Ist Print das bessere Medium?

Bekanntlich bin ich bibliophil. Ob das eine ansteckende Krankheit ist? Ich hoffe! Lesen bildet. Das ist eine alte, keineswegs aber veraltete Weisheit. Wer kann am Bildschirm wirklich mehr aufnehmen als schnelle Informationen, wer kann längere Texte erfassen und verarbeiten? Wer liest schon online ein Buch? Wer jetzt „ICH!“ ruft, möge mir das bitte beweisen – aber Vorsicht: Kontrolltools gibt es zuhauf! Wie gesagt, ich schätze Papier; ich liebe Bücher, Zeitschriften, Zeitungen. Letztere allerdings nicht mehr in tagesaktueller Form, weil sie das schlicht nicht sind. Wochenzeitungen gönne ich mir, die Meldung, die Nachricht, den Bericht dagegen lese ich online. Den Hintergrund, das Wissen zur Information beschaffe ich mir auf Paper – selbst wenn ich es aus dem Drucker und nicht vom Kiosk hole. Nun hat ein Blogger versucht, das zu tun, was ich für richtig und wichtig erachte: Er suchte Argumente für bedrucktes Papier. 50 an der Zahl zählt er auf. Doch gelungen, zu beweisen, dass Papier „praktischer“ ist, ist ihm nicht.Vielleicht war ja die Idee gut und schlicht der Ansatz falsch? Lassen Sie´s uns doch einfach diskutieren:

 

Schwarz zitiere ich die 50 Argumente des Kollegen und gebe dann in oranger Schrift meine Ansicht dazu kund, die natürlich ebenso diskutierbar ist, wie die Ursprungsmeinung. Was mir fehlt, das kann ich gleich zu Beginn feststellen, sind Belege für so manche Behauptung. Wäre der Blogger einer meiner Autoren, würde ich ihn zurück an den Schreibtisch schicken mit der Anweisung, besser zu recherchieren, Wiederholungen und Banalitäten zu eliminieren und weniger zu polemisieren. 1. Papiermedien funktionieren immer. Außer bei Streik, wenn ich nicht aus dem Haus kann oder die Läden die gewünschte Publikation nicht führen. Also eine Frage der Verfügbarkeit. Beim Web stellt sich die Frage zwar auch, doch hat man Internet, hat man im Prinzip alle Informationen, die das Web bietet. 2. Papiermedien gehen auch dann nicht kaputt, wenn sie nass werden. Könnten alle Bücher und Zeitschriften hier als Zeugen auftreten, die ich schon in der Badewanne versenkt habe… Aber grundsätzlich richtig, wenn die Papier- und Druckqualität passt. 3. Papiermedien kann ich im Bett lesen. Korrekt. 4. Papiermedien kann ich in die Badi mitnehmen, ohne Angst, dass sie geklaut werden. Was ist eine „Badi“? Ein Schwimmbad? Wäre auch korrekt. 5. Papiermedien kann ich in den Rucksack packen, wenn ich in wandern gehe. Korrekt. (Hätte ich ein iPhone, könnte ich das auch. Und auch gleich nach dem Wetter schauen. Und nach der Route. Und nach der Speisekarte der nächsten Hütte… Na, lassen wir das. Ich habe kein iPhone.) 6. Papiermedien brauchen keine Batterien und keinen Netzanschluss. Korrekt. Wichtigstes Argument! 7. Papier kann man problemlos recyclen. Korrekt. Rohstoffe vernichtet dieses wie jenes, Papier allerdings ist definitiv ökologischer, wenn es auf Plantagen „angebaut“ wird. Das, was elektronische Geräte in sich tragen, ist alles, nur nicht ökologisch. 8. Was auf Papier gedruckt ist, ist relevanter und entspricht der Wahrheit eher als Online-Medien, weil eine Organisation (Redaktion, Verlag usw) die Qualität des Inhalts überprüft hat. Absoluter Quatsch! 9. Was auf Papier gedruckt ist, ist sorgfältiger geschrieben. Denn was gedruckt ist, kann man nicht mehr mit Knopfdruck löschen. Das erhöht die Sorgfalt der Autoren massiv. Das erlebe ich anders (und auch meine Kollegin, die Lektorin und Korrektorin ist). Printmedien haben Korrektorate (auch elektronische). Aber auch die erhöhen nicht die sprachliche Qualität von Texten, wie man sehr einfach prüfen kann.  10. Papiermedien sind dauerhafter als elektronische Medien. Bücher ja. Zeitschriften… hm… naja… njein. Zeitungen? Nein! Man stöbere nur einmal durch die Websites. Da lassen sich Beiträge finden, die Jahre alt sind. So recherchieren Journalisten übrigens heutzutage… 11. Wenn ich einen Text behalten will, muss ich ihn nicht erst ausdrucken. Ich nicht. Aber andere. Hier stellt sich mir wieder die Frage nach der Verfügbarkeit. 12. Papier ist besser für meine Augen als der Bildschirm. Woher hat er das? Stimmen tut´s nicht, sagen Ophtalmologen. Der Bildschirm macht die Augen lediglich schneller müde, nicht aber schlechter. 13. Papier ist besser für meinen Rücken, weil ich in jeder Position lesen kann. Unterschreibe ich unter einem anderen Gesichtspunkt: Ich kann meine Position frei wählen. Besser sitzen tu´ ich sicher auf dem Schreibtischstuhl als lümmelnd im Sessel. Aber wie gesagt, die freie Positionswahl überzeugt mich. 14. Papier ist hygienischer, da die Computertasten bekanntlich schmutziger sind als Klobrillen. Meine nicht, sie werden regelmäßig desinfiziert (wie auch meine Hände, Türklinken etc.) 15. Papiermedien sind schöner, weil der Druck scharf ist und selbst kleinste Buchstaben problemlos lesbar sind (vorausgesetzt, dass man scharf genug sieht). Tipp: <Strg> <+> kann helfen. Und ein guter Bildschirm. 16. Papier hält fit, weil ich in die Bibliothek oder zum Kiosk gehen muss, um bestimmte Bücher und Zeitungen zu besorgen. Autsch! Das Argument ist… Naja, lassen wir das. Auch hier wieder das Thema: Verfügbarkeit. 17. Papier ist für die Konsumenten viel billiger, da sie für die Lektüre nicht immer wieder neue, teure elektronische Geräte kaufen müssen. Ich kaufe alle drei Jahre ein neues Notebook und lese darauf, was immer ich will. Blödes Argument. Tut mir leid, aber es ist einfach so. 18. Papiermedien sind umweltfreundlich, weil für die Produktion viel weniger Energie benötigt wird als für die Produktion von Computern. Kann ich mir gut vorstellen, ich hätte aber gern Zahlen dazu. So bleibt es eine Annahme. 19. Papier sichert das Überleben der Menschheit, weil für die Produktion und für den Konsum der Papiermedien weniger (Atom-) Strom verbraucht wird. Das ist nun wirklich… Wie formuliere ich´s? Naja, Sie wissen schon. Ein Bauchkrampfargument. 20. Papier erzeugt keinen Elektronikschrott, der die Bewohner der Dritten Welt vergiftet. Korrekt. 21. Der Kauf von Papiermedien sichert spannende Arbeitsplätze in Verlagen, Redaktionen und Buchhandlungen. Die Arbeitsbedingungen der Online-Medien sind bekanntlich erniedrigend für die Angestellten. Ich fühle mich nicht erniedrigt. Und ob der Verfasser ahnt, wie wenig Buchhändler bzw. die Verkäufer dort verdienen? Ob Hugendubel oder Tante Emma – spannend ist hier nur die Frage, wie die Miete zu bezahlen ist. Und wie in Verlagen und Redaktionen gearbeitet wird? Nicht auf Papier, das ist sicher, Papier ist lediglich das, was am Ende einer Produktionskette entsteht. Sehen tut der gemeine Printjournalist es lediglich im Laden. Wenn es dort zu erhalten ist… 22. Das Blättern in Papiermedien ist viel angenehmer als das Browsen in Online-Dokumenten. Korrekt! Suchen ist natürlich eine andere Sache. Aber Blättern… Ja, das liebe ich! 23. Wer eine gute Zeitung oder Zeitschrift liest, ist besser informiert. Denn Online-Medien sind viel weniger zuverlässig. Quatsch! 24. Der Inhalt von Zeitungen und Zeitschriften ist aktuell – Onlinequellen verbreiten hingegen oft veraltete Informationen. Ähem… Was ist daran aktuell, wenn meine heutige Zeitung mir erzählt, dass Gaddafis Sohn tot ist? Das wusste ich schon gestern – aus Onlinemedien! 25. Papiermedien sparen Zeit und Energie, die ich verbrauche, wenn mein Computer nicht funktioniert, was bekanntlich oft vorkommt. Der Verfasser dieser Zeilen sollte seinen Computer besser warten oder einen Neukauf in Erwägung ziehen. Und: Papiermedien sparen definitiv keine Zeit! 26. Papiermedien sind nicht abhängig vom Funktionieren des Internetanschlusses, der bekanntlich nicht immer funktioniert. Korrekt. 27. Papiermedien können nicht mit Knopfdruck zensuriert werden, so wie das mit Onlinemedien in China und anderswo geschieht. Auf Knopfdruck nicht. Aber sie werden zensiert. Ich hoffe, da besteht kein Zweifel?! 28. Papiermedien enthalten interessantere Informationen, weil sie in einer Organisation erarbeitet werden, in der Leute sitzen, die anständig bezahlt werden und die (auch deshalb) motiviert sind, gute Arbeit abzuliefern. (Ich lache gerade laut.) Ab-so-lu-ter Nonsens! 29. Papiermedien enthalten relevantere Informationen, weil der Benutzer nicht besondere Fähigkeiten besitzen muss, um Internet-Suchmaschinen zu bedienen. Aha. Woher bekommt ein Journalist Informationen, wenn nicht aus Datenbanken? (Der Verfasser hat wirklich keine Ahnung vom journalistischen Geschäft, das wird immer deutlicher!) 30. Papiermedien sind besser für die seelische Gesundheit, weil sie nicht süchtig machen. Jetzt wird´s hahnebüchen. 31. Papiermedien sind vorteilhaft für das soziale Ansehen, weil ein gut gefülltes Büchergestell das Prestige erhöht. Und jetzt wird´s lustig. Aber danke, ich fühle mich schon sehr prestigehaltig, weil mit vielen sehr gut gefüllten Bücherregalen lebend. 32. Papiermedien intensivieren die geistige Auseinandersetzung mit der Welt, weil das Lesen von Papiermedien konzentrierter abläuft als das Lesen von Texten auf einem Bildschirm. Das mag sein. Ich glaube sogar, dass es so ist. 33. Die Aufmerksamkeitsspanne ist beim Lesen von Papiermedien wesentlich länger. Korrekt. Das ist in -zig Studien bewiesen. 34. Papiermedien enthalten keine nervig flackernden Inserate. Dagegen gibt es hilfreiche Tools, die das Geblinke abstellen bzw. die Inserate eliminieren. 35. Aus Papier kann man Papier maché herstellen. Kindisches Argument. 36. Papier kann man nach dem Lesen auch für viele andere Sachen verwenden: Papierhüte, Ausstopfen von nassen Schuhen usw. Naja. Stimmen tut´s… 37. Papier ist ein einheimischer Rohstoff, der immer wieder nachwächst. Korrekt. 38. Papier ist natürlich und deshalb ein sehr angenehmes Material. Korrekt. 39. Es gibt viele verschiedene Papiersorten, das erhöht den haptischen und visuellen Genuss. Korrekt. Allerdings sind die dann nicht mehr wirklich ökologisch. 40. Fotos kann man auf Papier in viel besserer Qualität reproduzieren als auf einem Bildschirm. Aber nicht bearbeiten wie einen Ausschnitt vergrößern, zoomen etc. 41. Papier gibt es in ganz verschiedenen Formaten. Meinen Bildschirm auch. (Okay, das war jetzt blöd. Sorry. Aber das Argument war auch eher banal.) 42. Eine grossformatige Zeitung wie die «Zeit» kann man unmöglich auf einem Bildschirm wiedergeben. Auch die grössten Bildschirme sind zu klein dafür. Ich hasse großformatige Zeitungen, für die man im Zug zwei Sitzplätze braucht! Wozu sollen diese Formate gut sein? Mehr Information auf einer Seite bedeutet doch nicht mehr Information?! 43. Papiermedien kann man vollkritzeln, und man kann den Text unterstreichen. Nur so kann man längere Texte wirklich konzentriert lesen und verstehen. Ich kritzle nicht, schon gar nicht in Bücher (ich bin bibliophil, wie gesagt). Konzentriertes Lesen ist auch ohne Schmiereien möglich. Speichern kann ich Texte nur elektronisch. Wiederfinden kann ich sie auch nur elektronisch. 44. Papier stürzt nie ab. Korrekt. Hatten wir aber schon. 45. Papier hat nie einen leeren Akku. Auch das ist korrekt, aber eine Wiederholung. 46. Wer Papiermedien aufbewahren will, benötigt keine teuren Druckerpatronen fürs Ausdrucken. Korrekt. Aber Platz. Und irgendwann ein Archiv, das man… wie verwaltet? Elektronisch. 47. Papiermedien respektieren das Urheberrecht. Uuuuaaahhh!!! Entschuldigung, aber das ist nun wirklich Schmarrn! Medien respektieren das Urheberrecht! Privatpersonen neigen eher dazu, es zu missachten. Sei es absichtlich („Post Privacy“) oder aus Unkenntnis. 48. Papiermedien erschweren die Piraterie. Abschreiben kann ich hier wie da. Copy&Paste ist natürlich hier einfacher, aber Plagiate verhindert kein Papier der Welt! 49. Die Lesbarkeit von Texten ist viel besser auf Papier als auf einem Bildschirm. Ich lese lieber auf Papier. Ob die Lesbarkeit besser ist? Vermutlich kommt es auf den Bildschirm an, auf Ergonomie, auf Schriftart und -größe und auf Vorlieben. Ich hätte gern einen Beweis für diese Behauptung. 50. Das Kursbuch zeigt alle Verbindungen, nicht nur die, die im elektronischen Fahrplan programmiert sind. Auch kurzfristige Änderungen? Eher wohl nicht, oder?

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