Welch ein Erlebnis. Das war mal wieder ein hochemotionaler Wettkampf. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Alle waren sich einig, dass dies die bestbesetzte ITU-Weltmeisterschaft war, die es je gab. Das Multisport-Konzept der ITU scheint aufzugehen, denn das Niveau steigt. Während bei den Cross-Triathleten ohnehin gern noch außer der Kohle andere Werte zählten, scheint es nun auch auf der Langdistanz am Samstag richtig zur Sache zu gehen mit so prominenten Starten wie Terenzo Bozzone aus Neuseeland und den beiden aus Pontevedra stammenden Pablo Dapena (Titelverteidiger) und Javier Gomez (der frisch eingeflogen wird aus Bermuda, wo er noch vor wenigen Tagen Zweiter im WTS-Rennen über die Kurzdistanz wurde).
Pontevedra und die Küste Galiciens hat mich total überrascht. Hier könnte man auch mal ein Trainingslager machen. Wunderschöne, hügelige Landschaft mit sattem Grün, viel Wein und Obst und riesigen Eukalyptus-Wäldern. Dazu eine extrem zerrissene Küstenlandschaft mit tausenden Granitfelsen, Untiefen und vielen Leuchttürmen und Fischerhäfen. Echt traumhaft! Dazu gibt es jede Menge erstklassiger Restaurants und alles folgt dem maritimen Thema. Entsprechend groß ist die Auswahl an leckerem Seafood.
Nachdem die Duathlon-Sprint und -Kurzdistanz rum war, kamen die Cross-Triathleten dran, bevor die etwas exotischeren Randthemen wie Aquathlon und Aquabike und dann schließlich die ITU-Langdistanz zum Abschluss dran kommen.
Der Cross-Triathlon wurde wieder mal über die sehr kurzen Distanzen 1 km Swim – 30 km MTB und 7 km Laufen ausgetragen. Allen Wettkämpfen gleich fand das Schwimmen im Rio Lérez statt, der leider nur knapp über 14°C Wassertemperatur aufbieten konnte. Gerade genug, um das Schwimmen nicht verkürzen oder ganz ausfallen lassen zu müssen. Neo-Pflicht war also angesagt. Auch die Wechselzone, sowie die ganze Logistik drumherum wurde für alle Spielarten gemeinsam genutzt und war sehr city-nah direkt an der Avenida Buenos Aires direkt am Fluss gelegen.
Aber zum Wettkampf selber: Genau wie bei der EM in Ibiza im Vorjahr waren die Starts (aus unserer deutschen Sicht) unüblich spät am Tag. Aber warum auch nicht? Gerade bei Rennen, wo man nicht unbedingt die Sommerhitze beachten muss, bietet ein später Start im Grunde nur Vorteile.
So konnten wir gemütlich ausschlafen, ebenso entspannt in aller Ruhe frühstücken bis zum Ende der Frühstückszeit und so mussten wir uns auch nicht mehr extra um ein Mittagessen kümmern. Dann war noch genug Zeit alles herzurichten, die Startnummern anzubringen, die Body Tatoos zu applizieren und unsere Siebensachen ins Auto zu verfrachten. Dann ging es über die extrem gut ausgebaute Autobahn nach Pontevedra, dort parken und dann jeder für sich die entsprechende Pre-Race-Routine abspulen. Ich muss unbedingt noch ein paar Meter radeln und laufen, sonst brauche ich noch länger, um später im Rennen in meinen Tritt zu kommen. Dann Bike einchecken. Alles klappt reibungslos und völlig unaufgeregt. Ein paar Meter weiter ist in einer großen Halle das perfekte „Athleten-Center“ aufgebaut mit Duschen, Toiletten, Platz für die After Race-Beutel und für später die Zielverpflegung, Finisher T-Shirts, Massage. Tip top organisiert!
Auch das Vorstart-Prozedere klappt wie in Ibiza wie am Schnürchen. Da brauchen wir Deutschen uns gar nichts einbilden – das kriegen wir auch nicht besser hin. Zuerst die Elite M/W, dann die Männer bis 39 (blaue Badekappen), dann 40-49 (weiß), dann wir alten Herren 50+ (grün) und schließlich die Damen (gelb). Okay, so müssen wir wieder durch eine Horde jüngerer Herren schwimmen, radeln und laufen, aber der Fluss ist so breit, dass das echt entspannt geht. Zu Beginn der Radstrecke (insbesondere an der Trage-/Schiebe-Passage) gibt’s zwar ein wenig Stau, aber die verlorene Zeit hält sich in Grenzen (und ist ja für die eigene AK zumindest ähnlich). Und beim Laufen macht das Überholen ohenhin immer einen riesen Spaß und motiviert zum Schnell-Laufen.
Endlich erwische ich mal einen ganz famosen Start und beiße mich an ein Paar Füßen fest, die ich gerade so halten kann. Nur der italienische Spitzenschwimmer Gianpierto De Faveri (der spätere M50-Sieger, der fast so schnell schwimmt wie unser deutsches Wunderkind Jens Roth) ist noch voraus. Leider schwimmen wir gerade durch eine Horde Weißkappen an der Wendeboje…und – schwupp – ist er weg. Das war dann so grenzwertig für mich, dass ich es gerade nicht mehr schaffe, die 4 Meter-Lücke wieder zuzuschwimmen. Schade eigentlich. So dümple ich auf dem Rückweg allein vor mich hin, bis ein paar schnelle Grünkappen kommen und mich wieder aufsammeln. Als Sechster (M50+) entsteige ich den Fluten zusammen mit Sportfreund Bernd Übersezig. Also alles im tiefgrünen Bereich! Wir wechseln beide gleich langsam wie die Anfänger, aber ich bin letztlich vor ihm auf dem Rad und sehe ihn erst im Ziel wieder.
Wie gesagt gibt es auf den Singletrails ein paar kleinere Staus, aber sonst läuft alles richtig gut. Ganz oben am höchsten Punkt kommt gerade so eine britische Radrakete vorbei gedonnert (Mister Taylor/GBR) und zusammen mit Señor Zapata aus Spanien und mir machen wir einen flotten Express auf, da hier gerade eine lange Schotter-Passage zum ballern einlädt. Dummerweise hat Mr. Taylor zwar Druck, aber technische Schwächen und legt sich ergo gleich mal in voller Fahrt auf’s Maul. Da ich das als aufmerksamer Beobachter aber schon ahne, kann ich gerade noch geschickt ausweichen. Leider war da aber schon wieder der Spanier entkommen und so vergnüge ich mich bis zur T2 allein. Meine Fahrtzeit kann sich nicht mit den absoluten Radkanonen im Feld messen, geht aber völlig in Ordnung.
Ein deutlich besserer zweiter Wechsel und jetzt ging aber mal richtig die Post ab. Okay, zu Beginn brauche ich wieder diesen Tick zu lange, um meinen Rhythmus zu finden, aber dann läuft’s richtig rund und macht Spaß. Das einzige Problem: Bei jedem Athleten, den ich überhole, schaue ich auf die Wade…und kein Schwein hat ein M50 drauf stehen! Alles dabei von M20 bis M45, aber verflixt nochmal kein M50. Manche haben das Tatoo allerdings schon so verwischt, dass man es nicht mehr erkennen kann und andere tragen „Wadenwärmer“. Egal, es läuft, es macht richtig Laune und ich fliege an ziemlich vielen Kollegen vorbei. Im Ziel reicht es dann trotzdem „nur“ zu Platz 7, was aber in diesem Weltklasse-Aufgebot total in Ordnung geht. Außerdem kann die absolute Weltspitze eben auch laufen. Ganze 5 Athleten schaffen eine Laufzeit unter 30 Minuten und die anderen vier sind halt auch alle vor mir. Aber mit der drittbesten Laufzeit liegt es definitiv nicht an der dritten Disziplin.
Insgesamt ein sehr, sehr gutes, ausgeglichenes Rennen von mir, mit dem ich absolut zufrieden sein kann. Okay, mein geliebter erster Wechsel – den darf ich in den kommenden Wochen echt mal üben. Aber sonst kann ich mir für die frühe Saison wirklich keinen Vorwurf machen. Alles gut. Außerdem darf man eben nicht vergessen, dass dies eine Weltmeisterschaft ist. Und so kamen neben den üblichen Verdächtigen (De Faveri, Will) auch noch so Typen wie der laufstarke Neuseeländer Martin Ralph dazu. Außerdem spürt man jedes einzelne Jahr: Die Hälfte der vor mir Platzierten sind „Newcomer“ in die Agegroup (Jahrgang 1969). Letztlich ist der 7. Platz etwas undankbar, da hinter mir fast 3 min. Luft ist, während 2 min. schneller bereits der 4. Platz auf mich wartet. Aber Platzierungen sind auch nicht alles und so bin ich einfach nur glücklich und zufrieden mit einem super Rennen, in dem ich alles gegeben habe, was gerade so da war.
Race Stats:
- Wetter: Sonnig, bei 22°C und einem leichten Nordwestwind; Wasser: 14,5°C
- Strecken: 1k Swim – 30k Bike mit 720 Hm – 7k Run mit 85 Hm
- Zeiten: 16:42 (Swim) – 1:50 (T1) – 1:24:24 (Bike) – 2:18 (T2) – 29:43 (Run) = 2:14:55 gesamt
- Platzierung: 7. Platz M50
- Material: Zone 3 Vanquish Wetsuit, Zone 3 Goggles, SCOTT Spark RC MTB, SCOTT RC MTB-Schuhe, SCOTT Centric Plus Helm, SCOTT MTB Handschuhe, Compressport-Socken, Oakley Radar EV Path Brille, DTU National-Einteiler, Asics DS Racer Laufschuhe
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- Leider gibt’s mal wieder von den DTU-Presse-Kollegen bis jetzt noch nichts…