Interview mit Mina Ahadi

Mina Ahadi in einem Exklusivinterview zu ihrer Meinung in der aktuellen Debatte um Sakineh Ashtiani, den beiden deutschen Journalisten Marcus Hellwig und Jens Koch und der Politik des Iran.

Mina Ahadi

Mina Ahadi

Sakineh Ashtiani und deren Sohn Sajjad Kadersadeh haben Freitag an einer Pressekonferenz teilgenommen und dort gesprochen. Wie denken Sie über diese Pressekonferenz?
Mina Ahadi: Ja, wir haben gehört, dass Sajjad gegen eine Kaution 400.000 Dollar frei gelassen wurde. Und er hat gesagt, dass seine Mutter schuldig sei des Mordes an seinem Vater. Auch, dass er um Gnade für seine Mutter bat. Am Nachmittag fand eine weitere Pressekonferenz statt und dort hat Frau Ashtiani gesprochen und bekanntgegeben, sie sei nicht unter Druck. Sie wolle jedoch gegen die beiden deutschen Journalisten, Mohammad Mostafaie [ihrem ehemaligen Anwalt] und mich eine Anklage einreichen.

Was genau halten Sie davon?
Mina Ahadi: Ich verlange vom islamischen Regime die Freilassung von Sakineh, von Houtan Kian [d.i. Der Rechtsanwalt des Sohnes] und den beiden deutschen Journalisten. Ich denke, erst wenn Sakineh Ashtiani frei ist und in einer anderen Stadt lebt, und nicht mehr unter Kontrolle der Sicherheitsbehörden in Iran, erst dann kann man das, was sie sagt, ernst nehmen. Heute ist sie eine Geisel des barbarischen Regimes und alles, was sie und auch andere Geiseln sagen, ist nicht glaubwürdig

Interview mit Mina AhadiSakineh Mohammadi Ashtiani ist ein Symbol und ihr Foto ist heute ein Zeichen in Kampf gegen die Steinigung. Was macht jetzt das Regime in Teheran?
Mina Ahadi: Ich denke, das Regime hat gesehen, dass Millionen Menschen weltweit gegen die Steinigung sind und solidarisch mit Sakineh. Heute versucht das islamische Regime Sakineh und Sajjad unter Druck zu setzen und beide für sich zu gewinnen bzw. für sich zu benutzen. Insofern, dass die beiden gegen die beiden deutschen Journalisten, gegen mich und auch gegen Mostafaie aussagen sollen. Vielleicht sollen sie weiterhin mit dem Sicherheitsapparat und dem Regime zusammenarbeiten. Leider wird in Iran und auch in anderen Diktaturen diese Art Politik häufig verwendet.
Bisher haben wir gehört, dass die beiden deutschen Journalisten gegen mich Anklage erheben wollen. Sajjid hat Freitag gegen seine Mutter ausgesagt und diese hat gegen uns gesprochen. Doch all das geschah unter Druck, unter Schikane und Erniedrigung und ist nicht legitim.

Wie wird jetzt alles weiter gehen?
Mina Ahadi: Das Regime ist international unter großen Druck gekommen wegen Sakineh Ashtiani und wegen Steinigungen generell. Jetzt versucht es einen Ausweg daraus zu finden.
Wir haben gesehen, dass es eine Strategie des Regimes ist, die deutschen Journalisten als Geisel zu nehmen und mit diesen Geiseln zu arbeiten. Es sieht so aus, als würden die beiden so schnell nicht freikommen. Teheran versucht über diese Geiselnahme Deutschland und Europa zu erpressen. Das ist unmenschlich und besondern in Deutschland müssen wir diese Politik der Islamisten in Iran scharf verurteilen.
Ich meine, in den letzten beiden Monaten haben wir gesehen, dass die Diplomatie des Außenministeriums nichts gebracht hat. Leise stimmen bringen uns nicht weiter. Wir müssen gegen diese Geiselnahme und diesem Spiel auf dem Rücken des Lebens der Journalisten stärker auf die Straße gehen und das islamische Regime unter Druck setzen. Diesem Regime ist nicht zu vertrauen. Man muss Druck machen auf verschiedenen Ebenen.

Wie stellen Sie sich das vor?
Mina Ahadi: Das Komitee gegen Steinigung möchte in Berlin eine Pressekonferenz organisieren und über die Politik des Regimes und der Möglichkeiten, dagegen etwas zu tun, unterrichten. Wir denken, wir können in Deutschland mehreren Tausend Menschen, Iraner und auch Deutsche, auf die Straße bringen und die sofortige Freilassung der Journalisten fordern. Wir können gegenüber der iranischen Botschaft einen Sitzstreik organisieren und auch das deutsche Außenministerium könnte mehr Druck machen und nicht nur bitten.
Wir verlangen auch von der „BILD am Sonntag“ Hilfe, um eine große Bewegung gegen diese Geiselnahme und dem unmenschlichen Umgang mit den Journalisten.
Ich appelliere an alle Menschenrechtsorganisationen und auch an „Reporter ohne Grenzen“ und an alle, die mit uns gegen das islamische Regime und gegen dessen Politik auftreten, mit uns zusammenzuarbeiten. Die zwei deutschen Journalisten haben nichts getan. Recherche und Nachrichten über die Menschenrechtsverletzungen in Iran, in einer Diktatur ist legitim und nicht strafbar.


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