Interview mit Heinke Schöffmann von der Thienemann Verlag GmbH

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Ein tolles Gespräch führten wir mit Heinke Schöffmann vom Thienemann Verlag.

Was gibt es Neues, seit unserem letzten Interview? Gibt es im Programm Neuorientierungen?

Da in Verlagen die Programmplanung 1-2 Jahre im Voraus feststeht, ist nicht so viel passiert. Man kann natürlich schon sehen welche Schwerpunkte funktionieren. “Wieviel Leben passt in eine Tüte” hat eine wunderbare Entwicklung gemacht. Da bekommen wir ganz tolle Rezensionen. Uns freuen diese positiven Leserstimmen.

Habt ihr das bei diesem Buch so erwartet?

Als der Titel in unserem Haus gelesen wurde, waren die Meinungen von allen positiv und uns war klar, dass wir diesem Titel zu einem Schwerpunkt machen müssen. Wir haben 100 Erscheinungen im Jahr, davon sind so drei bis fünf Schwerpunkte im Halbjahr. Diese bekommen dann das größte Budget an Marketing und werden Bloggertitel.

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Wird das dann im Team entschieden?

Ja, da gibt es eine große Marketingrunde, wobei wir den Vorschlägen aus dem Lektorat oft folgen. Wenn allerdings die Mehrheit für einen anderen Titel stimmt, entscheiden wir an

ders. So war das z. B. bei “Dummie die Mumie”. Eigentlich gab es einen anderen Schwerpunkt, aber nachdem wir es alle gelesen haben, wurde relativ kurzfristig noch mal umgestrickt, weil es das wert war. Wir haben damit auch recht behalten und es läuft sehr gut.

Ihr habt immer noch einige Mehrteiler im Programm. Wie ist euer Kaufverhalten für die neuen Programme?

Das kommt immer darauf an, was angeboten wird. Wir wollen Mehrteiler vermeiden aber es ist tatsächlich so, das sie stark dominieren. Wir haben jetzt ein Angebot bekommen, was noch nicht geschrieben ist, wo wir die Autorin gefragt haben, ob man es nicht zusammenschnüren kann und wir einen Einzelband mit 600 Seiten machen können.

Bei Mehrteilern muss man oft lange warten, was als Leser manchmal nervt uns aber die Mechanismen bewusst sind, dass es auch Zeit braucht. Wie gehen Verlage damit um?

Im Kinderbuchbereich kann man natürlich nicht so lange warten, weil die Leser sehr schnell aus dem Alter heraus sind, das ist schon manchmal problematisch.

Dann gibt es andere Faktoren. Bei “Touched” z.B. war der zweite Band einfach noch nicht geschrieben zu dem Zeitpunkt, wo wir ihn gerne nachgeschossen hätten. Da mussten wir zwei Mal schieben. Die Autorin hat länger gebraucht und in diesem Fall muss dann ja auch noch übersetzt werden. Wir hätten es natürlich gerne anders gehabt, gerade weil wir es so früh eingekauft haben. Da gab es das Buch noch gar nicht.

Bei “Homelanders” konnten wir gleich vier fertige Teile einkaufen, die wir dann alle halbe Jahre herausbringen können. Das ist der Idealfall.

Wieso sind Ebooks kaum günstiger als die Printausgabe?

Wir bringen zum Hardcover das Ebook gleichzeitig heraus, damit der Kunde direkt entscheiden kann, in welcher Form er es haben möchte. Dazu müssen wir eine Mischkalkulation erstellen. Wenn das Ebook viel später auf den Markt kommen würde

, wie zum Beispiel bei unserem “Räuber Hotzenplotz”, da entstehen viel geringere Kosten, vor allem weil sich das Buch schon jahrelang gut verkauft hat. Da haben sich die Herstellungskosten schon amortisiert. Allerdings wenn man es als ein Produkt sieht, das einfach in verschiedenen Erscheinungsformen auf dem Markt kommt, ist es nur logisch, dass es einen Preis gibt.

Einen richtigen Anreiz stellt das Ebook dann nicht dar.

Ich glaube das Ebook wird vor allem dem Taschenbuch stark Konkurrenz machen, weil die Leute sich z. B. für den Urlaub oder unterwegs einen Reader kaufen.

Nach ein paar Jahren wird der Ebookpreis sicher sinken, wenn die Taschenbuchausgabe eines Hardcover erscheint und sich daran orientiert wird.

Kann Selfpublishing ein Sprungbrett sein?

Nele Neuhaus hat auch so angefangen. Vor ca. 6 Jahren. Sie hat die Bücher drucken lassen und dann in der Metzgereikette ihres Mannes vertrieben. Das ist natürlich ideal, weil man breit streuen kann. Dann hat eine Ullsteinlektorin es gelesen und fand es gut.

Ist so ein Buch dann für den Verlag noch interessant?

Wenn die Geschichte gut ist, ja. Natürlich muss es im Fall einer Erscheinung noch durch das Lektorat und Korrektorat.

Wer bestimmt die Auflagenhöhe? Inwieweit hat man als Autor Mitspracherecht beim Cover?

Das bestimmt der Verlag. Er sucht den Covergestalter aus und bestimmt generell die Ausstattung. Kommt es als Hardcover oder Taschenbuch. Wir versuchen aus unserer Erfahrung einzuschätzen, wie der Markt mit dem Buch umgehen wird und versuchen so gut wie möglich zu kalkulieren. Wir müssen natürlich das Geld, was wir im Vorfeld investiert haben wieder reinholen. Also was wir teuer eingekauft haben müssen wir in einer höheren Auflage wieder verkaufen als wie bei einer Neuentdeckung, bei der man nicht so viel Geld in die Hand genommen hat.

Wie hoch sind die Auflagenhöhen?

Im Bilderbuch sind 3.000 viel, Klassiker wie “Jim Knopf” haben auch schon eine Höhe von 25000 Stück.

Kinderbücher wie “Dumie die Mumie” verkaufen wir auch 20.000 bis 30.000 mal, aber in mehreren Auflagen.

Im Jugendbuch sind 10.000 zu erreichen echt schwer.

Wenn ein Buch unter eine bestimmte Stückzahl rutscht und unser Vertrieb sieht, dass es gut verkauft wird, bestellen wir eine neue Auflage. Das kann bei einem Buch ein halbes Jahr dauern, beim anderen vielleicht auch zwei. Das beobachten wir ständig. Wenn wir pro Jahr weniger als 200 Stück absetzen überlegen wir uns, ob wir den Titel aus dem Programm nehmen.

Es gab ein Buch von einem anderen Verlag, wo nur der erste Teil erschienen ist. Anscheinend hat es sich nicht genug verkauft. Wonach richtet es sich, auch die Fortsetzung zu verlegen?

Bei “Homelanders” mussten wir die ersten vier Teile auf einmal kaufen, da bringt man die dann auch. Wenn man wie bei “Touched” die Titel erst nach und nach bekommt, überlegt man schon. Sollte dann ein zweiter Teil gar nicht laufen, kaufen wir den dritten nicht ein.

Wenn z. B. eine Trilogie schlussendlich abgeschlossen am Markt erhältlich ist, merkt man einen Anstieg in den Abverkaufszahlen?

Der erste Teil zieht dann noch nach. Aber bei allen Mehrteilern, verkauft sich der erste Teil am besten.

Wie verhält es sich mit Lizenzkäufen?

Man kauft häufig nur aufgrund des Exposés, also sprichwörtlich die Katze im Sack. Dann bekommt man ein paar Monate später das ganze Manuskript, danach die Übersetzung. Das ist für den Verlag immer ein hohes Risiko.

Wäre es denn nicht weniger Risiko einen neuen deutschen Autor heranzuziehen und aufzubauen?

Das hat Thienemann sehr lange gemacht. Wir sind der Verlag der Autoren und haben uns lange als solchen verstanden. Michael Ende z. B. haben wir aus dem Stapel gezogen, ebenso Ottfried Preussler. Wir haben Joachim Friedrich und Ralf Isau aufgebaut. Wir arbeiten jetzt mit Janine Wilk. In den letzten vier Jahren haben wir vermehrt Lizenzen aufgemacht, davor hatten wir ganz wenige und lieber unsere Lizenzen ins Ausland verkauft. Den Räuber Hotzenplotz gibt es in 34 Sprachen, da verdienen wir jedes mal mit. Somit lohnt es sich durchaus Autoren zu suchen und aufzubauen und eben den Weg anders herum in das Ausland zu gehen.

Vielen Dank für das Gespräch. Es hat Spaß gemacht


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