Jan Delay: Macht was gegen hässlich

Jan Delay: Macht was gegen hässlichJan Delay und Disko No. 1
Strom, München, 6. April 2014
Gastspielwoche auf Mapambulo: Den Anfang macht der Herr mit der markanten Knödelstimme aus Hamburg-Eppendorf – Clubgigs mit Jan Delay, Scheiße Alter, sowas gibt’s noch?! Selten genug, und deshalb war auch klar, wie der Abend läuft. In ist, wer drin ist, diejenigen also, die es in die Erlebnissauna samt Augustiner-Aufguss namens Strom geschafft hatten, machten von Beginn an deutlich, daß das Gebot der folgenden zwei Stunden Party heißen musste. Und der freundliche Herr im modischen Karo auf der Bühne ließ ebensowenig Zweifel aufkommen, dass er diesem Gebot bedingungslos zu folgen bereit war. Kleinere Bedenken galt es noch zu zerstreuen, tourt Herr Eißfeldt doch momentan eigentlich für die Promo seiner neuen Leidenschaft called Rockmucke nebst dazugehörigem Album “Hammer und Michel”, doch auch wenn er eingangs meinte, er wolle sich nicht nochmal nach Funkytown aufmachen – seine eigentliche Heimat konnte er weiß Gott nicht verleugnen.
Wer also befürchtet hatte, der Bursche würde von grobschlächtigen Brüllmetallern in speckigen Lederjacken begleitet werden, durfte sich schnell wieder entspannen – die zehnköpfige Band samt schmissigem Backroundchor hatte keinerlei Schwierigkeiten, alle Ängste zu rockistischen Auswüchsen zu zerstreuen. Zwar steuerte die neue Platte mit “Fick”, “Dicke Kinder”, “Liebe”, “Nicht eingeladen” und “Hertz 4” knapp die Hälfte zur Setlist bei, aber selbst der Opener “Wacken” und das als zu “bräsig” (SZ) gescholtene “St. Pauli” hatten live genügend Funk und Soul, um kräftig zu beißen. Die restliche Nummernrevue funktionierte ohnehin als gewohnt clevere Mischung aus Studiedisko und Alterswerk. Man kann das verwerflich finden, wie sich Jan Delay um des Erfolges Willen durch die Musikgeschichte klaut, schamlos, aber punktgenau die leckersten Riffs von Blur, Lenny Kravitz, Guns’n Roses, den Red Hot Chili Peppers und den Beastie Boys für seine eigene Suppe verkocht – dem ausgelassenen Mob jedenfalls hat’s bestens geschmeckt.
Wobei “ausgelassen” den Gemütszustand im Saal eher vorsichtig umschreibt. Es dürfte von diesem Abend eher wenige der üblichen mobilen Foto- und Filmhäppchen geben, wer es dennoch versuchte, lief schnell Gefahr, dass sein Smartphone der Flugbahn eines Bierbechers folgte. Von Anfang bis Ende kein Halten, die Meute hüpfte, schrie und tanzte ganz so, wie es der Taktgeber mit Bigband auf der Bühne vorgab: “Der ganze Scheißclub!” hieß die Anweisung und die wurde strikt befolgt. Ob das dann Hardrock, Dub oder Disko hieß, ob neu oder “Türlich, Türlich”, “O Jonny”, “Klar” – alles war egal, solange es wild war. Am Ende stand man durchnässt und mit schwammigem Schädel vor dem Plakat einer Baumarktkette an der Bushaltestelle, las “Mach was gegen hässlich!” und dachte bei sich, dass der Macker da drinnen genau das seit Jahren tut. Und die Welt kostet es tatsächlich nicht.

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