Islam: Thüringer Sicherheitskreise beschwören Gefahren herauf

von Siegfried R. Krebs

ERFURT. (fgw) Laut Sicherheitskreisen finden sich hierzulande aktuell weder Hinweise auf terroristische Netzwerke, noch konkrete Anschlagsplanungen. Allerdings fasst im Freistaat zunehmend eine Strömung Fuß, die nach Expertenmeinung Radikalisierung zumindest befördert. Islam und Terror sind in der Wahrnehmung breiter Bevölkerungsschichten eng verbunden. Dabei sind die etwa 7.000 Muslime in Thüringen fast ausnahmslos gläubige Bürger.

Obiges ist in einem langen Artikel der “Thüringer Allgemeine” (TA) vom 12. Februar zu lesen. Man findet zwar keine Hinweise auf Gefahren, also beschwört man diese eben mal schnell medial herauf. Und dies genau zu dem Zeitpunkt, wo die Hungerrevolte in Ägypten einen “vom Westen” gehätschelten Autokraten hinweg gefegt hat.

Nach Einschätzung von Thüringer Sicherheitskreisen soll die Zahl radikaler Islamisten im Freistaat lediglich im mittleren zweistelligen Bereich liegen, das wären also 1 % (in Worten EIN Prozent) aller in Thüringen lebenden Muslime. Wörtlich heißt es in der TA weiter: “Die Zahl jener, die die Umsetzung des Islamismus dann auch mittels eines bewaffneten Dschihad befürworten, liege in Thüringen im niedrigen einstelligen Bereich.” Also etwa so viel wie an den Fingern einer Hand abzuzählen sind… Diese nüchternen Zahlen stehen ganz im Gegensatz zur reißerischen Überschrift des Zeitungsartikels.

Ganz wohl kann dem TA-Journalisten aber doch nicht gewesen sein, als er sich zum Sprachrohr namentlich nicht genannter Sicherheitskreise machte. Realistischer wird er in dieser Passage: “Vor dem 11. September 2001 war ich Muslim, jetzt bin ich für die Menschen, die mich auf der Straße ansehen, ein Terrorist.” Abdullah Dündar scheint resigniert, wenn man ihn nach dem Stand seines Glaubens in Deutschland fragt. “Hier gibt es Freiheit, Religionsfreiheit und Menschenrechte. Aber nur für Christen, nicht für Muslime.”Der hier zitierte Abdullah Dündar ist Imam der Erfurter Moschee und steht dem Internationalen Islamischen Kulturzentrum der Landeshauptstadt vor. Dündar kam 1987 nach Deutschland, lebt seit zwölf Jahren in Thüringen.

Doch was nicht sein darf, das kann nicht sein. Also folgt eine Passage, die man durchaus als diffamierend bezeichnen kann: “Der Imam scheint bemüht um Öffentlichkeit, nimmt am interreligiösen Dialog mit Christen und Juden teil, öffnet die Moschee für Interessierte, predigt auch auf Deutsch. Kürzlich lud Dündar auch unsere Zeitung zum Freitagsgebet ein und predigte Toleranz.”

Dann wird der wackere und “objektive” Journalist deutlich: “Doch die Zwischentöne müssen hellhörig machen.” Aha… Lass die Muslime reden was sie wollen, wir hören die gewaltbereiten Zwischentöne schon heraus.

Es heißt in der TA weiter: “In diesem Punkt gibt sich Dündar kompromisslos: ‘Der Islam ist die einzige Wahrheit’, sagt er im Gespräch.”

Nun, da sagt der Imam aber nichts anderes als die Pfarrer, Pastoren, Popen und Prediger etc. der diversen christlichen Konfessionen übers Christentum.

Ein Journalist sollte recherchieren, doch dieser orakelt lieber und beruft sich auf “Experten”. Auf Experten, die namentlich nicht genannt werden wollen: “Ein Islam-Experte mit Verbindungen zu Erfurter Moschee ordnet Imam Dündar den sogenannten Salafisten zu. (…) Allerdings, so der Experte der namentlich nicht genannt werden möchte, sei Dündar zu sehr in Deutschland zu Hause, um wirklich als Radikaler bezeichnet werden zu können.” Naja, so richtig möchte sich der Schreiberling doch lieber nicht festlegen und geht mit obigem abschwächenden Nebensatz mal schnell auf Nummer sicher.

Jede der drei Buchrelegionen hat Eiferer und Fanatiker hervorgebracht, die Religion und Politik verquicken. Man denke da nur an einen gewissen Mr. Bush, der seine Aggressionskriege gegen Afghanistan und Irak damit legitimiert hatte, daß “Gott” persönlich ihm hierzu den Auftrag gegeben habe.

Es wäre schön, und vor allem richtig, wenn sich die hiesigen Medien und “Sicherheitskreise” nicht nur mit möglichen islamischen Terrorristen beschäftigen würden, sondern alle religiösen Gruppen beobachten würden, denen Aufklärung, Menschenrechte, Demokratie ein Dorn im Auge sind. Evangelikale Eiferer gibt es leider auch in Thüringen mehr als genug.


www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Der-Islam-in-Thueringen-mit-Tendenzen-zur-Radikalisierung-1820919997

[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]


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