Italiens Dilemma

Kann man Wahlergebnisse befehlen? Oder dafür sorgen, dass man von außen dem betreffenden Wahlvolk erklärt, was es zu wählen habe, bzw. welche Regierung die richtige wäre? Ist es denn überhaupt noch Demokratie, wenn die EU und ihre politischen Protagonisten den Italienern erklären, was und wen sie wählen sollen und diese täten dies dann auch wirklich? Italien hat nicht das getan, was man von ihm erwartet und erst recht nicht das, was die EU für richtig erachtet hat. Niun, die Italiener taten das, was sie wollten. Sicher nicht, weil sie es für richtig gehalten haben, sondern weil sie sich nicht gern von irgendwelchen hergelaufenen Europäern sagen lassen wollen, was richtig ist für sie und was falsch. So, wie das vermutlich jedes andere Volk auch getan hätte, dem eine Horde EU-Bürokraten sagen will, wo der Hammer hängt... Und so kam das Ergebnis heraus, dass zu erwarten war - Berlusconi, der alte geile Sack, der Italien schon mehrfach "regierte" und dabei so dicht an den Rand des wirtschaftlichen und politischen Abgrundes manövriert hat, wo es nun steht, hat vom Volk die Macht bekommen, eine ihm nicht genehme Regierung zu blockieren, bzw. nach seiner Pfeife tanzen zu lassen! Der hetzende "Komiker" Beppe Grillo hat jeden 4. Italiener/ItalienerIn davon überzeugt, dass Politik und Demokratie (nicht nur in Italien) zum schlechten Witz verkommen ist. Und so wählten sie ihn. Der Rest der Stimmen fand sich auf den Stimmzetteln bei den Sozialdemokraten des Pier Luigi Bersani. Monti, den sie den Technokraten nennen und auf den die EU so große Stücke hält, der sich aber nicht frühzeitig genug dazu durchringen konnte, für die Wahlen zu kandidieren, nachdem er ohne jede demokratische Legitimierung ins Amt des Miniterpräsidenten gelangt war. Er war es auch, der nach bewährtem europäischem Vorbild eine Sparpolitik zu verantworten hat, die ausschließlich zu Lasten der Arbeiter und Angestelltn, der kleinen Leute also, geht und er ist ebenso dafür verantwortlich, dass die Jugendarbeitslosigkeit bei 37 % stabilisierte! Eine Jugend ohne Zukunft, Menschen, die Angst um ihre Jobs haben und eine Steuerbelastung, die lediglich die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen trifft, da freuen sich korrupte und populistische Politschweine wie Berlusconi. Die haben zwar auch keine Lösung, aber dafür umso mehr saudummes Geschwätz parat, mit dem sie verunsicherte Wähler fangen, obwohl denen mehrheitlich klar sein müsste, dass die Versprechungen solcher Mumien wie dem sog. Cavaliere ebenso weit von der Realität entfernt sind, wie der Mond von der Erde. Nun stehen alle begossen da. Nur Grillo lacht sich ins Fäustchen, kann seine Bewegung doch nun im Parlament Fundamentalopposition treiben, wie er es schon angekündigt hat. Vermutlich wird es deshalb bald Neuwahlen geben müssen, wenn keine handlungsfähige Regierung zustande kommt. Man darf auf das Ergebnis gespannt sein! Warum aber, so fragt man sich unwillkürlich, verlangt die EU von den verschuldeten Staaten Europas eine Politik, die einseitig zu Lasten der einfachen Menschen geht und verschont die Reichen und die großen Vermögen, behelligt keine Großunternehmen und Konzerne mit Steuern und schiebt den Bankstern in alles Staaten die Euroscheine milliardenweise in die breiten Ärsche? Weil die Banken und ihre kriminellen Kasinos systemrelevant sind, die Konzerne die Macht besitzen, die Politik in der EU und in jedem einzelnen EU-Staat zu bestimmen (mit Ausnahme vielleicht von Island) und weil die Reichen die Politiker auf die ein oder andere Weise eingekauft und korrumpiert haben. Woher soll denn da sozial verantwortungsvolle Politik kommen? Woher Nachhaltigkeit und woher anständig bezahlte Arbeitsplätze?  Alles gelogen und aus den Fingern gesaugt? Wer sieht, wie Berlusconi "Politik" macht, der kann sich vorstellen, wie es überall in der Politik zugeht, nur nicht immer ganz so auffällig. Nicht jeder ist derartig unverschämt wie Botox-Silvio und macht den Staat zu einem Selbstbedienungsladen, schustert sich die Gesetze so zurecht, dass ihm vermeintlich kein Ungemach von der Justiz dräuen kann.
Oder nehmen wir Spanien als weiteres Beispiel? Die gesamte politische "Elite", die jetzt an der Macht ist, angetreten mit dem hehren Versprechen, Spanien aus der Schuldenkrise zu führen, ist vermutlich ebenso korrupt, wie die Regierungen vorher. Sogar der Ministerpräsident Mariano Rajoy soll sich, neben regelmäßigen Zahlungen aus schwarzen Parteikassen, ausgerechnet in der schlimmsten Krise und ganz nebenbei eine satte Gehaltserhöhung gegönnt haben, während auf sein Geheiß hin den einfachen Menschen die Renten gekürzt, die Gesundheitsversorgung zusammen gestrichen und auch sonst der gesamte Sozialstaat nach bewährtem kapitalistischen Muster rasiert und eingedampft worden ist. Die Arbeitslosigkeit ist exorbitant hoch und hunderttausende Spanier sind aus ihren Wohnungen geworfen worden, für die sie die Raten nicht mehr zahlen konnten. Die Arbeitslosigkeit ist enorm! Das ist der Stoff, aus dem gewöhnlich Revolutionen gemacht sind! Überall ist es das gleiche Spiel! Über die Situation in Griechenland brauchen wir uns nicht weiter auslassen. Jedem sind die Fakten bekannt. Armut, Hunger und Not sind die Folge - nicht bei den Wohlhabenden, Reichen, Schönen und Korrupten, nein, es sind die einfachen Leute, die für die Fehler der Politik büßen müssen, die sterben müssen, weil die Politik versagt und nicht bereit ist, dafür die verantwortung zu übernehmen. Es ist die Politik, die nicht bereit ist, diejenigen an den Kosten der Krise zu beteiligen, die deren Gewinner sind und nun in aller Ruhe ihre illegalen Gewinne ins Ausland schaffen können, bevor der Staat irgendwann doch noch unter dem Druck der Wähler halbherzig versucht, ein paar der unrechtmäßig ergaunerten Euros abzuschöpfen. Europa ist zu einer Pfründe des Kapitals geworden. Politiker agieren nur noch im Interesse der Konzerne und des Kapitals, was sie jedoch für gewöhnlich mit dem Allgemeinwohl begründen. Davon kann aber solange keine Rede sein, wie die Interessen der Wirtschaft die alleinigen Massstäbe sind, an denen Politik sich orientiert. Der grassierende Neoliberalismus ist die Pest des 21. Jahrhunderts und dagegen müssen wir mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen. Allzu wählerisch dürfen wir dabei nicht sein!
weiterführende Links:
  • Italiens Ausweg sind Neuwahlen - Große Koalition oder Minderheitsregierung? (Artikel auf handelsblatt.com vom 26.2.2013)


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