Seit Jahrhunderten scheitern Forscher am Voynich-Manuskript aus dem Mittelalter. Keiner kann es entziffern. Niemand kennt die Sprache. Doch jetzt gibt es neue Erkenntnisse! Im Jahr 1912 entdeckte der amerikanische Antiquar Wilfrid Voynich in einem italienischen Jesuitenkolleg einen Packen Pergament mit mehr als 100 Seiten eng geschriebenen Text in einer seltsamen Schrift. Neben Buchstaben, die aus dem Arabischen und Lateinischen entlehnt sind, erscheinen darin auch völlig unbekannte Schriftzeicheän. Das Ganze allerdings ohne Satzzeichen, dafür aber mit Abbildungen von Sternen und Kräutern – man ist sich da nicht so sicher – und von nackten Frauen – da ist man sich wiederum sehr sicher. Der Fund machte damals Schlagzeilen und regte die Fantasie vieler Künstler an. So schrieb der berühmte Schriftsteller H.P. Lovecraft Horrystorys über ein in seltsamen Runen abgefasstes Buch namens “Necronomicon”, das die Tore zu den Dämonensphären öffnet. Es darf übrigens nicht verwundern, dass auch Dan Brown das Voynich-Manuskript in einem seiner Romane verwurstet hat, nämlich “Das verlorene Symbol”.
Vorbild für das “Necronomicon”
Das Voynich-Manuskript weckte vor allem den Ehrgeiz der Wissenschaftler: Die einen behaupteten, es handele sich um eine Geheimschrift, andere mutmaßten, es könne sich um das verschlüsselte Wissen eines Engelmachers handeln, dritte nahmen an, es sei eine Kurzschrift. Bis heute ranken sich wilde Geschichten um dieses Manuskript, eine spannender als die andere. Selbst Kryptografen amerikanischer Geheimdienste versuchten den Code zu knacken und Ende des 20. Jahrhunderts wurde ein Alphabet entwickelt, um den unlesbaren Text maschinenlesbar zu machen. Mithilfe des Computers wurden die Häufigkeit der Buchstaben, die Länge der Wörter und die Sinnhaftigkeit analysiert. Zwar deuteten die Ergebnisse auf eine Mischung aus Englisch und Hawaiianisch hin, doch ein Sinn wurde auch da nicht erkennbar. In den letzten zehn Jahren kamen mehrere Untersuchungen zu dem Schluss, dass es sich um eine ausgefeilte aber sinnlose Aneinanderreihung von Zeichen handelt, die mit Schablonen und Buchstabentabellen erstellt wurde.
Neue Erkenntnisse aus Manchester
Letzten Monat haben die Wissenschaftler Marcelo Montemurro, theoretischer Physiker an der University of Manchester, und Damián H. Zanette vom Instituto Balseiro in Bariloche im Fachjournal “PLOS one” eine neue Untersuchung vorgelegt, wonach das Manuskript in einer realen Sprache verfasst wurde. Ihre Ergebnisse stützen die These, dass es einen Zusammenhang zwischen der linguistischen Struktur und den Zeichnungen im Text gibt. Demnach könnte der Text tatsächlich echte Botschaften enthalten. Welche das sein sollen, ist allerdings immer noch ein Rätsel. Aufgrund der Zeichnungen werden im Voynich-Manuskript fünf Teile unterschieden: Der größte Teil beschäftigt sich mit Pflanzen, die anderen mit Astrologie, Biologie, Pharmakologie und mit Rezepten. Untersucht wurde z.B. die Verteilung von Wortgebilden im Zusammenhang mit den Absätzen, in denen sie auftauchen. Worte, die besonders häufig in einem der Teile vorkommen, in den anderen jedoch nicht oder selten, haben den Forschern zufolge mehr Informationsgehalt als solche, die über das gesamte Manuskript verteilt sind. Auf diese Weise wurden 30 Wortgebilde mit dem mutmaßlich größten Informationsgehalt gesammelt. Im Zuge dessen stellten die Forscher einen Zusammenhang zwischen den Wörtern im Pflfanzenteil und der Pharmakologie fest sowie zwischen den Wörtern im astrologischen Teil und den Rezepten.
Alles nur Quatsch?
Unter vielen Experten und Hobbykryptografen herrscht dennoch große Skepsis. Ein Grund könnte natürlich sein, dass der Text einfach nur Quatsch ist. Ein anderer, dass eigentlich niemand dieses letzte Rätsel der Schriftkultur lösen will. Ein Rätsel, das seit 400 Jahren die geistige und wissenschaftliche Welt in Atem hält!
Wer miträtseln möchte, dem empfehle ich die Website von Jason Davies.
Viel Vergnügen!
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