Interview mit Festivalleiter Christian Gaigg

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Interview mit Festivalleiter Christian Gaigg

Trotz viel Stress und ständiger Arbeit, die so eine Festivalleitung und -organisation macht, hat sich Christian Gaigg während dem Festival der Nationen die Zeit genommen, sich mit uns hinzusetzen und unsere Fragen zu beantworten.

Obwohl dauernd etwas zu tun ist, hat Christian zum Glück nie seinen Sinn für Humor verloren und ist den Besuchern gegenüber stets zugänglich, offen und freundlich. Auf die Frage, ob er Zeit für ein Interview hat kam gleich die charmante Antwort: „Für dich immer.“ Also dann, hier ist es.

pressplay: Das Festival der Nationen ist ja gerade in Österreich leider wenig bekannt, kannst du uns zum Beginn kurz was über die Geschichte des Festivals erzählen?

Christian Gaigg: Gegründet worden ist es ja in Kärnten und ist dann nach Ebensee gewandert. Dort war es dann 28 Jahre und fast die ganze Zeit über ein reines Amateurfilmfestival. Beim 40. Festival hat dann der Erich Riess aufgehört, hat da aber schon die Struktur entwickelt gehabt, dass nach den Vorführung die Jury öffentlich diskutiert. Das hab ich dann vom Erich übernommen, weil ich hab das eine recht gute Idee gefunden, nur es hat sich dort halt totglaufen, im Grunde, und er hat dann aufhören müssen. Nur ich hab’s Schade gefunden, dass diese Idee, dieses Familiäre, dann vorbei war und deshalb hab ich’s dann übernommen. Jetzt ist es das vierte Mal in Lenzing und es geht doch aufwärts mit dem Besuch und es kommt ganz gut an, denke ich, und auf der Basis kann man auch wieder weiterarbeiten.

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Gibt es bestimmte Kriterien bei der Auswahl der gezeigten Filme?

Also wichtig sind mir natürlich Geschichten. Filme sollen Geschichten erzählen, also bildlich. Was ich weniger bevorzuge sind Beziehungsfilme, Romanzen, die wird man ganz wenig finden. Wobei das nicht heißt, dass sie nie dabei sind. Ich versuch halt Filme zu suchen die mir bildlich was erzählen. Und Film ist ja doch eine visuelle Kunst, bewegte Bilder, und Bilder sollen halt für sich sprechen. Eigentlich Filme wo sehr viele Dialoge sind, wo sehr viel geredet wird, scheide ich von vornherein aus, weil, dann solln’s ein Hörspiel machen. (lacht) Obwohl natürlich Ausnahmen die Regel bestätigen, wenn der Film gut gemacht ist, eine gute Geschichte erzählt, dann stören auch mehr Dialoge nicht.

Wie schaut es mit den Besuchern aus? Gibt es da eine bestimmte Zielgruppe?

Hm, die Zielgruppe sind einerseits unsere Stammgäste, obwohl ich jetzt für mich keine Zielgruppe auswähle. Ich wähle die Filme aus, die mir … also die halt weitgehend meinem Unvermögen entsprechen. (lacht) Ich versuch da also keine bestimmte Zielgruppe zu erreichen, sondern eine bunte Durchmischung der Filme. Verschiedene Genres, alles mögliche halt, vom Experimentalfilm bis hin zum vielleicht auch „normalen“ Zielgruppenfilm für Fernsehzuschauer. Also dass im Grunde für jeden was dabei ist.

Und wie wird es von den Leuten in der Umgebung aufgenommen?

Die Gemeinde und Zuschauer nehmen das Festival immer mehr war. Wobei wir schon feststellen, dass es von der hiesigen Bevölkerung eigentlich überhaupt nicht angenommen wird. Aber dafür eher von dem Filmpublikum rund herum, also die mal reinschauen und sich was anschauen, aber die kommen halt dafür immer wieder. Das muss man schon sagen, alle die mal da waren, sagen immer: „Ah, da komm ich wieder, wenn das wieder ist.“ Sicher viel, weil durch die Jurygespräche interessante Diskussionen entstehen und das hab ich in einem Kinofilm oder anderen Festival sonst nicht.

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Was war die schlimmste Erfahrung, die du bisher bei deinem Festival gemacht hast?

Dass keine Leute da waren. (lacht)

Ist das mal vorgekommen?

Ja, also außer unserer Jury und noch ein paar Leute. Damals hat’s 42 Grad draußen gehabt. Da waren wir halt nur 15 Leute und haben geschwitzt. Aber im Kino war es trotzdem angenehmer. Hab auch damals zu den Leuten gesagt, das Wetter kann gar nicht so schön sein, schöner ist es noch im Kino.

Und dein schönstes Erlebnis?

Das schönste ist natürlich, dass sich viele Leute bei mir bedanken und mir sagen, wie gut ihnen das Festival gefällt. Und sie kommen dann auch immer wieder. Das ist eigentlich das, was einem vorantreibt. Ich mein so Lobhudelein bringen auch nix, die Leute fühlen sich halt wohl und das ist wichtig. Außerdem gefallen mir viele von den Filmen außerordentlich gut, bin ja selber auch ein Filmfreak und darum mach ich’s ja. Ich bin zwar manchmal vielleicht ungerecht in der Auswahl, aber das muss man halt akzeptieren, das ist halt die gewisse Freiheit, die ich hab, und die kann man mir halt als Bösartigkeit auslegen, aber das Problem hat wohl ein jeder, der Festivalfilme auswählt. Ich hab das zu verantworten und wenn schlechte Filme dabei sind, dann krieg ich halt eine Kritik von der Jury.

Hast du dich schon mal für einen Film rechtfertigen müssen?

Ja, das ist schon auch mal vorgekommen. Aber zum Beispiel der Natural Attraction, das gefällt mir einfach, da brauch ich nicht viel drüber reden, wieso sollte ich solche Filme dann nicht auch nehmen. Leichtere Themen, vor allem lustige. Satiren, schwarzhumoriges, vor allem die nehme ich gerne und wenn ich ein Programm hätte, mit nur solchen Filmen, wäre das super, aber das gibt’s halt nicht. So viele gute gibt es da einfach nicht. Es ist ja auch schwierig einen wirklich lustigen, satirischen Film zu machen, der auch was transportiert, das ist ja hohe Kunst. Aber viele blicken auf solche Filme gern mal herab. Humor, wenn das wirklich wirkt und gut ist, ist das Größte.

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Wieso gibt es am Festival keine Unterscheidung zwischen den „Amateurfilmen“ und den „Profifilmen“? Wodurch ja beide im Wettbewerb zueinander stehen?

Ich glaub die Jury kann damit umgehen. Es gibt natürlich Produktionen, die irgendeinem Genre nacheifern, dessen Qualität sie niemals erreichen können. Aber es gibt halt durchaus Amateurfilme, vor allem oft Dokumentationen, die mit den auf Hochglanz produzierten Kurzfilmen konkurrieren können. Die Amateurfilme müssen halt vorwiegend auf Originalität und Einfallsreichtum setzen. Aber andererseits nehmen wir diese Filme auch deshalb rein, damit wir dem Publikum zeigen können, dass es auch noch eine andere Kultur gibt, eine andere Zielgruppe, die durchaus ihre Existenzberechtigung hat, so wie zum Beispiel auch Experimentalfilme. Also der Amateurfilm hat durchaus auch seine Berechtigung, auch wenn er halt doch oft einfach nur belächelt wird, weil halt alle Profis werden wollen. Ich hab schon so viele Amateurfilme gesehen, die ihre Geschichten super transportiert haben, da hat es überhaupt keine Rolle gespielt ob das auf einer VHS oder Super 8 aufgenommen war. Das wird alles total überwertet. (lacht)

Wie siehst du die Zukunft des Festivals?

Schlecht. (lacht) Nein, ich denke, dass die Zukunft, wenn es noch so weiter läuft, eigentlich schon ermutigend ist. Nächstes Jahr ist ja das europäische Jungfilmerseminar, das 14 Tage dauern wird, und das wird vom ländlichen Kulturprogramm der EU zu 80% gefördert. Das ist schon so gut wie bewilligt, nur noch ein paar Formalitäten. Und wir sind ja auch ein Filmklub und da wollen wir halt wirklich auch die Jugend fördern, die sich dann auch hinsetzen kann und Filme macht.

Also das heißt du bist optimistisch?

Für’s nächste Jahr mal. (lacht) Aber das hängt auch viel von der Finanzierung ab. Die öffentlichen Gelder werden immer weniger. Und ob wir dann noch Finanziere finden, ist halt die Frage. Es ist schon alles eine irrsinnige Arbeit, das darf man nicht unterschätzen. Gut, das Rahmenprogramm ist eine andere Geschichte, das muss nicht unbedingt sein, aber das gehört auch irgendwie dazu, um die Gegend ein bisschen zu vermarkten. Ist natürlich auch eine Tourismusgeschichte, aber wie bring ich sonst Leute von Belgien oder Kanada da her? Aber man muss schon sagen, ohne all die Leute, die mich unentgeltlich unterstützen und mitarbeiten, obwohl sie jetzt selber vielleicht nicht so viel mit Film zu tun haben oder sich dafür interessieren, ohne die wäre es schon schwer das alles im Alleingang zu machen. Die Teamarbeit funktioniert zum Glück gut und es setzen sich dann manche doch auch in ein paar Filme rein und es gefällt ihnen. Es ist halt im Grunde wie eine große Familie, eine Gemeinschaft und ich glaub, dass das schon auch viel zur Atmosphäre beiträgt und ausmacht. Das Familiäre hinter dem Festival überträgt sich dann schon auch auf die Besucher und das ist mir wichtig.

Vielen Dank für das Interview.

Foto-Copyright Festival der Nationen: Authentic


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Autor

Marco Rauch

Aufgabenbereich selbst definiert als: Kinoplatzbesetzer. Findet den Ausspruch „So long and take it easy, because if you start taking things seriously, it is the end of you” (Kerouac) sehr ernst zu nehmend.


 
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