"Wieviel Erfahrung hätten Sie denn gerne?"
- das fragte ich mich, als ich das dieswöchentliche Thema des Webmaster Friday las. "Interviews im Blog" - das Thema interessiert mich, spricht es doch genau ein geplantes Vorhaben an, das ich schon länger anvisiere. Doch wieviel Erfahrung bringe ich mit? Genug für einen Artikel?"Darf es auch eine Prise Inspiration sein?"
Schön, da bin ich in meinem Leben bislang nur ein- oder zweimal interviewt worden. Den einen Text gibt es auch in meinem Blog. Und dann habe ich für einen Radiosender für eine Sendung mehrere Interviews selbst geführt gemeinsam im Team. Die gab es nur zu hören im Radio - den digitalen Nachweis auf CD habe ich nicht mehr, auf rätselhafte Weise verschwunden neben meiner Fotoaausrüstung, meinen beiden Rechnern sowie sämtlichen schriftlichen Dokumenten wie Pass und Zeugnissen. Alles futsch! Ein Schaden von mehreren tausend Euro. Es geschah während meines Krankenhausaufenthaltes als jemand mein Appartement betrat, um es ohne meine Genehmigung in meiner Abwesenheit renovieren zu lassen. OK, die CD wäre vielleicht wiederbeschaffbar - aber nicht in der kurzen Zeit der Themenausschreibung."Radio-Interview ist ausgegangen - wie wäre es mit geplanten Podcasts?"
Also bleibt mir für diesen Blogpost nur ein klein wenig gesammelte Erfahrung - die aber sowohl aktiv als auch passiv. Der Fundus aus der Vergangenheit ist folglich überschaubar, wenn auch nicht sehr viel geringer als von anderen Bloggern.Dann stehen mir noch meine Pläne zur Verfügung, wohin es noch gehen soll in meinen Blogs. Die Zukunft bietet also mehr Material zum Thema.
Ganz gegenwärtig bleibe ich bei den technischen Möglichkeiten - denn diese sind dieser Tage in #Neuland nicht gering. Das Hier und Jetzt ist die Zeit geschriebener Interviews, hörbarer Interviews sowie schaubarer Interviews. Es reicht vom Interview als Mittel der Recherche wie auch als eigene journalistische Darstellungsform über Podcasts hin zu Hangouts. Oder noch anders: von der gesprochenen Sprache über Text bis zur Show.
Daran denke ich, wenn ich dieses Thema lese "Interviews im Blog".
"Wollen Sie das Interview hier zur Recherche oder soll ich es einpacken zur Publikation?"
Ganz gleich, ob man sein Interview mündlich plant, per eMail oder als Hangout - es ist nicht das technische Medium, das darüber bestimmt, ob das Interview ein Mittel der Recherche ist oder geplant wird als eigene journalistische Darstellungsform. Alle Formen eines gezielten Gesprächs können als Recherche betrachtet werden, seien sie technisch vermittelt oder nicht.Auch steht nicht das eine über dem anderen, sondern beide nebeneinander: Sie haben unterschiedliche Funktionen. Für das ausgeschriebene Thema beschränke ich mich aber auf die Darstellungsform. Nun wird es kompliziert: Sie kann zugleich ein Recherche-Interview sein wie beispielsweise jedes Live-Interview auch. Denn vieles geschieht live in Digitalien. Oder zumindest mobile. Somit oft ohne oder mit nur sehr wenig Nachbearbeitung und Schnitt.
Der Interviewer stellt Fragen zur Person, zur Sache oder zur Meinung. Oder sowohl-als-auch. Hierin unterscheiden sich nicht klassisch journalistische von online Formaten. Ob online sich die Richtung mehr zur fachlichen Expertenbefragung auf Messen und Kongressen oder gen Unterhaltung bewegen wird, weiß man noch nicht. Es gibt bereits beides.
Ich habe mal dieses und mal jenes vor. Sowohl klassisch journalistisch, wo ich mich als Interviewer mehr zurücknehme als auch eine Form, wo ich stärker subjektiv als Interviewer mitgestalte.
"Und grüßen Sie mir den klassischen Journalismus ganz nett von mir!"
In einigen Formaten für Online spielt der Interviewer eine größere Rolle als in den typisch klassischen Formaten. Seine subjektive Sicht. New Journalism? Alles Gonzo, oder was? Umgangssprache, Sarkasmus, Humor, Nebenrollen, die zu Hauptrollen werden - all das wird online noch machbarer als in Print. All das, was Gonzo stärker in Richtung Literatur rücken lässt und weiter ab vom klassischen Journalismus. Ich habe nichts gegen den klassischen Journalismus. Nur will ich ihn von weiteren Richtungen wie dem New Journalism bereichert sehen. In Blogs erblicke ich hier die Chance für beide Seiten.Aber hey - wir sind online! Warum nicht Fachchinesisch mit Umgangssprache mischen? Warum nicht hochkomplexe Sachverhalte im Stil der Bild: Sätze, die nur fünf Worte umfassen? Kurze Sätze. Fachtexte im Staccato des Boulevard!
Anhand der Likes und Leserzahlen, anhand unseres Monitoring, können wir sehen, wie es ankommt. Unsere Blogs sind unsere Kür, nicht unsere Pflicht. Die von uns betreuten Corporate Blogs können am Ende nur profitieren. Denn wir wissen dann, was wir tun.
Stellt nicht nur Fragen: Zeigt Videos. Behauptet etwas. Veranlasst Antworten. Der Interviewer als Impulsgeber. Meinetwegen probiert auch einmal einen sogenannten stummen Impuls. So nennt man in der Pädagogik einen speziellen Unterrichtseinstieg: Der Lehrer betritt die Klasse. Sagt nichts. Geht zur Tafel. Entweder er schreibt dort etwas an oder wartet, welche Angebote die Schüler selbst machen. Funktioniert, man sollte aber die Klasse kennen. Also auf Interviews bezogen: den Interviewpartner. Der Klassenraum steht für die Unterrichtssituation. Ein stumm hingehaltenes Mikro oder eine Kamera plus Mikro macht die Situation des Interviews aus.
Ich möchte New Journalism und Gonzo nicht zum Allheilmittel erklären. allerdings gibt es hier genügend Potential, das die Blogwelt noch weiter bereichern wird. Ich möchte Mut machen, Neues auszuprobieren. Sicherlich nicht, weil es einfacher sein wird. Die Schnoddrigkeit mag leichter wirken, ist es aber nicht. Eine präzise Vorbereitung, zu der ich immer anrate, muss begleitet werden von einer hohen Empathie - für die Person, die Sache und/oder die Meinung. Sonst entdeckst du nicht, woraus sich eine Geschichte entwickeln lässt. Die Nebenfigur meldet sich nicht von allein. Du musst ein entsprechendes Sensorium entwickeln für Geschichten. Und das ist immer so: beim klassischen Journalismus wie beim Journalismus für Online.