Isabel Allende - Der japanische Liebhaber


Isabel Allende - Der japanische Liebhaber

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Irina ist eine junge Moldawierin, lebt aber bereits seit einigen Jahren in den USA. Gleich zu Beginn des Buches erfährt der Leser, dass sie schreckliche Erfahrungen gemacht haben muss und dass sie seit Jahren auf der Flucht vor etwas zu sein scheint - ob dies lediglich Erinnerungen oder eine konkrete Person/Personen sind, lässt Allende lange Zeit im Dunkeln. 

Zum ersten Mal so lange sie denken kann, bleibt Irina für längere Zeit an einem Ort - sie findet nämlich eine Arbeit, die ihr Spaß macht und in deren Verlauf sie zum ersten Mal freundschaftliche, teils fast familiäre, Bande knüpft, die sie dort halten. Irina arbeitet als Betreuerin in Lark House, einer Seniorenresidenz im kalifornischen Oakland. Hier verbringen zumeist alternde Hippies und Künstler ihren Lebensabend. Durch die Gänge zieht in schöner Regelmäßigkeit ein leichter Grasgeruch und diejenigen, die noch fit genug sind, malen, schreiben und inszenieren kleine Theaterstücke. Zu den Bewohnern zählt auch die exzentrische und sehr gut betuchte Alma Belasco, die Irina bald als persönliche Assistentin anstellt. Die alte Dame ist um die 80 und meistens abweisend und grummelig. Nur wenn sie einen der geheimnisvollen Briefe erhält oder alleine für einige Tage verreist (mit Negligé im Koffer), ist sie vergnügt und scheint aufgeregt wie ein junges Mädchen. Irina und Almas Enkel Seth versuchen herauszufinden, was dahinter steckt. Sollte es etwas ein Liebhaber sein? 

Seth bemüht sich außerdem, Irinas Herz zu erobern und ihr Geheimnis zu lüften - warum hat sie solche Angst vor Nähe und warum gibt sie so wenig von sich preis? 
In regelmäßigen Abständen springt Allende zwischen Zeiten und Orten hin und her. Während das Jetzt in Lark House Ausgangspunkt ist, breitet sie auch Almas Lebensgeschichte aus und erzählt von ihrer Flucht aus Warschau in den 1930er Jahren zu Onkel und Tante in Kalifornien, von ihren Albträumen als Kind und den Nächten, in denen sie die Eltern und den Bruder vermisst, die in Europa geblieben sind. Die junge Alma Mendel taut erst auf, als sie sich mit dem Sohn des japanischen Gärtners anfreundet. Doch auch der kleine Ichimei wird bald staatlicher Verfolgung ausgesetzt sein: nach den Anschlägen der Japaner auf Pearl Harbor werden in den USA Amerikaner mit japanischen Vorfahren in Konzentrationslagern interniert. Erst die Generation ihrer Enkel wird beginnen, Wiedergutmachungen und Reparationszahlungen zu fordern und zu erhalten. Bis heute wird dieses Thema im US-amerikanischen Geschichtsunterricht kaum bis gar nicht behandelt.
Allende folgt Almas Werden von dem kleinen, verängstigten Mädchen über ihre Studienzeit in Boston und ihre Zeit als Ehefrau, Mutter und Liebhaberin. Auf den letzten Seiten schließt sich der Kreis zur Gegenwart. 
Parallel dazu springt sie auch in Irinas Vergangenheit, birgt ihre Geheimnisse, löst ihre Rätsel auf. 

Man kann, wenn man etwas Positives über den Roman sagen möchte, lobend hervorheben, dass Allende keine losen Enden hinterlässt, dass sie für alle Andeutungen Aufklärung bietet. Man kann auch sagen, dass man, ist die Mitte der Geschichte erst erreicht, das Buch nur ungern lange zur Seite legen möchte. Es juckt einen in den Fingern, diesen ganzen Geheimnissen nun endlich auf den Grund zu gehen. 

Und doch - ein wirklich gutes Buch ist Der japanische Liebhaber in meinen Augen nicht - schade, wenn man bedenkt, was Allende in den letzten Jahrzehnten für umwerfende Bücher vorgelegt hat. Und schade auch, nachdem ich Isabel Allende letzte Woche live im Funkhaus des WDR erleben durfte und von ihrer Schlagfertigkeit, ihrem Witz und ihrer charmanten Art begeistert war.
Mir scheint dieser Roman in vielerlei Hinsicht zu vollgepackt. Das betrifft zum einen die Sprache: die Sätze sind oft überladen, durch eine Vielzahl an Adjektiven wirken sie schwerfällig und künstlich dramatisiert. Zum anderen erweckt der Roman durch die Vielzahl an Schicksalsschlägen und teils klischeehaft anmutende, einseitige Charaktere den Eindruck einer Telenovela. Zugleich hat Allende so viele gesellschaftliche Themen (u.a. Seitenhiebe auf Obama, AIDS, Kindesmissbrauch, Ehebruch, versteckte Homosexualität, Sterbehilfe...) in die Geschichte gepackt, dass sie den Leser schlicht zuschüttet. Das macht den Fluss der Geschichte zäh und ich muss sagen, deutlich weniger Seiten hätten ausgereicht für diesen Roman. Schade.
Fazit: Allende leider nicht in Bestform: Zu viel Drama, zu viele Themen, zu viele Seiten.
Übrigens: Ein starkes Buch über die Internierung der Japaner in den USA, das ich verschlungen habe, ist The Buddha in the Attic (Wovon wir träumten). Meine Mini-Rezension dazu findet ihr hier.

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