© Concorde Filmverleih GmbH / Iron Man & Pepper Potts in “Iron Man 3″
Seit 2008 ist Schauspieler Robert Downey Jr. immer wieder in derselben Rolle zu sehen: er ist Iron Man, der Held im Metalloutfit, der entgegen seiner Avengers-Kollegen weder ein grünes Monstrum, noch eine Gottheit oder Super-Soldat ist, sondern schlicht ein Milliardär mit Hirn, ein Playboy wie auch sein DC-Pendant Bruce Wayne, als Batman in Gotham City unterwegs. Und fast ähnlich wie Regisseur Christopher Nolan seinen Dark Knight zuletzt kaum noch als Fledermaus, mehr als am Boden gestrandeten Mann zeigte, der sich wieder aufraffen und mit der Hilfe von Freunden eine bedrohliche Übermacht an Schurken zur Strecke bringen musste, nimmt nun Neu-Iron Man-Regisseur Shane Black (bereits durch „Kiss Kiss Bang Bang“ mit Downey Jr.-Erfahrung) den Marvel-Helden und zwingt ihn gehörig in die Knie. So lange, bis auch Downey Jr. einsehen muss, dass Teamwork nicht nur mit den Avengers, sondern auch in der Soloserie „Iron Man“ eine gute Sache sein kann.
So beständig wie sich Robert Downey Jr. als Darsteller des Iron Man zeigt, so sehr scheint das Marvel Universum für seinen ganz eigenen Man of Steel darauf zu achten, immer ein wenig Einfluss des Comicautors Warren Ellis einfließen zu lassen. Er liefert mit seiner Geschichte „Extremis“ nicht nur den Grundstrang des aktuellen Films, sondern fügte bereits in „Iron Man“ (2008), „Iron Man 2“ (2010) und „The Avengers“ (2012) Teile seiner beliebten sechsteiligen Reihe in das Marvel Cinematic Universe ein. Die Extremis-Technologie findet nun aber in „Iron Man 3“ ihre ganze Beachtung. Entwickelt von Aldrich Killian (Guy Pearce), soll Extremis die Menschen unsterblich machen. Verletzungen werden sofort wieder geheilt, der menschliche Körper wird zu einem regenerierenden Organismus gemacht. So ganz sauber funktioniert Extremis allerdings noch nicht, trotz der Mithilfe der Wissenschaftlerin Maya Hansen (Rebecca Hall) kann die Technologie noch nicht stabilisiert werden, so dass mehrere Versuchspersonen wie unkontrollierbare Bomben in die Luft gesprengt werden. Da Menschen nicht als natürliche Sprengkörper identifiziert werden können, bietet sich hier eine wunderbare Möglichkeit für den Terroristen Mandarin (Ben Kingsley), der in schockierenden Fernsehauftritten die USA und ihren Präsidenten bedroht. Dabei geht er so weit, dass er nicht nur für das Land, sondern auch für Tony Stark (Robert Downey Jr.) zum Problem wird. Dieser schwingt sich in sein Iron Man Outfit und geht gemeinsam mit War Machine (Don Cheadle), in Iron Patriot umbenannt, auf die Jagd nach den unauffindbaren Superschurken.
Trotz Wechsel auf dem Regiestuhl ist Marvel seiner Iron Man-Reihe treu geblieben. Shane Black gelingt es immer noch, den gesunden Mix aus Actionblockbuster, wie geschaffen für die Eröffnung der Sommersaison, sowie Komödie und Comicverfilmung zu inszenieren. Jon Favreau, für die ersten beiden Episoden verantwortlich, bleibt in der Rolle von Tony Starks Bodyguard Happy Hogan der Filmwelt erhalten, zeigt keinerlei Groll gegenüber seinem Nachfolger. Dieser legt sogar noch ein wenig Bombast oben drauf, hat sich offenbar mehr an Joss Whedons „The Avengers“ als an den früheren „Iron Man“-Filmen orientiert.
Robert Downey Jr. mit Don Cheadle
Die schönste Blockbuster-Szene erhält dennoch nicht Robert Downey Jr. selbst, sondern Don Cheadle in der Rolle des Colonel James Rhodes, als Iron Patriot – War Machine mit weiß/rot/blau-Bemalung – ein Verbündeter für Iron Man, der sich für die Vereinigten Staaten auf eine recht ergebnislose Suche nach dem Mandarin begibt. Im finalen Showdown erhält er eine erinnerungswürdige, mit Tricktechnik zum Leben erweckte Szene, in der er an einem von seinen Stahlträgern gelösten Schiffscontainer durch die Lüfte schwingt, dabei gleich noch zwei Widersacher in die Tiefe stürzt, sicher landet und sogleich den amerikanischen Präsidenten rettet, der festgekettet und gefangen in der Iron Patriot Rüstung symbolträchtig ermordet werden soll. Während dieses Einzelszenario wunderschön inszeniert wurde, bekämpfen im Drumherum zahlreiche Iron Man-Rüstungen, die nun losgelöst von Tony Stark agieren können, die Extremis-verseuchten Gegenspieler, mit übermenschlichen Fähigkeiten ausgestattet, fast schon an den Kampf Avengers gegen Aliens erinnernd.
Aber ebenso wie sich Loki in Joss Whedons Multi-Superhelden-Blockbuster als Einzelschurke in der Masse hervorsetzen konnte, gelingt es Regisseur Shane Black hier gleich zwei Superschurken hervorzuheben, jeden auf seine ganz eigene Art und Weise. Damit gelingt „Iron Man 3“ etwas, das in vorherigen Teilen deutlich zu kurz kam: die Etablierung eines Gegenspielers, den die Zuschauer in Erinnerung behalten werden. Weder Jeff Bridges‘ Obadiah Stane („Iron Man“), noch Sam Rockwells Justin Hammer (“Iron Man 2″) werden in die Analen des Superschurkentums eingegangen sein, allenfalls Mickey Rourke als Ivan Vanko – mit Anleihen an den Iron Man-Gegenspieler Whiplash – (ebenfalls “Iron Man 2″) erzeugte einen viel zu wenig eingesetzten Hauch von ebenbürtiger Widersacher. Nun hat man aber mit Aldrich Killian und dem Mandarin zwei Figuren so in Szene gesetzt, dass sie den Helden fast überflügeln, so wie es sich für einen ordentlichen Superhelden-Schurken gehört. Killian ähnelt zuerst noch Rockwells Justin Hammer, hält sich im Gegensatz zu diesem aber bedächtig im Hintergrund, plant und schmiedet seine megalomanen Fantasien im Verborgenen, findet in dem Mandarin einen medienwirksamen Verbündeten, der hier zum Gesicht des Bösen gemacht wird.
Sir Ben Kingsley als Mandarin
Ohne Zweifel hat man in Ben Kingsley exakt den richtigen Darsteller für die Figur des Mandarin gewählt, ausgestattet mit zehn magischen Ringen an seinen Fingern und einem Captain America Schild-Tattoo auf dem Nacken, dessen in der Mitte sitzender A-Buchstabe zu einem Anarchie-Zeichen umfunktioniert wurde. Dennoch werden sich die Geister an dieser Figur scheiden, die von Drehbuchautor Drew Pearce (frisch für „Sherlock Holmes 3“ engagiert, ein weiteres Robert Downey Jr.-Franchise) für das Marvel Cinematic Universe etwas umdefiniert wurde. Zuviel sei nicht verraten, aber „Iron Man 3“ hat in den vielen Vorankündigungen und Trailern zum Film bewusst ein Bild des Mandarins vermittelt, das im Film gebrochen wird. Damit gelingt ein überraschender Twist, wie er bisher noch in keinem Marvelfilm stattgefunden hat. Wenn auch etwas zu unspektakulär durchgeführt, wundert man sich dann schon, wenn der Mandarin nach vielen reinen Videosequenzen – an MTV erinnernde Zusammenschnitte, Fetzen von Bildern, ein hippes Mosaik von Drohungen gegen die Menschheit – auf einmal höchst persönlich in Erscheinung tritt.
Daneben erlebt Tony Stark den Fall des Helden, wie ihn zuletzt eben auch Christopher Nolans Bruce Wayne durchleben musste. Zuerst werden ihm seine Freunde genommen: Happy Hogan landet nach einer immensen Explosion am Chinese Theatre in Hollywood im Krankenhaus, wo er „Downton Abbey“ in Dauerschleife sehen darf. Pepper Potts wird von Killian umschwärmt, umgarnt und entführt und selbst Jarvis, die künstliche Intelligenz im Hause Stark, wird außer Gefecht gesetzt. Dann findet er sich ohne mechanische Spielereien in einem verschneiten Dörfchen wieder, wo er ganz auf Tony Stark herunter reduziert wird, keinen Funken Iron Man mehr zur Verfügung hat. Das ist dann der Moment, in dem sich Stark, auf jede Hilfe angewiesen, mit einem kleinen Jungen anfreundet, der ebenso von Basteleien begeistert ist wie Stark selbst. Hier entwickeln sich die wohl amüsantesten Dialoge des Films, die darauf hoffen lassen dass man Jungdarsteller Ty Simpkins („Insidious“), am Ende des Films mit einer Kartoffelkanone Mark II ausgestattet, auch in weiteren Marvel-Abenteuern, speziell mit Iron Man, zum Einsatz bringen wird – wie einst Clark Greggs S.H.I.E.L.D.-Agent Coulson, in „The Avengers“ von Loki ermordet, für die Fernsehserie „Agents of S.H.I.E.L.D.“ zu neuem Leben erweckt.
Mit all den Komponenten gelingt es Shane Black eine Begeisterung für seinen Iron Man hervor zu zaubern, die in „Iron Man 2“ bereits ein wenig zu schwinden drohte. Wo dieser das ‘Mehr’ lediglich in der Masse an Figuren verortete, zeigt Black mehr von allem, gleicht Geschichte, Figuren und Bombast aneinander an und erschafft damit den bisher vielleicht sogar besten alleinstehenden Iron Man-Film. Damit wird die Phase 2 des Marvel Cinematic Universe äußerst stark eröffnet und es bleibt den noch folgenden Filmen „Thor: The Dark World“, „Captain America: Winter Soldier“, „Guardians of the Galaxy“ und am Ende natürlich noch „The Avengers 2“ überlassen, diesen Standard beizubehalten.
“Iron Man 3“
Originaltitel: Iron Man 3
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2012
Länge: ca. 131 Minuten
Regie: Shane Black
Darsteller: Robert Downey Jr., Gwyneth Paltrow, Don Cheadle, Guy Pearce, Rebecca Hall, Jon Favreau, Ben Kingsley, James Badge Dale, Stephanie Szostak, William Sadler, Ty Simpkins
Deutschlandstart: 1. Mai 2013
Im Netz: ironman3-derfilm.de