Boah, bin ich kaputt. Schon der Weg zur Arbeit hat über eine dreiviertel Stunde gedauert. Den ganzen Tag geackert. Meine Kollegen treiben mich in den Wahnsinn und mein Chef ist die absolute Nulpe. Und die Kunden, mit denen ich heute telefoniert habe, sind allesamt Trottel. Und ich hab schon wieder zwei Überstunden diese Woche gemacht.
Bei einer solchen Erzählung denkt man doch automatisch, dass dieser arme Kerl einen harten Job hat, viel tut und sein Geld hart und ehrlich verdient.
Andererseits könnte man meinen, dass jemand, der seinen Tag folgendermaßen beschreibt, eher ein Lurrileben führt und wohl noch Kapazitäten nach oben hat:
Schon auf der Fahrt zur Arbeit hab ich drei Lieblingslieder im Stau gehört. Ich konnte volle Lotte mitsingen. Dann hab ich mit meinen Kollegen den Arbeitstag abgestimmt und zwei Missverständnisse konnten wir schnell aus dem Weg räumen. Ich habe sogar meinen Chef von meinem Standpunkt überzeugen können. Am Nachmittag hab ich noch mit ein paar Kunden telefoniert und konnte ihnen wirklich weiterhelfen, weil sie von der Materie noch nicht viel wussten. Weil ich noch etwas aufzuarbeiten hatte, bin ich noch etwas länger geblieben, da hatte ich Ruhe, um die Sachen durchzugehen.
Ich habe das Gefühl, dass die meisten Leute Arbeit erst als Arbeit würdigen, wenn man so richtig darüber jammern kann. Man muss abends kaputt nach Hause kommen, ansonsten hat man wohl nicht genug oder nicht hart genug gearbeitet. Ich möchte meine Arbeit lieber mit viel Spaß machen. Viel schaffen und stolz darauf sein, nicht verzweifeln, wenn es dann doch mal nicht klappt. Abends möchte ich lieber erzählen, was ich alles tolles gemacht habe, als zu lamentieren, was die anderen nicht gemacht haben. Und es soll mir egal sein, wenn andere sagen, ich sei faul. Oder gemütlich. Oder so. Mal sehen, ob das klappt.