Internationaler Frauentag: 100 Jahre überlebt

100 Jahre Frauentag. Als obs da was zu Feiern gäbe. Ist im Grunde genauso wie Muttertag, da gibt’s auch Blumen für die Mama, einen Kaffee ans Bett, eine Schachtel Pralinen und wenn der Papa noch vorhanden sein sollte, räumt er vielleicht mal die Küche auf und bringt die Gören ins Bett. Aber sonst?

Wäre Clara Zetkin, die den Frauentag „erfunden“ hat, mit dem Erreichten zufrieden? Wohl kaum. Denn sie war als Sozialistin, als Kommunistin, gegen Ausbeutung aller Art – genau deshalb war sie auch eine engagierte Frauenrechtlerin. Selbst wenn die gesamte Gesetzgebung derart verändert würde, sagte sie, dass Frauen vor dem Gesetz die gleiche Rechte wie die Männer hätten, so würde sich dennoch nichts an der härtesten Versklavung der Frauen ändern, solang sie wirtschaftlich weiter von ihren Männern, Zetkin sagte folgerichtig: Ausbeutern, abhängig blieben.

Leider hat sie Recht behalten, auch wenn privilegierte Exponentinnen des weiblichen Geschlechts, insbesondere, wenn sie in der CDU sind und Ministerin, nicht unbedingt dieser Ansicht sind. Und niemals sie würden zugeben, dass sie einer roten Socke wie der Zetkin irgendetwas zu verdanken hätten. Das Andenken an Clara Zetkin wird klein gehalten und zerstört, wo es nur geht.

So gab es bis 1995 in Berlin-Mitte eine Clara-Zetkin-Straße. Eine Straße im Zentrum der Hauptstadt finde ich absolut angemessen für die Politikerin, die neben der jüngeren und bekannteren Rosa Luxemburg einen der markantesten Köpfe linker Politik am Anfang des 20. Jahrhunderts auf ihren Schultern trug. (Scherzhaft wurden Zetkin und Luxemburg auch als „die letzten Männer der SPD“ bezeichnet, weil sie sich nicht so korrumpieren ließen wie ihre männlichen Genossen.)

Jetzt heißt die Straße wieder Dorotheenstraße, benannt nach der Kurfürstin Dorothea, die eine geborene Prinzessin von Holstein-Sonderburg-Glücksburg war. Adel ist ja wieder in in Deutschland, auch wenn er sich als nicht ganz so edel wie vermutet erweist – jetzt wo der Prügel-Prinz August schon fast wieder vergessen war, hat sich herausgestellt, dass auch der Freiherr zu Copy and Paste halt doch bloß ein blöder Angeber ist. Aber so ist das heutzutage, lieber eine Straße wieder nach einer Brandenburger Kurfürstin heißen lassen, als nach einer aufrechten Sozialistin, die auch noch eine Kämpferin für die Sache der Frauen war. Lieber dieses dämliche Stattschloß der ollen Hotzen wieder aufbauen, als den Ballast der Republik zu ertragen. Aber genug davon. Eigentlich geht es heute ja um den Frauentag.

Auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in Kopenhagen schaffte Clara Zetkin es gegen den Willen ihrer männlichen Parteikollegen einen Internationalen Frauentag ins Leben zu rufen. Unterstützt wurde sie von Käte Duncker, Mitbegründerin der Zeitschrift „die Internationale“ und Mitfrau bei der Spartakusgruppe. Der Internationalen Frauentag wurde erstmals 1911 am 19. März 1911 begangen. Seit 1921 findet er am 8. März statt. Aber was bedeutet das heute eigentlich?

Wozu braucht es einen in einer Zeit, wo Frauen doch „alles erreicht haben“, und nicht nur Schönheitskönigin, sondern auch Soldatin, Ministerin, Ministerpräsidentin, ja, auch Bundeskanzlerin werden können, einen, ja was, Gedenktag, Feiertag, Solidaritätstag für Frauen? Wenn es wenigstens ein bezahlter Urlaubstag nur für Frauen wäre. Aber nicht mal das ist dieser Tag wert. Seltsam eigentlich, dass der Frauentag als sozialistische Erfindung noch nicht abgeschafft und stillschweigend zu den Akten gelegt worden ist.

Internationaler Frauentag: 100 Jahre überlebt

Ein Blumenstrauß für Clara

Ich hab jetzt keine Lust, die konkreten Zahlen nachzuschlagen, aber Fakt ist, dass Frauen den größten Teil der Arbeit auf diesem Planeten erledigen, dafür aber nur über einen Bruchteil des vorhandenen Reichtums verfügen. Frauen bekommen für gleiche Arbeit noch immer deutlich weniger Lohn und für die Hausarbeit, für die sie auch weiterhin zuständig sind, in der Regel gar nichts. Sie kümmern sich um Kinder und Alte, Kranke und nicht zuletzt um ihre Männer, wofür sie im besten Fall Dank und Zuwendung, im schlechteren Missachtung und Gewalt erfahren. Hierzulande kann die Hausfrau von der Steuer abgesetzt werden, was sicherlich einer der Gründe ist, weshalb es sie noch gibt.

Also, Frauentag. Was soll frau damit? Als Alibifeiertag so nach dem Motto: „Da habt ihr doch eure Anerkennung!“ scheiße ich drauf. Aber angesichts der Tatsache, dass es noch ein weiter Weg ist, bis es nicht nur eine theoretische, sondern eine real existierende Gleichberechtigung gibt, bleibt es ein notwendiger Gedenktag. Und dabei geht es nicht nur um Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Sondern um die Aufhebung der Abhängigkeits-, der Ausbeutungsverhältnisse zwischen den Menschen. Und das betrifft alle Menschen.



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