Interview mit Numi Teusch,
Autorin des Romans "Die dunkle Seite der Insel".
Der Roman ist als eBook bei Amazon erhältlich
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Frau Teusch, wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Gegenwarts-Kriminalroman über die Guanchen zu schreiben, ein Volk, das seit Jahrhunderten als ausgestorben gilt?
Sind sie wirklich ausgestorben? Darum geht es ja! Da haben wir schon das erste Rätsel! Ein Mysterium - was braucht man mehr als Initialzündung?
Die Guanchen haben mich vom ersten Augenblick an fasziniert. Auch, dass so wenig über die kanarischen Ureinwohner bekannt ist. Inzwischen gibt es ein paar Informationen mehr, aber immer noch keine endgültigen Antworten auf die Frage nach ihrer Herkunft, Sprache etc. Es hat mich gereizt, dazu eine eigene Theorie aufzustellen.
Und Teneriffa – ein Eldorado für Krimi-Autoren, der perfekte Ort für alle möglichen Verbrechen in allen möglichen Milieus ...
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Es gibt in Ihrem Roman aber auch diese mystische Ebene, die Heldin überlegt zum Beispiel, ob ein Tattoo Einfluss auf ihr Schicksal nehmen kann, und es geht um den Fluch der Guanchen, die sich für die Schändung ihrer Grabstätten rächen ...
Meine Heldin ist hin- und hergerissen. Als Wissenschaftlerin glaubt sie nicht an übernatürliche Phänomene, andererseits will sie deren Existenz aber auch nicht kategorisch ausschließen. Ich spiele damit. Ich stelle fest, dass in unserer aufgeklärten Gesellschaft sehr viel Platz für Aberglauben ist.
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Haben Sie literarische Vorbilder?
Was Krimis angeht vor allem Fall Michael Dibdin und die Indianerkrimis von Tony Hillerman. Was die Erzählweise angeht, diese Zopf-Form, da wollte ich etwas probieren, was ich bei Nick Hornby und Fruttero & Lucentini gesehen habe.
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Ihr Buch ist aus der Sicht mehrerer Hauptfiguren geschrieben, der der jungen Archäologin Evelyn, des kanarischen Kommissars Ben und der deutschen Rentnerin Anita.
Ich hatte zunächst Angst, dass ich vielleicht zu viele Personen mitspielen lasse, aber darüber habe ich bisher keine Klagen gehört. Stattdessen werden die Charaktere als authentisch wahrgenommen – was mich sehr freut ...
Ich habe mich mit der Zeit ja mit meinen Figuren angefreundet und außerdem haben die Figuren auch ein Eigenleben entwickelt. Bens Vater ist zum Beispiel eine Figur, die gar nicht von mir stammt und auch der unheimliche Pathologe hat sich eigentlich selber in die Geschichte gedrängt. Gut möglich, dass uns die beiden in kommenden Geschichten noch ziemlich beschäftigen werden.
Den Kommissar habe ich mir beim Schreiben wie Javier Bardem vorgestellt, weil der tatsächlich von den kanarischen Inseln stammt, also aus Gran Canaria, und ich dachte, so müsste ein Guanche heute aussehen.
Meine heimliche Lieblingsfigur ist aber Anita, die aus Deutschland auf die kanarischen Inseln ausgewandert ist. Sie verkörpert auch das Thema Heimat, das sich wie ein roter Faden durch die Erzählung zieht.
Der Kommissar, der ein Problem mit seiner Heimat hat. Die Guanchen, die ihre Heimat verlassen haben, um neues Land zu suchen. Die deutschen Auswanderer, die zwar von zu Hause wegwollten, aber jetzt auf Teneriffa am liebsten in der deutschen Wirtschaft deutsche Schlagermusik hören.
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In den Kommentaren zu Ihrem Buch auf Amazon wird Ihnen eine gute Inselkenntnis bescheinigt. Wie recherchieren Sie?
Ich war ein paar Mal auf den kanarischen Inseln, unter anderem an archäologischen Fundorten und habe auch mit Leuten vor Ort gesprochen. Außerdem habe ich natürlich sehr viel gelesen.
Das spanische Polizeisystem fand ich immer sehr kompliziert und komplex und da habe ich irgendwann aufgegeben und gedacht, jetzt erfinde ich einfach eine neue Polizeieinheit für meinen Kommissar. Es gab Regionalpolizeien in anderen Teilen Spaniens, nicht auf Teneriffa. So habe ich die Policía Canaria erfunden, auch um meinen Kommissar gleich von Anfang an in eine missliche Lage zu bringen.
Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich einige Jahre später erfahren habe, dass die Policía Canaria inzwischen tatsächlich eingeführt wurde. Also eigentlich habe ich die erfunden!
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Eine letzte Frage: Wird es eine Fortsetzung mit Ben und Evelyn geben?
Ja, ich arbeite gerade an einem zweiten Teil. Wie gesagt, Teneriffa bietet tolle Möglichkeiten, was das Verbrechen angeht, die Geschichte der Guanchen ist noch nicht zu Ende erzählt und so eine interkulturelle Fernbeziehung ist ja auch für die eine oder andere Überraschung gut ...
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Autorenseite von Numi Teusch