt arrangiert.
Klar, dass Monáe auch hier als Klassen- und Lagerkämpferin sichtbar bleiben will, leicht ist sie weiterhin nicht zu haben. „My message is to rebel against sexism“ (NME) steht gleichsam in Versalien über all ihren Arbeiten, differenzierte, selbstbestimmte Wahrnehmung ist ihr nach wie vor ein wichtiges Anliegen: “One of my responsibilities has been to redefine this whole notion of femininity and all those things that society places upon us as women. We are not all monolithic and we will not be marginalised. What is femininity? I don't actually know" (Guardian). Im Wissen um diese Haltung ist dann auch die Sexyness, mit der sie manche ihre Videoclips als glitzerndes Varieté überzeichnet, kein Widerspruch mehr. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang wohl auch ihre oft erklärte Verehrung für David Bowie, seine Wandlungsfähigkeit, seine schillernde Persönlichkeit und sein Kunstverständnis. Vielleicht reden wir ja bald gar nicht von der neuen Grace Jones, sondern von der Thin Black Duchess. http://www.jmonae.com/